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Kleiner Roman kehrt in die Ukraine zurück

Monatelang behandeln Ärzte am Uniklinikum Dresden einen ukrainischen Jungen mit schweren Brandverletzungen. Ein Bombenangriff hatte ihn beinahe das Leben gekostet. Nun kehrt er in seine Heimat zurück.

Von Nadja Laske
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Roman mit seinen Freunden in der Ukraine. Auf sie freute sich der Achtjährige sehr. Mehr als ein Jahr konnte er nicht mit ihnen spielen.
Roman mit seinen Freunden in der Ukraine. Auf sie freute sich der Achtjährige sehr. Mehr als ein Jahr konnte er nicht mit ihnen spielen. © privat

Dresden. Die Koffer sind gepackt, das Auto ist beladen. Kleidung, Spiel- und Schulsachen, verstaut für einen ungewöhnlich weiten Umzug. Das Akkordeon hat er nicht eingepackt. Es wurde ihm hier in Dresden geliehen und war ihm eine große Hilfe in schwerer Zeit. Daheim hat er sein eigenes. Im Gepäck aber befindet sich auch etwas, das keinen Platz braucht, sondern in der Seele reist: Herzenswärme und Optimismus, Hilfsbereitschaft und Mitgefühl.

All das geben ihm diejenigen Menschen mit auf den Weg zurück in die Ukraine, die ihm hier beistanden, ihn lieb gewonnen haben und wichtige Begleiter waren.

Als Roman Ende Juli vergangenen Jahres zusammen mit seinem Vater Yaroslav in Dresden landete, hatte ein unfassbares Unglück ihr Leben erschüttert. Während eines Bombenangriffes auf eine Poliklinik im ukrainischen Winnyzia war Romans Mutter umgekommen. Der Junge überlebte mit lebensbedrohlichen Verbrennungen das Inferno und kam dank der Vermittlung einer Hilfsorganisation nach Dresden.

"Die Sehnsucht nach unserem Zuhause wurde zu groß"

Das Dresdner Universitätsklinikum ist auf die Behandlung schwerer Brandverletzungen bei Kindern und Jugendlichen spezialisiert und übernahm mit Roman einen Patienten in extrem schwierigem Zustand: Rund 40 Prozent seiner Haut waren betroffen, aufgrund schlechter hygienischer Bedingungen in den Krankenhäusern im Kriegsgebiet besiedelten hoch resistente Keime sein Blut, dazu hatte Roman zahlreiche Frakturen erlitten, seine Lunge war vom Druck der Detonationen gequetscht. Roman wurde ins künstliche Koma versetzt, um seinen Organismus zu schonen und ihm Schmerzen zu ersparen.

Nach monatelanger Behandlung konnte der Achtjährige in der Weihnachtszeit die Klinik verlassen und fand ein Zuhause auf Zeit bei einer Dresdner Ärztin und ihrer Familie. Sie hatten gleich nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine eine Souterrainwohnung ausgebaut. Die damaligen Bewohner sind inzwischen in ihr eigenes Leben in Deutschland gestartet. So war nun Platz für Vater und Sohn.

Roman mit seinem Vater Yaroslav. Zusammen mit den Großeltern und freunden bestehen sie auch in der Ukraine die schwere Zeit in ihrem Leben.
Roman mit seinem Vater Yaroslav. Zusammen mit den Großeltern und freunden bestehen sie auch in der Ukraine die schwere Zeit in ihrem Leben. © privat

Vorerst konnten sie ein Alltagsleben zumindest versuchen, wenn ihre Welt auch aus den Fugen ist. Roman absolvierte den Online-Unterricht seiner Heimatschule und übte in der Freizeit fleißig, Akkordeon zu spielen. Damit hatte er schon in der Ukraine begonnen. Sein Vater ist Dekan einer Musikakademie in Lwiw und unterstützt ihn nach Kräften. Die Musik vermittelte beiden all die Zeit in Dresden ein tiefes Gefühl von Heimat.

Aber auf Dauer nicht genug. "Die Sehnsucht nach unserem Zuhause wurde zu groß", sagt Yaroslav. Vor allem Roman vermisse seine gewohnte Umgebung, die Großeltern und seine Freunde. Auch er selbst wolle wieder seiner Arbeit an der Musikschule nachgehen. "In der Tat ist es nicht ungefährlich, solange der Krieg in der Ukraine kein Ende findet. Aber die seelische Gesundheit meines Sohnes geht vor", erklärt er. Im Kreis seiner Familie werde es ihm besser gehen, als so weit weg.

"Jeden Tag hat Roman Fortschritte gemacht"

Für die medizinische und therapeutische Behandlung und die menschliche Unterstützung in Dresden sind beide sehr dankbar. "Jeden Tag hat Roman Fortschritte gemacht", sagt sein Vater, "erst das Atmen ohne Geräte, dann das Sprechen, später die Bewegung, bis hin zum Akkordeonspiel." Nach 99 Tagen auf der Intensivstation habe er bald wieder Fußball gespielt.

Dem gesamten Team um den Kinder-Intensivmediziner Professor Sebastian Brenner und die Kinderchirurgin Dr. Katrin Schuchardt am Dresdner Universitätsklinikum sind Roman und er über die lange Zeit freundschaftlich verbunden. "Wir haben sie manchmal auch in der Klinik besucht, obwohl wir keinen Termin hatten."

Diese Besuche werden nun seltener werden. In seiner Heimat wird Roman die Physiotherapie besuchen, weiterhin seinen Kompressionsanzug tragen, spezielle Salben benutzen - so lange, wie sein Körper noch wächst. Geplant ist, dass er im Januar zur Kontrolle nach Dresden zurückkehrt. Für Behandlungen wie die von Roman kommt die Stiftung Hochschulmedizin auf. Sie sammelt Spenden, damit solche Operationen und Therapien finanziell abgesichert sind.

Nach Möglichkeit hilft auch sie Kindern so gut zurück ins Leben wie Roman. Er ist voller Vorfreude: "Endlich wieder in unserem Haus und bei meinen Freunden zu sein, das wünsche ich mir so sehr."