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Dresdner Karnevalstradition vor dem Aus?

Den Vereinen fehlt es an bezahlbaren Sälen und an Nachwuchs. Wie das kommende Faschingsfest trotzdem gefeiert werden soll.

Von Nora Domschke
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Olaf Buschmann ist Präsident des Elferrates Gebau Dresden, der 1975 als Betriebskarnevalklub gegründet wurde. Doch die Tradition ist in Gefahr.
Olaf Buschmann ist Präsident des Elferrates Gebau Dresden, der 1975 als Betriebskarnevalklub gegründet wurde. Doch die Tradition ist in Gefahr. © Jens Bibrach

Dresden. Der 11. November ist längst vorbei und die heiße Phase der Karnevalszeit rückt rasant näher. Obwohl sich Dresden in den vergangenen Jahrzehnten nicht gerade als Faschingshochburg einen Namen gemacht hat, kann die Stadt immerhin vier Karnevalklubs vorweisen. Mit mehr oder weniger langer Tradition. Im gesamten Dresdner Einzugsgebiet gibt es sogar knapp 100 dieser Vereine. Viele von ihnen haben inzwischen ein massives Problem: Es gibt keine geeigneten Säle, die bezahlbar sind. Dazu kommt, dass Jugendliche heute kaum noch Interesse haben, sich in einem Faschingsverein zu engagieren.

Olaf Buschmann ist Präsident des Elferrat Gebau Dresden. 1975 als Betriebskarnevalklub des VEB Gerätebau Dresden - daher der Vereinsname - gegründet, zählt der Elferrat heute noch gut 100 Mitglieder. Den größten Teil machen die Tanzgruppen mit rund 50 Mädchen und Jungen aus, ein Bereich, wo der Nachwuchsmangel noch nicht angekommen ist.

"Die Tanzgruppen sind bei den Mädchen sehr beliebt", erzählt Buschmann, der seit 1985 im Verein dabei ist. Damals, zu DDR-Zeiten, habe es viele solcher Gruppen gegeben, die in ihren Betrieben Veranstaltungen auf die Beine gestellt haben. "Das Feiern und die Sketche waren ein Ventil für die Menschen", sagt der 55-Jährige. Und boten Platz für versteckte Kritik am Staat.

Feiern trotz Krisenzeiten

Die Hoffnung ist groß, dass die Menschen auch in diesen Krisenzeiten das Feiern nicht vergessen. Nach zwei Corona-Jahren, in denen es keine Faschingsveranstaltungen geben durfte, sei nun völlig offen, ob und wie sich das Publikum verändert hat. "Werden unsere Stammgäste zurückkommen?" Das fragt sich nicht nur Olaf Buschmann.

Auch Andreas Huxol vom Dresdner Carneval Club, gegründet 1979, ist gespannt, wer nach zwei Jahren ohne Veranstaltung im Februar zum Fasching in den Gasthof Weißig kommt. Immerhin: Der DCC hat überhaupt einen Saal gefunden, in den er seine Gäste einladen kann.

Obwohl auch das schwierig gewesen sei, berichtet Huxol. Denn zuletzt hatte der DCC den Saal viele Jahre vom Eigentümer des Gasthofes gemietet. Nun haben die Eigentümer gewechselt und eine Immobilienfirma vermietet den Saal an den Verein. "Wir konnten uns zum Glück auf einen Preis einigen, den Vertrag haben wir eben erst unterschrieben."

Räumlichkeiten, die von der Größe her passen und 200 bis 300 Gästen Platz bieten, seien inzwischen einfach zu teuer für die Karnevalklubs, sagt Andreas Huxol. Nun muss sich der Verein zum ersten Mal selbst um die Gastronomie kümmern. "Das ist alles noch nicht geklärt." Ob am Ende ein finanzielles Plus oder Minus steht - niemand weiß es.

Tanzsäle sind zu teuer geworden

Während der DCC zumindest die Sache mit der Spielstätte geklärt hat, hängt der Elferrat mit seiner Faschingsveranstaltung noch ziemlich in der Luft. "Es war schon immer schwierig, für unseren relativ großen Verein mit seinen vielen Tänzerinnen und Tänzern geeignete Säle zu finden", erzählt Olaf Buschmann. "Aber nach Corona und jetzt mit der Energiekrise ist es fast aussichtslos geworden, für uns bezahlbare Spielstätten zu bekommen." Als gemeinnütziger Verein komme es zwar nicht auf einen Gewinn an, aber kostendeckend wolle man schon arbeiten.

