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Dresdnerin kennt Sansibars unentdeckte Schätze

Zu DDR-Zeiten weckte der Onkel von Marion Kirlum ihre Leidenschaft für Afrika. Nach vielen Reisen auf dem Kontinent verlor sie ihr Herz schließlich an Sansibar. Dessen unbekannte Seiten will sie nun anderen zeigen.

Von Nora Domschke
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Marion Kirlum hat drei Bücher über ihre Lieblingsinsel Sansibar geschrieben. Darin beschreibt sie unbekannte und geheimnisvolle Orte, die sie nun anderen auch zeigen will.
Marion Kirlum hat drei Bücher über ihre Lieblingsinsel Sansibar geschrieben. Darin beschreibt sie unbekannte und geheimnisvolle Orte, die sie nun anderen auch zeigen will. © 123rf/Rene Meinig

Dresden. Sie hatte unwahrscheinliches Fernweh. An dieses Gefühl erinnert sich Marion Kirlum auch heute noch ganz genau. Wenn ihr Onkel aus dem Westen in den 1980-er Jahren zu Besuch in Dresden war, wurde die Sehnsucht wieder ein Stückchen größer. "Er war ein Weltenbummler und erzählte mir von Afrika, von den Holzmasken, die er von dort mitbrachte, und von den Menschen, denen er begegnet war - das hat mich total umgehauen."

Marion Kirlum, heute 59 Jahre alt, ist damals eine junge Frau. Der Traum vom Reisen in ferne Länder scheint für die DDR-Bürgerin unerfüllbar - weshalb sie schon Anfang der Achtziger einen Antrag auf Ausreise stellt. Bis zur politischen Wende 1989 bleibt das Reisen ein Traum, der Antrag wird nicht genehmigt.

Auch nach der Wende muss die frisch gebackene Mutter zunächst auf Fernreisen verzichten. 1989 wird ihre Tochter geboren, ihr Sohn ist damals neun Jahre alt. Mit zwei kleinen Kindern erkunden Marion Kirlum und ihr Mann erst einmal Deutschland, machen Urlaub auf bayrischen Bauernhöfen und tauchen ein die Geschichte des neu vereinten Landes. Im Alter von neun Jahren äußert ihre Tochter einen Wunsch: "Ich möchte dorthin fahren, wo die Tiere frei leben."

Kenia wird ihre erste Station auf dem afrikanischen Kontinent, drei weitere Reisen dorthin werden später folgen. "Ich war total überwältigt von diesem Land, von der Kultur, von der Natur und von den Menschen, die so lebensfroh sind, obwohl sie in bescheidenen Verhältnissen leben." Das Reisefieber hat Marion Kirlum gepackt - und bis heute nicht losgelassen. Nun will sie auch anderen Menschen zeigen, was es in der Fremde alles zu entdecken gibt.

Corona-Pandemie versperrt Dresdnerin den Weg zur Reiseveranstalterin

Als Reiseveranstalterin wollte sie eigentlich schon vor drei Jahren durchstarten, doch die Corona-Pandemie durchkreuzte ihre Pläne. Leicht hatte sie es in ihrem Berufsleben aber auch früher nicht immer. Zu DDR-Zeiten ist es geprägt von ihrem Ausreiseantrag. Die gelernte Wirtschaftskauffrau findet zwar eine Stelle im Chemiewerk Nünchritz. Als Ungelernte und Ausreisewillige musste sie aber im Glaslager im Keller arbeiten, erzählt sie.

Sie wechselt zur Kirche, findet als Sachbearbeiterin beim Diakonischen Amt in Radebeul eine Anstellung. Nach der Wende schlägt Marion Kirlum eine völlig neue Richtung ein, lässt sich zur Biologielaborantin ausbilden, doch auch dieser Weg ist nicht der richtige für sie, denn die Gesundheit lässt ihn nicht zu. An ihrem rechten Auge wird ein irreparabler Schaden entdeckt - für ihren Job im Labor das Aus.

Nach ihrer ersten Kenia-Reise engagiert sie sich in Dresden ehrenamtlich bei zwei Vereinen. Der Afropa wurde 2003 von in Dresden lebenden Afrikanern gegründet und hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Beziehungen zwischen Afrika und Europa zu verbessern. Beim Verein Naturfreunde begleitet Marion Kirlum schließlich ein Schulprojekt, das in Tansania aufgebaut wird. 2006 fährt sie in das westafrikanische Land, um eine Grundschule zu eröffnen.

