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Dresdens rollendes Oldtimer-Museum nimmt wieder Fahrt auf

Auch für die Dresdner Motor-Veteranen startet die Oldtimersaison - in diesem Jahr mit dem Abschied vom bisherigen Vereinschef Uwe Mißbach, der den Schalthebel weitergibt.

Von Nadja Laske
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Der scheidende Vereinschef der Motor-Veteranen Dresden, Uwe Mißbach (r.), lässt schon bald Oliver Reichelt ans Steuer.
Der scheidende Vereinschef der Motor-Veteranen Dresden, Uwe Mißbach (r.), lässt schon bald Oliver Reichelt ans Steuer. © Matthias Rietschel

Dresden. Ihr Renteneintrittsalter ist nicht einmal halb so hoch wie der ihrer Fahrer. Doch in der Autowelt gelten sie als Senioren - die Oldtimer, denen jedes Kind auf der Straße fasziniert nachschaut und die ein Lächeln in die Gesichter der Passanten und anderen Autofahrer zaubern. Nun haben es gerade wieder einige der Oldies in Pension geschafft. Sie dürfen fortan ein H-Kennzeichen tragen und sich historisch nennen. Besser gesagt, ihre Besitzer.

Alfa Romeo Spider, Audi A8, McLaren F1 und Ferrari F355 gehören seit diesem Jahr in den geschätzten Kreis, zumindest die ersten ihrer Generation. Damit wächst der Kosmos auch für die Dresdner Kfz-Veteranen, deren Anfänge auf 1960 zurückgehen und die seit der Wende als eigenständiger Verein für den Erhalt technischer Kulturgüter sorgen.

Ausfahrten über Landesgrenzen

An einem verregneten Märzmorgen hat sich eine Handvoll Mitglieder aus der Vereinsleitung in einem kleinen Büro versammelt. Es gehört zu den Geschäftsräumen von Uwe Mißbachs Kfz-Werkstatt in Bühlau. Ihm liegt die Fahrzeugtechnik im Blut - oder wie man im Verein gern sagt: Der 53-Jährige hatte einen Schluck Motorenöl in der Muttermilch. An der Wand hängen die Meisterbriefe von Vater Klaus und Bruder Steffen. Ein Familienbetrieb, in dem auch die nächste Generation bereits ordentlich Benzingeruch inhaliert hat: "Mein Sohn ist schon als Baby im Oldtimer mitgefahren", sagt Uwe Mißbach.

Das war ein Fiat 500 Topolino, Baujahr 1936 - und so ziemlich der Anfang seiner Sammelleidenschaft. "So richtig los ging das alles mit einem Motorrad aus dem Jahr 1935, das ich einem Bekannten abgekauft habe", erzählt der langjährige Vereinschef. Der Vorbesitzer sei gut 70 Jahre alt gewesen und der Meinung, dass er nicht mehr lange zu leben habe. So gab er sein Kleinod in Mißbachs Hände - und wurde beruhigt 99 Jahre alt.

So fand der leidenschaftliche Berufs- und Hobbyschrauber auch zu den Motorveteranen, die seit 1983 als eigenständiger Club agierten und legendäre Ausfahrten organisierten. Bis zum heutigen Tag sind des mehr als 20 mit Teilnehmern aus ganz Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, Luxemburg und Tschechien.

Uwe Mißbach trat 1987 in den Club ein und wurde schließlich Vorstandsvorsitzender, der er rund 20 Jahre lang blieb. Nun ist's genug, findet er, und ist im Begriff den Schalthebel weiterzugeben - an Oliver Reichelt, dessen Wahl kurz bevorsteht. Der will sich nicht als neuer Besen erweisen und erst einmal alles Gute beim Alten belassen. Davon gibt es eine ganze Menge, denn der über 70-köpfige Verein ist sehr engagiert.

