Maskenpflicht-Kontrolle in Dresden: bespuckt, beschimpft, beleidigt

Dresden. Es ist fast zwei Jahre her, dass sich die Dresdner an die Maske als unerlässliches Objekt im Alltag gewöhnen mussten. Im April 2020 verordnete die Bundesregierung aufgrund des sich immer weiter verbreitenden Coronavirus' die Maskenpflicht im Einzelhandel und im öffentlichen Nahverkehr. Zuerst war die Bedeckung von Mund und Nase mit Tüchern und Stoffmasken erlaubt, dann nur noch mit medizinischen und FFP2-Masken, schließlich nur noch mit FFP2-Masken.
Die Kontrolle der Maskenpflicht übernehmen in vielen Bereichen die Mitarbeiter selbst - egal ob beim Bäcker oder im Supermarkt. In Bussen und Bahnen und bei Läden, die keine Lebensmittel verkaufen, kommt zusätzlich die Kontrolle der Impfnachweise hinzu. Doch was erleben Verkäufer, Kontrolleure und Mitarbeiter in ihrem Arbeitsalltag?
Welche Erfahrungen haben Mitarbeiter im Einzelhandel gemacht?
Es ist eine Szene, über die Reinhard Griephan auch Monate danach noch schockiert ist. Der Filialleiter des Edeka-Supermarktes am Postplatz zeigt auf den Bildschirm, auf dem ein Video einer Überwachungskamera abspielt. Zu sehen ist eine Mitarbeiterin, die einen Kunden zwischen Regalen auf die Maskenpflicht hinweist. Der Kunde nickt, zieht sich den Schal ins Gesicht, seine Körperhaltung ist nicht aggressiv. Dann geht er einen Schritt auf die Mitarbeiterin zu, zieht sich den Schal vom Gesicht und spuckt die Frau ohne Vorwarnung an. Die Polizei wird eingeschaltet, gefunden wird der Mann aber nie.
"Das ist natürlich ein Extremfall, aber seit Beginn der Pandemie werden Grenzen überschritten", sagt Reinhard Griephan. Es herrsche eine aggressive Grundstimmung.
Bis zu 1.000 Kunden kaufen pro Tag in der Filiale ein. Täglich würden seine Mitarbeiter mindestens 20 Kunden freundlich auf die falsch getragene Maske oder die falsche Art der Maske hinweisen.
"Die Kunden reagieren unterschiedlich. Viele sind verständnisvoll, andere diskutieren, werden aggressiv, brüllen vielleicht sogar", berichtet der Filialleiter. Bei letzteren sei vor allem das weibliche Personal, das branchenüblich deutlich in der Überzahl ist, verunsichert. Vor allem die Abendstunden seien ein Problem, wenn angetrunkene Personen oder Gruppen von Männern sich auffällig verhielten und die Stimmung schnell kippe. Dass die Mitarbeiterinnen den Konflikt um die falsch getragene Masken in solchen Situationen meiden, könne er verstehen. "Die Mitarbeiter sollen sich nicht in Gefahr begeben", sagt er.
Dass der Einzelhandel und viele Branchen die Maskenpflicht allein durchsetzen mussten, sieht Reinhard Griephan kritisch. Im Markt werde über die Sinnhaftigkeit von Corona-Maßnahmen diskutiert, das Coronavirus geleugnet oder über Grundrechte debattiert. "Wir werden hier vor Ort in politische Debatten mit hineingezogen, obwohl der Supermarkt gar kein politischer Raum ist", sagt er.
Was erleben Kontrolleure in Bus und Bahn?
Die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) haben ein privates Sicherheitsunternehmen engagiert, dass die Tickets kontrolliert, aber auch stichprobenartig die Corona-Regeln.
"Gemault wird immer mal", sag DVB-Sprecher Falk Lösch. Ob das wegen der Ticketkontrolle oder wegen der Corona-Auflagen sei, lasse sich nicht so dezidiert in jedem Fall klären. "Fakt ist, wer Ticketkontrolleuren handgreiflich an die Wäsche will, egal aus welchem Grund, bekommt von denen eine Anzeige. Das ist schon hin und wieder vorgekommen", sagt er. Aber auch schon vor Corona.
"Ansonsten kontrollieren nur unsere Leute in den Servicepunkten die Nachweise. Dort beschränkt sich die 'Gegenwehr' ausschließlich auf Meckern und Grundsatzdiskussionen. Aber die meisten wissen natürlich, dass unsere Leute die Verordnung nicht gemacht haben und bleiben friedlich", sagt Lösch.
Die Kontrolleure haben eine intensive Ausbildung und bekommen regelmäßig ein Deeskalationstraining. "Das hat aber nichts mit Corona zu tun, sondern gilt für alle brenzligen Situationen."
Wird auch in den Bädern und Saunen gemeckert?
"Ja, verbale Entgleisungen seitens Besuchern, die mit den behördlich vorgeschriebenen Zugangsbeschränkungen nicht einverstanden sind, erleben unsere Mitarbeiter in den Bädern seit Pandemiebeginn oft", sagt Bäder-GmbH-Sprecher Lars Kühl. Beleidigungen in unterschiedlicher Ausprägung müsste man fast täglich feststellen.
"Unser Kassenpersonal ist vor Ort der erste Ansprechpartner für unsere Gäste. Es bekommt dann den angestauten Frust und Unmut zu hören. Dabei ist die Wortwahl bisweilen nicht druckreif", erzählt er. Auch in der Telefonzentrale seien vereinzelt Gespräche mit Anrufern zu führen, die mit der aktuellen Situation nicht einverstanden seien und sich wenig empfänglich für eine sachliche Argumentation zeigten. Kühl betont aber auch: "Der deutlich überwiegende Teil der Besucher verhält sich verständnisvoll."
Die Bäder GmbH macht regelmäßig Schulungen für die Mitarbeiter zum Umgang mit den Gästen. "Dennoch stellen wir fest, dass diese belastende Situation an den meisten nicht spurlos vorbeigeht. Wir unterbreiten unseren Mitarbeitern deshalb arbeitsmedizinische Angebote, unter anderem auch für eine psychologische Betreuung."