Dresden
Merken

Der Illuminator der Dresdner Schlössernacht

Rico Meier lässt die Fassade von Schloss Albrechtsberg bei der Schlössernacht in Dresden für eine große Botschaft schäumen, lodern, zerfallen und wieder auferstehen. Wie das funktioniert.

Von Nadja Laske
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Beleuchtungsexperte Rico Meier versetzte die Besucher der Dresdner Schlössernacht vor fast zehn Jahren das erste Mal in Staunen. Nun ist er mit einem neuen Projekt dabei.
Beleuchtungsexperte Rico Meier versetzte die Besucher der Dresdner Schlössernacht vor fast zehn Jahren das erste Mal in Staunen. Nun ist er mit einem neuen Projekt dabei. © Sven Ellger

Dresden. Fans werden sich erinnern: So haben sie Schloss Albrechtsberg noch nie gesehen! Alle vier Jahreszeiten erlebte das altehrwürdige Gemäuer innerhalb weniger Minuten vor den Augen der Schlössernachtgäste. Flammen loderten und Schmetterlinge flatterten über seine Fassade, sie zerfiel zu Staub und erstand wieder auf - welch Bildgewalt!

Ein solches Spektakel wird es auch in diesem Jahr wieder geben. Rico Meier ist zurück mit seiner Zauberei, die in Wahrheit keine ist, sondern ein großes Paket aus Ideenreichtum und Rechnerleistung. Zum ersten Mal hatte der gelernte Technische Assistent für Automatisierungs- und Computertechnik - so das Wortungetüm seiner ursprünglichen Ausbildung - im Sommer 2013 das Elbschloss in Szene gesetzt.

Bis zu solch ausgefeilten, enorm aufwendigen Projekten war es ein langer Weg. Vierzehn Jahre alt war Rico Meier, als er seinen ersten eigenen Computer bekam - einen Commodore 64, auch Brotkasten genannt. Die Begriffe gehören zu einem Heimcomputer mit 64 Kilobyte Arbeitsspeicher. "Das hat mir sehr schnell nicht mehr gereicht und ein größerer musste her", erinnert sich der 47-Jährige. Spiele spielen und programmieren, das waren zur damaligen Zeit kurz nach der Wende die beschränkten Möglichkeiten, die doch straff in die Zukunft wiesen.

Entsprechend wählte Rico Meier seine Ausbildung und begann danach in der Veranstaltungsbranche zu arbeiten. Zunächst als der Mann hinter den Kulissen, der für schönes Licht und Illuminationen sorgt. Anfang der 2000er-Jahre machte er sich selbstständig und agiert seither als Einzelkämpfer mit verschiedenen Firmen und Agenturen. Eine eigene Homepage hat er nicht und wirbt auch nicht für sich in Sozialen Medien. Qualität spricht sich herum.

DVB-Bahnen verschwinden lassen

Inzwischen sorgt er für unvergessliche Effekte auf den verschiedensten Untergründen. Das müssen nicht zwingend Gebäude sein. "Wir haben den neuen Rolls-Royce für seine Präsentation illuminiert und auch die neue Straßenbahn der Dresdner Verkehrsbetriebe in besonderem Licht erscheinen lassen", sagt Rico Meier.

Für die Bahn musste er tief in die Trickkiste greifen, denn die Vorstellung fand unter Corona-Schutzbedingungen statt. Das bedeutete, dass immer nur eine gewisse Anzahl von Gästen den Raum betreten durfte. "Sobald die eine Gruppe gegangen war, musste die Bahn für die nächste erst einmal wieder optisch verschwinden." So etwas grenzt dann doch schon fast an Zauberei.

Im vergangenen Jahr flog eine Taube über die Fassade von Schloss Albrechtsberg - eine Botschaft für den Frieden nach Kriegsbeginn in der Ukraine.
Im vergangenen Jahr flog eine Taube über die Fassade von Schloss Albrechtsberg - eine Botschaft für den Frieden nach Kriegsbeginn in der Ukraine. © www.schmidt.fm

Für den Canaletto-Markt in Pirna verwandelt Rico Meier die Fassade des Rathauses in eine Art Leinwand, auf der Weihnachtswichtel herumklettern, Schneemänner entlang stapfen, Geschenke purzeln und Eiszapfen wachsen. Für Jenoptik beleuchtete er das Abbe-Hochhaus, und auch Berge brachte er bereits zum Leuchten. Wenn Hersteller Produkte bewerben wollen, von denen sich potenzielle Kunden nichts vorstellen können und die sehr schwierig darzustellen sind, ist Rico Meier gefragt.

Und nun wieder für die Schlössernacht am 15. Juli auf den Arealen von Schloss Albrechtsberg, Schloss Eckberg und dem Lingnerschloss. Rund sechs Minuten lang wird die Fassade von Schloss Albrechtsberg ihr Ansehen komplett verändern und Träger einer Botschaft werden, die vielen Zuschauern unter die Haut gehen wird.

Dafür hat Rico Meier einen Monat lang inklusive Wochenenden und Zehnstundentagen gearbeitet und die Leistung diverser Rechner bis zum Äußersten getrieben. Am Anfang eines solchen Projektes steht normalerweise ein 3-D-Scan. Dafür nutzt er Fotos und Angaben von Google-Earth aus denen schließlich ein räumliches Modell entsteht.

Computerleistung auf Hochtouren

"Da wir das aber schon vor Jahren erstellt haben, konnten wir darauf aufbauen. Das spart Zeit und Aufwand." Nachdem das Thema geklärt und ein Storyboard erstellt ist, können die ersten Ideen als bildhafte Darstellungen Form annehmen. Dafür verarbeitet Rico Meier zum Teil Bilder und Filme, die meisten Effekte aber muss er selbst kreieren.

Besonders schwierig sei es, Feuer und Wasser darzustellen. Schließlich soll es möglichst echt wirken, lodern oder schäumen in der richtigen Abfolge, Intensität und Geschwindigkeit. Dafür setzt er sogenannte Punktwolken und überlässt dann Rechnern die Arbeit. Nach einem halben oder auch einem ganzen Tag hat der Rechner dann beispielsweise ein loderndes Feuer rund um ein Objekt erzeugt, rein virtuell natürlich. Oft justiert Rico dann noch nach, weil ihm die Flammen nicht realistisch genug erscheinen. Das braucht viel Zeit, Geduld und Programmiergeschick.

Mehrere Male am Abend der Dresdner Schlössernacht wird das rund sechs Minuten lange Spektakel mit passender Musik zu erleben sein - ein Höhepunkt, der sich auf jeden Fall mit dem sehr realen Feuerwerk am nächtlichen Himmel messen lässt.

Dresdner Schlössernacht, 15. Juli, Einlass 17 Uhr, Beginn 18 Uhr, Flaniertickets für Erwachsene kosten 48,50 Euro, für Kinder 24 Euro, VIP-Tickets gibt es zu 165 Euro.

www.dresdner-schloessernacht.de