Bei 1.500 Euro Miete, die inzwischen aufgerufen werden, sei das schwierig. Anders als in den Faschingsmetropolen an Rhein und Main sei die Fangemeinde in Dresden eher überschaubar - deshalb könnten auch die Eintrittspreise, die derzeit bei etwa zwölf Euro liegen - nicht weiter angehoben werden. Essen und Getränke kosten etxra.

Andreas Huxol (l.) vom Carneval Club Dresden und Olaf Buschmann (M.) vom Elferrat Gebau Dresden nehmen Bildungsbürgermeister Jan Donhauser (r.) den Rathausschlüssel ab - der offizielle Auftakt für die Faschingszeit am 11. November.
Andreas Huxol (l.) vom Carneval Club Dresden und Olaf Buschmann (M.) vom Elferrat Gebau Dresden nehmen Bildungsbürgermeister Jan Donhauser (r.) den Rathausschlüssel ab - der offizielle Auftakt für die Faschingszeit am 11. November. © Jens Bibrach
Bis zu 50 Tänzer und Tänzerinnen sind bei den Auftritten des Elferrates Gebau dabei. Dafür braucht der Verein Platz.
Bis zu 50 Tänzer und Tänzerinnen sind bei den Auftritten des Elferrates Gebau dabei. Dafür braucht der Verein Platz. © privat
Die Tanzgruppen der Karnevalklubs sind bei den Dresdner Kindern und Jugendlichen sehr beliebt. Die Kostüme für die Auftritte werden vom Verein des Elferrates selbst entworfen und genäht.
Die Tanzgruppen der Karnevalklubs sind bei den Dresdner Kindern und Jugendlichen sehr beliebt. Die Kostüme für die Auftritte werden vom Verein des Elferrates selbst entworfen und genäht. © privat

Dabei kann der Elferrat Gebau in fast 50 Jahren Geschichte auf jede Menge Spielstätten zurückblicken. Während es zu DDR-Zeiten zwischen November und März noch viele verschiedene Veranstaltungen zunächst im Betrieb am Pohlandplatz, dann aufgrund des umfangreicheren Programms im Borsbergeck und im Kurhaus Bühlau gab, musste sich der Verein nach der Wende immer wieder neue Auftrittsmöglichkeiten suchen. Von 1996 bis 2003 bot die der Obstgarten in Nickern. "Manchmal gab es fünf Veranstaltungen in einer Woche. Viele Gäste waren jeden Abend wieder da", erinnert sich Buschmann.

Dann zog der Verein in den Gasthof Goppeln und nach Boxdorf, später trat er in der Bergwirtschaft am Wilden Mann und in der Johannstadthalle auf. Dort fanden mehr als 300 Gäste Platz - zum letzten Mal im Februar 2020. Nach der Corona-Zwangspause fehlte bis zuletzt eine Zusage, ob die Johannstadthalle wieder zur Verfügung steht. "Die Halle soll anders genutzt werden."

Tatsächlich richtet sich der Verein Johannstadthalle neu aus und wird künftig mehr als Nachbarschaftsverein agieren, wie Bettina Brückner-Zschaage von der Wohnungsgenossenschaft Johannstadt auf Nachfrage mitteilt. "Nichtsdestotrotz wird die Veranstaltungshalle auf der Holbeinstraße weiterhin zur Anmietung für externe Veranstaltungen zur Verfügung stehen – auch dem Karnevalsverein."

Faschingsfeiern vorerst gerettet

Olaf Buschmann ist erleichtert, denn diese Faschingssaison scheint gerettet. "Wenn wir uns mit der Miete einigen", räumt Olaf Buschmann ein. Bislang haben sich die beiden Vereine die Einnahmen geteilt, und damit auch das Risiko, wenn zu wenig Gäste kamen.

Nun werden die Karten neu gemischt - und die Dresdner Karnevalklubs sind gespannt, ob die Rechnung unter neuen Bedingungen am Ende aufgeht. Eine klassische Veranstaltung des Elferrates dauert rund eine Stunde und beginnt mit dem Einmarsch des Prinzenpaars, das die Kussfreiheit eröffnet.

Die Kostüme werden im Verein selbst geschneidert, manche bestehen aus mehr als 80 Einzelteilen. Neben Tanzdarbietungen führen Sketche zu einem bestimmten Thema durch den Abend. "Wir sind alles Ehrenamtler und stecken sehr viel Herzblut in den Karneval."

Der Carneval Club Dresden und der Elferrat Gebau Dresden laden am Faschingsdienstag zum Kinderfasching in den Gasthof Weißig. Weitere Informationen dazu und zu den anderen Veranstaltungen am Faschingswochenende unter: www.dresdner-carneval-club.de und elferrat-gebau-dresden.de