Es folgen andere Vereine, andere Projekte, die immer irgendwie mit Afrika verbunden sind. Noch im selben Jahr fliegt sie für drei Wochen nach Madagaskar, unterstützt ein Aufforstungsprojekt im Regenwald. Trotz zahlreicher Impfungen fängt sie sich über einen aufgekratzten Mückenstich eine Infektion ein, mit der sie lange zu kämpfen hat. "Diese Projektreisen waren sehr anstrengend und hatten absolut nichts mit Urlaub zu tun." Doch die Faszination am afrikanischen Kontinent bleibt ungebrochen, ebenso wie ihr Engagement für die Menschen dort.

"Wir sind überhaupt keine Hotelsitzer"

Ihr Herz bleibt schließlich an einer Insel hängen, die vor der Küste Ostafrikas im Indischen Ozean liegt und zu Tansania gehört: Sansibar. Als ihr Sohn 2017 vorschlägt, die Insel zu erkunden, erwartet Marion Kirlum weiße Stränden und türkisfarbenes Wasser - und wird nicht enttäuscht. Doch sie will mehr.

"Mein Sohn und ich sind überhaupt keine Hotelsitzer. Wir wollten raus und das Land erkunden." Auf der Suche nach einem Guide lernen die beiden Ismail Mcha kennen. "Das war ein großes Glück, denn er spricht nicht nur Deutsch. Er ist wie ich auch sehr geschichtsinteressiert."

Deutsch hatte Ismail bereits in der Schule gelernt, um mit seinen Sprachkenntnissen später Touristen über seine Insel führen zu können. Der Plan ging auf, die Geschäfte laufen gut. Gemeinsam fahren er und Marion Kirlum durch das Land, entdecken dabei viele verfallene Monumente und alte Ruinen, über die auch Ismail nichts näheres weiß.

Marion Kirlum macht eine weitere Reise auf die Insel, geht wieder mit Ismail auf Erkundungstour, entdeckt mit ihm weitere Palastruinen, aber auch Höhlen, die in keinem Reiseführer auftauchen, und Relikte aus der Hochzeit des Handels und der Sklaverei. "Ich habe gemerkt, dass es in Sansibar noch viele unentdeckte Schätze gibt."

Gemeinsam mit Ismail fährt sie in die Dörfer, befragt die Dorfältesten, was sie über die Ruinen wissen und erfährt Erstaunliches. Ismail übersetzt, was die Menschen auf Suaheli berichten - vieles sind Sagen, die von Generation zu Generation weitererzählt werden, aber noch nie aufgeschrieben wurden. Aus diesem Stoff hat Marion Kirlum inzwischen drei Bücher gemacht, in denen sie Sansibar-Besucher mit auf Schatzsuche nimmt.

Abseits von Touristenpfaden

Doch bei den Büchern soll es nicht bleiben. Marion Kirlum will Touren vor Ort anbieten, mit Ismail Mcha als deutschsprachigem Guide. Interessenten gebe es unter den Lesern ihrer Bücher, aber auch in Sansibar-Gruppen, denen sie im Internet beigetreten ist. 2020 stand die erste Tour schon in den Startlöchern. Marion Kirlum hatte einen Businessplan erarbeiten und eine Homepage bauen lassen, in die berufliche Selbstständigkeit musste sie nach und nach hineinwachsen. Doch gestrichene Flüge und Einreiseverbote legten ihren Plan zunächst ohnehin auf Eis. Nun wagt sie einen Neustart.

Das Reisefieber der Deutschen sei wieder geweckt, sagt sie. Fernreisen stehen hoch im Kurs. "Viele Menschen haben gern schon vor ihrer Reise einen genauen Plan, wann und welche Touren sie machen." Das könne sie alles bieten, eben vor allem abseits der gängigen Touristenpfade.

Wer bei Marion Kirlum bucht, muss sich nur um einen Flug nach Sansibar kümmern. Ab Mitte dieses Jahres gibt es aber auch das Rundum-Sorglos-Paket - dann arbeitet sie mit dem Dresdner Reiseveranstalter Schulz Aktiv zusammen, der diese Reise als 14-Tage-Aktiv-Urlaub anbietet.

Ausflüge zu Inseln und in Höhlen, Schwimmen mit Schildkröten und Delfinen, mit dem Einbaum in die Mangroven fahren oder einem traditionellen Medizinmann-Ritual beiwohnen - all das wollen Marion Kirlum und Ismail Mcha möglich machen. Für die Touren werden im Schnitt 150 Euro für eine Person fällig, bei zwei Gästen bezahlt jeder 100 Euro, bei mehreren wird es entsprechend preiswerter.

Alle Informationen zu den Touren gibt es unter www.sansibar-erkunden.de.