Dresdner Kitakinder entdecken die Welt hinter den Buchstaben
Dresden. Mit großen Linien malt Hannah ihren Namen auf ein Blatt Papier. Dann zeigt sie auf jeden einzelnen Buchstaben und erklärt, wie er heißt. Das dauert dem Knirps neben ihr fast zu lange. "Ich heiße Konrad - mit K!", ruft er. Auch viele andere Mädchen und Jungen hier im Kreis wissen schon etwas, wofür man eigentlich ein Schulkind sein müsste. Doch warum auf die erste Klasse warten? Die Geheimnisse hinter der Schrift sind einfach zu spannend, um ihnen nicht schon jetzt auf den Grund zu gehen.
"Wir bringen unseren Kindern kein Lesen und Schreiben bei", sagt Heike Seirig, Leiterin der ASB-Kindertagesstätte Am Hutberg. Aber wer fragt, bekommt eine Antwort, und Fragen haben die Kleinen jede Menge. Noch sind Buchstaben für sie vielleicht seltsame Kringel. Aber sie ahnen, dass diese Zeichen die Welt erklären und das Tor zu ganz viel Wissen sind.
Wie eine Art Portal zu wunderbaren Geschichten wirkt auch die Flügeltür des großen weißen Schrankes, der seit kurzem in einem Extraraum der Kita steht. "Wir haben alle Bücher, die überall verstreut im Haus untergebracht waren, endlich einmal zusammengeführt", erzählt Heike Seirig. Dabei seien ihre Kollegen und sie auf die Idee gekommen, eine Bibliothek einzurichten.
Auch der alte Schrank stand noch auf dem Dachboden, wurde mit viel Liebe aufgearbeitet und frisch gestrichen. Nun beherbergt er nicht nur Bücher, sondern auch Märchen im Schuhkarton. In diesen kleinen Kistchen finden die Kinder viele Utensilien, um damit altbekannte Märchen so erzählen, wie sie sie spannend finden. Da reichen auch mal drei statt sieben Geißlein oder zu den Zwergen kommen halt noch vier dazu.
In mühevoller zusätzlicher Arbeit richteten die Erzieherinnen das Zimmer so ein, dass die Mädchen und Jungen dort stöbern, blättern, Buchstaben entdecken und Geschichten erleben können. "Eine Mutti hat sämtliche Bücher sortiert. Nun sind die Regale sogar beschriftet", so die Kitaleiterin. Ihr Kollegium sei leider zu klein und zu beschäftigt, um das Bibliotheksprojekt auf Dauer allein zu organisieren.
Die Kinder aber haben derweil ihre Schmökerhöhle schon ins Herz geschlossen, kramen im Bücherschrank, machen es sich auf dem Sofa oder in einem großen Weidenkorb bequem. "Oft bedauern sie, dass sie hier in der Bibliothek keinen Erwachsenen dabei haben", sagt Heike Seirig. Nicht nur deshalb hatte die 52-Jährige eine Idee: "Wir suchen einen Ehrenamtlichen, der uns unterstützt."
Neue Bücher müssen eingepflegt, alte sortiert, kaputte auch mal repariert werden. Weil die Kinder Bücher auch mit nach Hause nehmen können, sollte jemand ein Auge auf das Ausleihheft haben, in dem die Titel der entliehenen Bücher und die Namen der Leseratten stehen. Gern könnte ein Ehrenamtler auch hin und wieder vorlesen oder einfach zu bestimmten Zeiten Ansprechpartner in der Bibo sein.
Ein Einsatz von wenigstens ein bis drei Stunden pro Woche würde dem Team der Hutberg-Kita sehr helfen, das ambitionierte Vorhaben, das so guten Anklang findet, fortzusetzen und auszubauen. Es folgt dem sogenannten Literacy-Konzept, das Kinder noch vor Schulbeginn spielerisch und kreativ an Bücher und Schriftsprache heranführt. Denn schon mit vier bis fünf Jahren sind sie sehr aufnahmebereit und fiebern der Zeit entgegen, in der sich mit der Schrift eine riesige neue Landschaft für sie eröffnet. Diese Erfahrung machen die Pädagogen um Heike Seirig immer wieder.
Wer also Zeit, Muße und Freude hat, Kitakinder in die Bücherwelt zu begleiten, ist herzlich willkommen und sollte sich in der Kindertageseinrichtung, Am Hutberg 1 in Weißig persönlich vorstellen oder telefonisch unter 0351 268 61 23 melden.