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Wochenmarkt Münchner Platz in Dresden: "Was bei uns nicht wächst, verkaufen wir nicht"

Sächsische.de-Leser haben den Wochenmarkt am Münchner Platz in Dresden im Voting auf den 3. Platz gewählt. Der Markt ist klein aber fein und nicht nur deshalb auch bei den Händlern beliebt. Ein Besuch.

Von Dominique Bielmeier
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Rund 24 Händler stehen normalerweise auf dem Wochenmarkt am Münchner Platz in Dresden, wegen der Ferien sind es derzeit knapp 20. Im Sächsische.de-Voting haben Leser den Markt zum Drittschönsten in Dresden gewählt.
Rund 24 Händler stehen normalerweise auf dem Wochenmarkt am Münchner Platz in Dresden, wegen der Ferien sind es derzeit knapp 20. Im Sächsische.de-Voting haben Leser den Markt zum Drittschönsten in Dresden gewählt. © Marion Doering

Dresden. Drittschönster Wochenmarkt Dresdens? "Für mich ist es der Schönste", sagt Evelin Dörfler und lächelt glücklich hinter ihren Kisten voller leuchtend roter Tomaten - ausschließlich Tomaten. "Wenn man hier im Schatten dieser alten, hohen Bäume stehen darf, dann macht das Spaß", sagt die Gärtnerin mit dem wahrscheinlich kleinsten und definitiv exklusivsten Stand am Münchner Platz. Seit rund 15 Jahren ist sie dabei, verkauft hier immer im Sommer ihre Tomaten aus eigenem Anbau - ganz bewusst hier.

Sie mag, dass der Markt relativ klein ist, erzählt sie. Nicht wie der riesige Lingnermarkt, der Sieger im Sächsische.de-Wochenmärkte-Voting, mit seinen 160 Händlern. Am Münchner Platz sind es an diesem Mittwoch nur rund 20 Stände. Wegen der Ferienzeit fehlen etwa fünf Händler, hier und da ist eine kleine Lücke zwischen den Ständen.

Wochenmarkt am Münchner Platz in Dresden wird für kleine Größe geschätzt

Und noch etwas bevorzugt die Tomaten-Gärtnerin im Vergleich zum Markt an der Lingnerallee: "Die Öffnungszeit ist hier recht angenehm, bis um eins, das lässt sich machen." Nachmittags kämen ja kaum noch Kunden, "und wenn man dann auf dem Lingner stehen muss bis um fünf, das macht keinen Spaß". Dann käme zum Feierabend noch einmal ein Ansturm - und die Händler wegen der vielen Autos lange nicht vom Platz. Da sei der Tag schon ziemlich lang.

Evelin Dörfler baut seit 23 Jahren Tomaten an und verkauft ihre Ware auf dem Münchner Platz in Dresden.
Evelin Dörfler baut seit 23 Jahren Tomaten an und verkauft ihre Ware auf dem Münchner Platz in Dresden. © Marion Doering
Sie düngt die Tomaten rein biologisch, zum Teil auch mit Schafswolle.
Sie düngt die Tomaten rein biologisch, zum Teil auch mit Schafswolle. © Marion Doering

"Schön, dass sie wieder da sind", sagt ein Kunde zu Evelin Dörfler, "ich habe schon gewartet". Zwar bekäme er an mindestens drei oder vier weiteren Ständen auf dem Markt auch seine Tomaten, aber er holt sie gezielt hier. "Ich hoffe, dass sie so gut sind wie im letzten Jahr", sagt der Mann und zahlt. 4,50 Euro kostet das Kilo, etwas weniger als an manch anderen Ständen.

Das Geschmacksgeheimnis von "Dörflers Tomaten" aus dem Raum Bautzen: In den Boden arbeitet sie Schafwolle als Dünger ein, zuletzt zusätzlich Fledermausmist. Sonst wird nur biologischer Flüssigdünger genutzt. "Das macht sich alles natürlich im Geschmack bemerkbar", sagt die gelernte Gärtnerin. Seit 2000 baut sie Tomaten an, eine Rückkehr zu ihren beruflichen Wurzeln, nachdem sich nach der Wende alle auf das niederländische Gemüse gestürzt hätten. Nun kaufen die Leute gerne auch wieder einheimische Sachen.

Ein paar Schritte weiter um die Ecke staunen manche Marktbesucher über riesige Radieschen bei Gartenbau Kießlich aus Radebeul. Cornelia Münch, deren Großvater 2002 angefangen hat auf dem Markt am Münchner Platz zu verkaufen, lacht. "Ja, das sind nicht gerade die Schönsten, die hatten es eben warm unter dem Fließ", sagt sie. Ein Kunde findet das aber gerade gut - "das ist doch schön zum Salat machen" - und nimmt einen Bund mit.

Cornelia Münch von Gartenbau Kießlich aus Radebeul mit Riesenradieschen und Melone aus eigenem Anbau.
Cornelia Münch von Gartenbau Kießlich aus Radebeul mit Riesenradieschen und Melone aus eigenem Anbau. © Marion Doering

"Was bei uns nicht wächst, verkaufen wir nicht", erzählt Cornelia Münch, allenfalls von Kollegen werde einmal etwas zugekauft. Fünf verschiedene Tomatensorten gibt es hier, eigentlich sind es sieben, aber die grünen Tomaten und die Ochsenherzen reichen nur für den Hofladen in Zitzschewig. Sogar die Wassermelonen am Stand kommen aus eigenem Anbau, auch wenn sonst langsam schon die Herbstware dazu kommt.

