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Friedensfahrt in der DDR: Als Klaus Ampler in Dresden siegte

Wann immer die Internationale Friedensfahrt durch Dresden rollte, standen Tausende Zuschauer am Straßenrand und feuerten die Sportler an. So war es auch 1963.

Von Ralf Hübner
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Am 8. Mai 1955 war Dresden das erste Mal Etappenort der Friedensfahrt. Während die Fahrer über den Altmarkt fuhren, warteten Tausende im Heinz-Steyer-Stadion auf deren Ankunft. Verkürzt wurde dort die Wartezeit mit einem Fußballspiel.
Am 8. Mai 1955 war Dresden das erste Mal Etappenort der Friedensfahrt. Während die Fahrer über den Altmarkt fuhren, warteten Tausende im Heinz-Steyer-Stadion auf deren Ankunft. Verkürzt wurde dort die Wartezeit mit einem Fußballspiel. © LUB/Deutsche Fotothek/Höhne-Pohl

Dresden. Fahrradrennen mit jubelnden Zuschauern an den Straßenrändern gibt es in Dresden schon lange nicht mehr. Dabei ist die Stadt einst ein beliebter Etappenort der Internationalen Friedensfahrt gewesen, dem größten Radrennen des Ostens und dem einst wichtigsten Amateur-Etappenrennens der Welt. Es war wohl die erste Sportart, mit der die noch junge DDR Erfolge einfuhr. Vor 60 Jahren, am 22. Mai 1963, machte die Rundfahrt nach 1955 und 1960 zum dritten Mal Station in Dresden.

Der DDR-Rennfahrer Klaus Ampler konnte sich am Ende dieser zwölften Etappe der 16. Rundfahrt das Gelbe Trikot des Spitzenreiters überstreifen. Zuvor hatte er das Einzelzeitfahren über 57 Kilometer von Bautzen nach Dresden für sich entschieden. "Über 45.000 im Dresdner Heinz-Steyer-Stadion trugen unseren Klaus Ampler auf den Wogen ihrer überschäumenden Begeisterung förmlich um die Bahn und ins Ziel", berichtete die Sächsische Zeitung.

Ampler habe auf seinem "tollen Ritt" Klassefahrer wie Anatoli Leontjewitsch Tscherepowitsch (UdSSR), Józef Gawliczek (Polen) und Camiel Vyncke (Belgien) hinter sich gelassen. Sie waren vor ihm ins Rennen gegangen, hatten aber "den starken Beinen Amplers am Ende nichts entgegenzusetzen". Dem bis dahin führenden August Verhaegen aus den Niederlanden rang Ampler zwei Minuten und 14 Sekunden ab. Den zweiten Platz belegte der Pole Rajmund Zielińsk, den dritten der Rumäne Constantin Dumitrescu.

Friedensfahrt auf Kurs von Warschau nach Prag

Die Friedensfahrt war 1948 das erste Mal auf Tour gegangen. Sie war eine Idee des polnischen Sportjournalisten Zygmunt Weiss und dessen tschechischem Kollegen Karel Tocl, die nach dem Vorbild der Tour de France ein Mehretappenrennen organisieren wollten. Veranstalter des Rennens waren die Tageszeitungen "Rudé Právo" aus Prag, "Trybuna Ludu" aus Warschau und für die DDR später die Tageszeitung "Neues Deutschland".

Zu Beginn führte das Rennen von Warschau nach Prag, ab 1952 auch über (Ost)-Berlin, die DDR-Hauptstadt, die Start- und Zielorte wechselten. Das Rennspektakel sollte den Menschen durch die Not in der Nachkriegszeit helfen. Das Rennen erlangte in der DDR zeitweise eine unglaubliche Popularität. Schulklassen bastelten Wimpelketten, um damit die Straßenränder zu schmücken. Auf Wandzeitungen wurde der Rennverlauf festgehalten.

Die Friedensfahrtfanfare des Komponisten Paul Noack-Ihlenfeld war allgemein bekannt und kündigte die Berichterstattung in Rundfunk und später auch im Fernsehen an. In stündlichen Live-Reportagen berichteten die Reporter aus dem fahrenden Übertragungswagen vom Renngeschehen. Erfolgreichster Teilnehmer war Steffen Wesemann, der die Tour in den 90er-Jahren und 2003 fünfmal gewinnen konnte. Vor allem aber Täve Schur galt bis zum Ende der DDR 1989 als Star.

Friedensfahrt 1963 macht Klaus Ampler in der DDR zum Sport-Star

Am 8. Mai 1955, exakt zehn Jahre nach Kriegsende, machte das Rundrennen zum ersten Mal Station in Dresden. Erster Etappensieger wurde der belgische Radfahrer Joseph Verhelst vor Emil Reinecke, einem Niedersachsen, der für das Team der DDR fuhr. In der DDR-Mannschaft fuhr damals mit Wolfgang Grupe noch ein weiterer westdeutscher Fahrer mit. Zwölfmal war die sächsische Bezirksstadt Etappenort. Bis in die 1970er-Jahre rollten die Rennfahrer im Heinz-Steyer-Stadion über die Ziellinie.

Oftmals standen in der Elbestadt Deutsche aus der DDR ganz oben auf dem Siegertreppchen. Zu ihnen gehörten neben Klaus Ampler auch Dieter Gonschorek, Siegbert Schmeißer, Olaf Ludwig, Uwe Raab, Frank Augustin und eben Steffen Wesemann. Hinzu kamen Ladislav Heller aus der Tschechoslowakei sowie der Pole Ryszard Szurkowski und Anatoli Starkow (UdSSR) – 1971 gab es zwei Halbetappen mit zwei Siegern – sowie Zbigniew Krzeszowiec (Polen).

Die Friedensfahrt 1963 machte Klaus Ampler in der DDR zum Sport-Star. Er war damals auf dem Höhepunkt seiner Fahrerkarriere. Das gelbe Trikot, das er in Dresden errungen hatte, gab er bis zum Schluss der Fahrt in Berlin nicht mehr ab. Mehr noch. Von Dresden ging das Rennen nach Erfurt weiter. Rund 20 Kilometer vor dem Ziel gelang es Ampler damals abermals, sich vom Feld abzusetzen, nur mit Gennadi Lebedew aus der Sowjetunion am Hinterrad. Dann ereilte Ampler ein Defekt.

Dennoch glänzte die DDR mit einer guten Mannschaftsleistung und übernahm die blauen Trikots für die beste Mannschaft. Die Tour 1963 wurde für die DDR mit dem Gewinn von Blau und Gelb ein erfolgreicher Jahrgang.

Es folgten lange, erfolgreiche Jahre. Erst nach 1989 geriet die Friedensfahrt in die Krise. 2006 war letztlich Schluss.