Neben den großen Ausfahrten, zu denen sie alle zwei Jahre alle Interessenten mit Oldtimern einladen und ihnen ein ereignisreiches Wochenende mit wunderschönen Routen und Sehenswürdigkeiten bescheren, organisieren sie auch interne Touren. Außerdem Clubabende mit Reiseberichten, Vorträgen über fahrzeugtechnische Ingenieurskoryphäen oder Präsentationen von historischen Kraftfahrzeugen und Motorrädern.

Rollendes Museum: Dazu gehören auch dieser VW Golf 1, Baujahr 1978 und der Mercedes Stuttgart aus dem Jahr 1928. Die Oldtimer der Vereinsmitglieder sind zwischen 30 und 95 Jahre alt.
Rollendes Museum: Dazu gehören auch dieser VW Golf 1, Baujahr 1978 und der Mercedes Stuttgart aus dem Jahr 1928. Die Oldtimer der Vereinsmitglieder sind zwischen 30 und 95 Jahre alt. © Matthias Rietschel

Am 27. April beispielsweise können die Mitglieder ihre Fahrzeuge vom Profi technisch prüfen und abnehmen lassen. Das ist wichtig, denn schließlich startet mit dem Frühling auch die neue Oldtimer-Saison - und zwar am 5. Mai mit dem offiziellen "Motoren anlassen!" zur Oldtimer-Frühjahrs-Ausfahrt. Die ist grundsätzlich für Vereinsmitglieder gedacht. Doch auch externe Oldtimerfreunde können sich dafür anmelden.

Schließlich freuen sich die Motor-Veteranen über gewogene Resonanz und über Nachwuchs in den eigenen Reihen. Neue Mitstreiter wollen sie als "rollendes Museum" auch mit einer recht neuen Veranstaltung für sich gewinnen: Jeden letzten Mittwoch im Monat kommen sie auf dem Röhrsdorf-Borthener Bauernmarkt zusammen, wohin sie zwischen 15 und 19 Uhr Oldtimerfans und einfach Interessierte zum Kennenlernen einladen - und zwar am 27. März sowie am 24. April und am 29. Mai.

Schwarzmarkt-Golf: 70.000 Ostmark

Der Nieselregen hat sich verzogen. Zeit, um einen Blick auf Uwe Mißbachs Lieblinge im Hof nebenan zu werfen. Dort schleicht die Sonne ganz vorsichtig über den senffarbenen Lack eines VW Golf 1. "Die wurden auch in der DDR verkauft", sagt er. Im Jahr 1978 seien es 10.000 Stück gewesen. Seiner gehörte dazu. Offizieller Preis: 19.500 DDR-Mark. "Auf dem Schwarzmarkt wurden sie für bis zu 70.000 gehandelt."

Als ob er dem Teenager altväterlich die Show gönnt, parkt schräg hinter ihm ein Mercedes Stuttgart aus dem Jahr 1928. Den hat Mißbach einmal von einem Vereinsmitglied gekauft. Ziel der Motor-Veteranen ist es, möglichst viele Oldtimer in der Region zu belassen. Jeder, der in andere Bundesländer oder gar ins Ausland verkauft wird, ist für sie ein verlorenes Kulturgut. "Der Mercedes ist sein ganzes Leben lang in Dresden gemeldet gewesen", sagt sein Besitzer stolz. So soll es sein.

Gefahren wird bei weitem nicht nur in der Landeshauptstadt. Dort sogar eher wenig. "Wir sind halt laut und stinken", heißt es intern. Damit könne die Stadtverwaltung nicht viel anfangen. Das sei schade. Doch dafür gebe es reichlich Gemeinden ganz in der Nähe, die alles möglich machen, wenn sich die historische Flotte ankündigt. So wünschen sich die Hüter der Oldtimer also ab Mai wieder herzlich: Achs- und Speichenbruch und immer etwas Benzin im Tank!

Termine und Kontakte sind im Internet unter www.mvd-ev.de zu finden.