Kunden schauen mehr aufs Geld

Am Münchner Platz sei es ein Auf und Ab für die Händler, sagt Cornelia Münch, man merke schon, dass die Leute mehr aufs Geld schauten. Erst vor Corona sei die Baustelle fertig geworden, damals war hier alles gesperrt. Ein Mann, der zuhört, mischt sich ein: "Es ist ja geschäftsschädigend, hierherzukommen", sagt er. "Chemnitzer gesperrt, Nöthnitzer gesperrt, ringsum zu alles." Dafür haben Besucher, die mit dem Nahverkehr kommen, gerade ein zusätzliches Highlight: Auf der Linie 3 fährt die brandneue Straßenbahn und hält direkt am Münchner Platz.

"Wir halten auch im Winter durch, bei jedem Wetter", sagt Cornelia Münch stolz. "Wenn's richtig hart auf hart kommt, verkaufe ich aus dem Auto." Die Stammkundschaft weiß es zu schätzen und rundet trotz Inflation den Preis gerne mal auf.

Fleischerei Müller aus Thüringen weiß, was die Kunden auf dem Markt am Münchner Platz wollen: Fleesch!
Fleischerei Müller aus Thüringen weiß, was die Kunden auf dem Markt am Münchner Platz wollen: Fleesch! © Marion Doering
Auch bei der Werbung für eine Bockwurstsemmel beweist der Fleischerwagen Humor.
Auch bei der Werbung für eine Bockwurstsemmel beweist der Fleischerwagen Humor. © Marion Doering

Ein Verkehrsproblem hat auch Rainer Guthmann von der Alternativen Landwirtschaft aus Diesbar-Seußlitz ausgemacht. Die Parksituation sei sehr schwierig, es gebe keine Parkplätze für die Händler zum Ausladen und das Ordnungsamt sei auch recht fleißig beim Verteilen von Knöllchen. Hinzu kämen zu hohe Standgebühren. Neben dem Münchner Platz verkauft er seine Waren, die übrigens "wie vor 100 Jahren" produziert würden, noch sonnabends an der Dreikönigskirche.

"Freundliches und dankbares Publikum" am Münchner Platz

Mit erst fünf Jahren noch relativ neu auf dem Markt dabei ist Anne-Marie Zenker, die den wahrscheinlich buntesten Stand betreibt: Sie verkauft die in ihrer Gärtnerei in Freiberg angebauten Schnittblumen als Sträuße. Auch sie hat sich wegen der Öffnungszeiten bewusst für den Münchner Platz entschieden. "Dass der Markt nur bis 13 Uhr geht, ist für mich ideal, weil ich ja eine große Gärtnerei habe, die danach versorgt werden möchte."

Anne-Maria Zenker verkauft am Münchner Platz kunstvoll zusammengestellte Blumensträuße aus eigenem Anbau.
Anne-Maria Zenker verkauft am Münchner Platz kunstvoll zusammengestellte Blumensträuße aus eigenem Anbau. © Marion Doering

Die Kunden hätten manchmal Lust auf Blumen, manchmal aber auch nicht, erzählt Anne-Marie Zenker. "In der Ferienzeit ist es manchmal schwer, wenn nicht so viel Kundschaft da ist, aber im Großen und Ganzen ist es ein freundliches und dankbares Publikum."

Biohändler: "Es ist sehr schwierig zurzeit"

Am Stand von "Bio-Olaf", so steht es auf der Mütze von Olaf Herzog, gibt es ausschließlich Bioprodukte: Gemüse, Säfte, Eier, Kartoffeln, Obst, Honig und mittendrin eine freundliche Häkelbiene, die eine Kundin ihm einmal geschenkt hat. Das meiste kommt aus Ostrau bei Döbeln, der Honig aus Torgau, die Eier aus Seifersdorf bei Radeberg. Nur im Winter werde es etwas internationaler.

"Bio-Olaf", Olaf Herzog, verkauft an seinem Stand auf dem Wochenmarkt am Münchner Platz in Dresden ausschließlich biologisch angebaute Produkte.
"Bio-Olaf", Olaf Herzog, verkauft an seinem Stand auf dem Wochenmarkt am Münchner Platz in Dresden ausschließlich biologisch angebaute Produkte. © Marion Doering

Olaf Herzogs Stand ist leer am Mittwochvormittag, anders zum Beispiel als der Bäckerwagen um die Ecke, an dem fast immer eine Schlange von rund einem Dutzend Menschen ansteht. Nur eine Momentaufnahme? "Es ist sehr schwierig zurzeit", räumt Olaf Herzog ein, er habe einen Rückgang von rund 30 Prozent zu beklagen, auch wenn er seine Preise nur moderat erhöht habe. Bei Bioprodukten schauen die Leute gerade offenbar besonders aufs Geld.

Trotzdem kommt der Händler gerne hierher, weil der Markt lukrativ sei - direkt im Wohngebiet, sodass viele Anwohner hier einkauften, meist Senioren; aber auch eine arbeitende Bevölkerung gebe es hier. Nicht zu überlaufen sei der Markt und ja, auch Olaf Herzog lobt, dass er nur bis 13 Uhr geht. "Das ist für einen Frischemarkt völlig ausreichend, man kann die Waren nicht über längere Zeit frisch halten und die Leute müssen ja auch bezahlt werden."

Auch er verkauft hier das ganze Jahr über, schon seit 2013. "Bis auf Urlaub und Frost", sagt Olaf Herzog und lacht. "Wenn mein Gemüse friert, friere ich auch. Aber erst dann."

Wochenmarkt am Münchner Platz, mittwochs von 8 bis 13 Uhr.