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"Kruzianer sein ist auch eine Familienentscheidung"

Der Dresdner Kreuzchor wirbt um Nachwuchs. Zu dem gehört der zehnjährige Vincent bereits. Was das in seinem Kinderleben heißt.

Von Julia Vollmer
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Vincent mit seinen Eltern Theresa und Frank Fiedler.
Vincent mit seinen Eltern Theresa und Frank Fiedler. © Matthias Rietschel

Dresden. Seine Liebe gehört der Musik. Und das ist der Grund, warum Vincent Fiedler an diesem Tag hier ist. Täglich singt und musiziert er - und: Seit etwa einem Jahr ist sein großer Traum wahr geworden, er ist Kruzianer, Mitglied im berühmten Kreuzchor in Dresden. Ihm sollen möglichst viele Jungen auch in Zukunft folgen, darum hat das Kreuzgymnasium jetzt zum Nachwuchstag geladen. Interessierte Familien sollen die Räume des Kreuzchores kennenlernen.

Bei Vincent selbst ist das nicht mehr nötig. "Ich bin seit der dritten Klasse hier", sagt der Zehnjährige. In der Zeit durchlaufen die Jungs die sogenannte Vorbereitungsklasse drei. Danach erfolgt die Aufnahmeprüfung: vom Blatt singen, das jeweilige Instrument spielen und Kenntnisse in Notenlehre und Rhythmusgefühl beweisen. Bei Vincent ist es das Klavier. Seit der vierten Klasse ist er ein "richtiger" Kruzianer.

Seine Eltern sind stolz auf ihren begabten Sohn und tragen das mit. "Kruzianer sein ist auch eine Familienentscheidung", sagt Mutter Theresa Fiedler. Sein Kind in den Kreuzchor zu geben, bedeute immer auch ein bisschen, es abzugeben. Die Kinder sind viel unterwegs und schlafen so wie Vincent auch im sogenannten Alumnat, also im Internat. "Ich bin etwa zwei oder drei Nächte in der Woche im Internat, je nachdem wie lang der Tag ist", sagt Vincent. Er teilt sich sein Zimmer mit zwei anderen Jungs.

Die Erzieher versuchen immer ein offenes Ohr für die Fragen, Sorgen und Nöte der Kinder zu haben, zu helfen. Schließlich gehört zum Kreuzgymnasium nicht nur die Ausbildung im klassischen Gesang, sondern auch der Weg bis zum Abitur.

Fußball als Ausgleich

Dafür sind die Tage für die Kinder und Jugendlichen oft lang. "Ich stehe jeden Tag um sieben auf. Und um 7:20 Uhr gibt es das erste Frühstück", erzählt der Vicent. Dann folgen täglich fünf Stunden Schulunterricht. Unterrichtet werden die ganz normalen Fächer wie auch an jeder anderen Regel-Grundschule.

Nach dem Mittagessen stehen dann Gesangsunterricht und Instrumentalunterricht auf dem Plan. Den Gesangsunterricht findet in Individualbetreuung mit einer Gesangslehrerin statt. Mehrfach in der Woche stehen Chorproben von 16 bis 18 Uhr an. Danach manchmal noch Fußballtraining. Es soll ein Ausgleich für die Kinder sein. Für Vincent passt das. "Ich habe früher beim DSC gespielt", sagt er.

Der Kreuzchor legt viel Wert auf die Schulbildung

Seine Liebe zur klassischen Musik begann früh. "Ich wollte schon immer Musik machen und hatte ein großes Interesse daran", erzählt er. Vom Kreuzchor habe er dann über Freunde gehört.

Auch Vincent war bei einem Nachwuchstag. "Ich habe ich mir das angeschaut - und alles sehr gut gefunden." Jetzt ist er gespannt, ob er im Sommer mit auf die große Tournee fahren kann. Es geht nach China oder aber auf Deutschland Tournee. "Ich bin erster Nachrücker für die China-Tournee", sagt Vincent stolz. Etwa 60 Teilnehmer können mit auf die Tournee fahren. 138 Schüler gibt es insgesamt.

Vor allem aber muss die "normale" Schule gut laufen. Wer sitzen bleibt, wird erst mal vom Chor freigestellt. Schulleitung und Chorleitung stimmen sich eng ab, um den steigenden Anforderungen der Gymnasalstufe gerecht werden zu können. Die Kinder sollen beides gut schaffen können.

Frank und Theresa Fiedler wissen ihr Kind gut aufgehoben. Aber natürlich bedeutet es auch, ein paar Einschnitte im Familienleben in Kauf zu nehmen. "Wir haben etwa acht freie Wochenenden im Jahr zusammen", erzählen die Eltern. Da müssen schon mal Familiengeburtstage weichen und stattdessen stehen Konzerte an. "Aber wir laden die Oma dann einfach zur Vesper in die Kreuzkirche ein."