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Dresdner Frühling: Von der Blüte auf Porzellan zur Pracht im Palais

Die Zwillingsschwestern Christina und Claudia bemalten 35 Jahre lang Porzellan, nun werden sie Floristinnen und wirken an der größten Blumenschau der Stadt mit. Was der Dresdner Frühling zu bieten hat.

Von Nadja Laske
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Die Zwillinge Christina Eichler und Claudia Berthold (v.l.) leben ihre Liebe zur Malerei und zur Blumenwelt bei der Ausstellungsvorbereitung voll aus.
Die Zwillinge Christina Eichler und Claudia Berthold (v.l.) leben ihre Liebe zur Malerei und zur Blumenwelt bei der Ausstellungsvorbereitung voll aus. © Sven Ellger

Dresden. Mit Geduld und geschickten Händen windet Christina Eichler Weidenzweige und wirkt sie zu einem Geflecht ineinander. Die Arbeit ist feinsinnig, doch lange nicht so filigran wie die Werke, die sie früher schuf - mit feinstem Pinsel auf Porzellan. Nichtsdestotrotz findet die 53-Jährige viele Parallelen zum heutigen Metier der Floristin, die sie bald sein wird.

Zusammen mit einem halben Dutzend anderer Frauen bringt Christina Eichler Silberpappel, Trauerweide, Waldrebe und Apfelgeäst in Formen, die nicht natürlich sind und doch organisch wirken. Bald werden sie die Basis für ein ganz besonderes Projekt bilden: Die angehenden Floristinnen der FM Academy Dresden bereiten, angeleitet von ihrer Ausbilderin, Kunstwerke für die Ausstellung "Dresdner Frühling" im Palais im Großen Garten vor.

Unter dem Motto "Wie gemalt - Blütenpracht mit Künstlerhand" wird sie ab Anfang März das Frühjahr in die Stadt holen. Das macht sich nicht von allein, sondern bedarf einer Menge Ideenreichtum, Planung und Fleiß. Denn die insgesamt 40.000 Pflanzen und Blumen, die von einer Designerin gedanklich in florale Bilder verwandelt wurden, fügen sich nicht allein zu den erstaunlichen Gebilden zusammen. Es braucht zahlreiche Gärtner und Gärtnerinnen, Floristen - und Floristinnen wie Christina Eichler.

Traumberuf als Porzellanmalerinnen wurde entbehrlich

Noch darf sie sich so nicht nennen, doch gerade gehört sie zum Pool all der Mitwirkenden. Im Sommer wird sie ihre Umschulung beenden. Genau wie ihre Zwillingsschwester Claudia. Bis 2020 haben beide als Porzellanmalerinnen in der Staatlichen Porzellanmanufaktur Meißen gearbeitet. Anders als ihrer Mutter und Großmutter allerdings war es ihnen nicht vergönnt, ihrem Traumberuf treu zu bleiben. Umstrukturierung heißt das wohl, was ihre Kunst entbehrlich machte - nach 35 Jahren.

"Wir beide waren die dritte Generation Porzellanmalerinnen in der Familie, und meine Tochter sogar die vierte", erzählt Christina Eichler. Nur drei Jahre im Beruf seien ihr nach der Ausbildung geblieben. Doch wohin in einem solch spezialisierten Job? Schließlich steht nicht die nächste Porzellan-Fabrik gleich nebenan.

Dass der Schmerz um den Verlust noch lange nicht vergehen würde, war den Schwestern klar. Doch das Leben musste weitergehen. "Wir haben uns gemeinsam im Internet nachgesehen, welche Umschulung für uns infrage käme", erzählt Claudia Berthold. Leicht sei das nicht gewesen. "Das Angebot für Männer ist deutlich größer als das für Frauen." Außerdem suchten sie nach einer kreativen Aufgabe, die sie erfüllen könnte.

Blühende Malerei auf 1.400 Quadratmetern

Sehr vieles unternehmen, besprechen, ertragen die Zwillinge gemeinsam und sicher symbiotischer als andere Geschwister. Einen kleinen Unterschied aber brachten sie in die Suche nach dem weiteren Weg ein. Christina erinnert sich an ihre Berufswahl als Schülerin: "Ich hatte damals keinen Plan B und wollte nichts anderes, als Porzellanmalerin zu werden."

Claudia indes: "Ich konnte mir vorstellen, auch eine Ausbildung zur Floristin zu beginnen." Es kam anders. Und dann noch einmal. Nun wird die Vorstellung Realität und hat doch einiges mit der früheren Tätigkeit gemein.

Dank des diesjährigen Konzeptes der Ausstellung "Dresdner Frühling" können sie ihre Liebe zur Malerei mit der zur Floristik verbinden. Dabei sind ihre Künste gefragt. Denn die Schau ist inspiriert von Meisterwerken der Malerei von Barock über Impressionismus bis hinein in die Gegenwart. Verschiedene Gemälde entstehen aus Blüten, untermalt durch Licht und Klang. Neben Monets "Seerosengarten" erleben die Besucher unter anderen auch das Bild "Der Blaue Stuhl" des ungarischen Malers Frank Frigyes.

"Es war so schön, einmal wieder mit Pinsel arbeiten zu können"

So entstanden zwei stilisierte Stühle mit überdimensionierten Rückenlehnen, die in die florale Kulisse einfließen. Christina Eichler hat sie bemalt. "Es war so schön, einmal wieder mit Pinsel arbeiten zu können", sagt sie. War sie doch auch in der Manufaktur auf das Malen von floralen Mustern spezialisiert. Privat und unabhängig von ihrem Beruf als Porzellanmalerin tut sie das schon seit vielen Jahren. Aktuell habe sie eine neue Ausstellung mit Malerei in der Kümmelschänke. War diese Arbeit früher mehr Hobby, hält sie nun die Verbindung zur Pinsel-Passion aufrecht.

"Vieles aus unserer ehemaligen Ausbildung kommt nun wieder", sagt Claudia Berthold. Zur Farben- und Formenlehre sowie zur Materialkunde kommen unzählige botanische Begriffe, die auswendig zu lernen und korrekt zu schreiben sind. Dazu die Eigenschaften und Verwendungen der Pflanzen. Herausforderungen, die Mühe machen, aber Pläne für die Zukunft wachsen lassen.

In einem Blumenladen zu arbeiten kann sich Christina Eichler nicht ganz so gut vorstellen. Die kreativen Herausforderungen erscheinen ihr da zu rar zu sein. Stattdessen begeistert sie sich für Großprojekte wie gerade die "Dresdner Frühling" mit imposanten Objekten. Auch den Erntedank in der Frauenkirche hat sie in bester Erinnerung. Dafür waren riesige Kränze aus Getreideähren und Äpfeln gefragt. Wenn sie davon erzählt, leuchten ihre Augen - ebenso wie bei einer sehr persönlichen Erinnerung: "Zur Hochzeit meiner Tochter habe ich ihr einen Kranz als Kopfschmuck geflochten."

Dresdner Frühling, 3. bis 12. März 2023, auf 1.400 Quadratmetern Fläche im Palais Großer Garten, täglich von 9 bis 20 Uhr, letzter Einlass 19 Uhr, Eintritt 15 Euro, ermäßigt 7 Euro, Kinder bis 5 Jahre frei. Tickets gibt es in allen bekannten Vorverkaufsstellen.