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Krisenszenario für Dresdner Stadtentwässerung: Was im Notfall passiert

Die Dresdner Stadtentwässerung hat schon verschiedene Katastrophen überstanden. Was sie unternimmt, um noch besser vorbereitet zu sein.

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"Noch einen Schritt weiter gegangen“: Bei der Jahrhundertflut 2002 ist das Klärwerk überschwemmt. Im Hintergrund steht auch die Baustelle der biologischen Reinigung unter Wasser.
"Noch einen Schritt weiter gegangen“: Bei der Jahrhundertflut 2002 ist das Klärwerk überschwemmt. Im Hintergrund steht auch die Baustelle der biologischen Reinigung unter Wasser. © Stadtentwässerung Dresden

Dresden. Das ist das Szenario: Ein europaweiter Sturm tobt über Europa bis hinein ins Dresdner Elbtal. Hinzukommen Hackerangriffe aufs Stromnetz, großflächige Ausfälle sind die Folge. Dunkle Wolken künden zudem von einem nahenden Starkregen, der Elbe und andere Flüsse anschwellen lassen wird. Die Konsequenzen sind erheblich. "Dieses Szenario haben wir kürzlich geübt", erklärt Guido Kerklies. Der Technische Leiter der Stadtentwässerung ist auch einer der Manager, die im Ernstfall an der Spitze des im Oktober gegründeten Krisentabes stehen. Zudem hat man trainiert. Das Klärwerk und das über 1.800 Kilometer lange Kanalnetz sollen auch im Extremfall weiter zuverlässig funktionieren.

Der Auftakt: Nach Jahrhundertflut 2002 gehandelt

Eine mobile Schutzwand erhöht den Deich am Klärwerk. Der Aufbau wird regelmäßig geübt. Das zahlt sich aus. Der Scheitel des Juni-Hochwassers 2013 blieb knapp unter der Deichkrone.
Eine mobile Schutzwand erhöht den Deich am Klärwerk. Der Aufbau wird regelmäßig geübt. Das zahlt sich aus. Der Scheitel des Juni-Hochwassers 2013 blieb knapp unter der Deichkrone. © Stadtentwässerung Dresden

Nach der Jahrhundertflut 2002 und Stromausfällen hat die Stadtentwässerung gehandelt. Es wurden Konzepte für solche Ereignisse erarbeitet. Für das Unternehmen hat es sich ausgezahlt, dass es seit über 16 Jahren regelmäßige Hochwasserschutz-Übungen und seit 2016 auch Blackout-Tests durchführt. Bei der Jahrhundertflut im August 2002 gab es riesige Schäden. Erst nach 13 Tagen konnte damals das zuvor komplett überschwemmte Klärwerk wieder in Betrieb genommen werden. Bei der Juni-Flut 2013 war das bereits anders. So hält das kurz vor dem Hochwasser aufgebaute Schutzsystem, das den Deich am Klärwerk um einen Dreiviertelmeter erhöht. Das neue Johannstädter Flutpumpwerk entlastet die Kanäle. Die Katastrophe könnte verhindert werden.

Der neue Krisenstab: Nach zwei Stunden handlungsfähig

"Jetzt sind wir noch einen Schritt weiter gegangen", sagt Kerklies. Mit einem österreichischen Beratungsunternehmen aus Wien, das auf solche Fälle spezialisiert ist, wurde ein Krisenmanagement-Konzept erarbeitet. Das Unternehmen hat bereits ein Krisenkonzept für die österreichische Hauptstadt Wien erarbeitet.

"Am 1. Oktober haben wir unser Konzept scharfgeschaltet", sagt Kerklies. Seitdem gibt es den Krisenstab der Stadtentwässerung, der aus rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besteht. Er werde von der Geschäftsführung nicht nur bei Hochwasser, Sturm oder Blackout, sondern auch bei anderen Krisensituationen – wie Cyberangriffen – einberufen, so Kerklies. Die Akteure seien dann rund um die Uhr im Einsatz.

Die Struktur: "S 3" sichert Krisenmanagement im Klärwerk

Im Büro von Guido Kerklies im Klärwerk Kaditz ist die Einsatzzentrale des neuen Krisenstabes der Stadtentwässerung. Auf dem Lageschema Nootizen für den Ernstfall.
Im Büro von Guido Kerklies im Klärwerk Kaditz ist die Einsatzzentrale des neuen Krisenstabes der Stadtentwässerung. Auf dem Lageschema Nootizen für den Ernstfall. © Stadtentwässerung Dresden

Im Krisenfall soll der Stab spätestens nach zwei Stunden handlungsfähig sein, um schnell Entscheidungen zu treffen und die nötigen Schritte einzuleiten. Die Aufgaben sind klar verteilt. Insgesamt sind fünf Stabsfunktionen ausgewiesen, die er abgekürzt mit "S" bezeichnet. So beschafft "S 2" die Informationen zur Lage, sodass beispielsweise beim Sturm mit einem Blackout Gefahren oder Schäden beurteilt werden können. "S 3" ist für den Betrieb der Kläranlage und den Betrieb des Kanalnetzes zuständig. Sie leiten die nötigen Schritte ein. "S 5" informiert die Presse und andere Medien und "S 6" kümmert sich darum, dass trotz des Stromausfalls Kommunikationskanäle weiter funktionieren. Andere Fachleute sollen währenddessen die Verbindung zu anderen Krisenstäben halten, vor allem zu dem des Brand- und Katastrophenschutzamtes.

Der Test: Eine Woche den Ernstfall trainiert

Vor Weihnachten hat der Krisenstab zuletzt eine Woche lang den Ernstfall geprobt. Kerklies' Dienstzimmer im Kaditzer Klärwerk wurde zur Einsatzzentrale. Was geschieht, wenn mit den Blockheizkraftwerken die Fernwärme und der Strom ausfallen? Wie kann die Kommunikation gesichert werden, wenn Telefon- und Handynetze ausfallen? Für alles gibt es Notlösungen. Solche Fragen standen im Mittelpunkt. "So haben wir ein 'Rotes Telefon', das in solchen Fällen über eine direkte Leitung mit dem Brand- und Katastrophenschutzamt verbunden ist", sagt der Krisenmanager.

Fällt die Fernwärme aus, habe die Stadtentwässerung 50 Ölradiatoren, mit denen wichtige Räume und Anlagen beheizt werden können. Zudem gibt es Notromaggregate und mobile Pumpen, um auch im Notfall Pumpwerke und Abwasseranlagen weiter betreiben zu können. Die Spanne des Krisenmanagements reicht bis hin zu Gas- und Wasserkochern, Konserven und Essensreserven, wie Nudeln und Tomatensauce aus der Kantine.