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13-Jährige mit Trisomie 21: "Man muss Inklusion praktizieren"

Schreddern, Quittungen ausdrucken, Karteikarten kleben: Edda ist 13 und hat Trisomie 21. Gerade macht sie ein Praktikum bei einer Dresdner Therapeutin. Warum diese gerne länger mit ihr zusammenarbeiten würde.

Von Lars Barendregt
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"Sie ist immer motiviert und freut sich, wenn sie etwas machen kann": Therapeutin Judith Stransky mit Praktikantin Edda.
"Sie ist immer motiviert und freut sich, wenn sie etwas machen kann": Therapeutin Judith Stransky mit Praktikantin Edda. © Matthias Rietschel

Dresden. Hinter der Empfangstheke der Praxis von Osteopathin Judith Stransky holt Edda eine Schneidemaschine hervor. "Ich hatte schon viele Aufgaben, bei den ich alle Arten von Papier schneiden musste", sagt die 13-Jährige aus Dresden. Quittungen, Karten, Dokumente. "Das macht richtig Spaß."

Einen Augenblick später, zeigt Edda die Quittungen, die sie gerade ausgedruckt hat. "Und dann habe ich auch die Karteikarten hier noch geklebt."

Edda hat das Down-Syndrom, in der Medizinsprache Trisomie 21 genannt. Menschen mit Down-Syndrom haben ein zusätzliches Chromosom 21. Normalerweise findet es sich bei Menschen zweimal. Bei Edda dreimal. In ganz Deutschland leben mehrere zehntausend Personen mit dieser genetischen Störung.

Ein Praktikumsplatz finden ist überhaupt nicht einfach

Edda ist Schülerin der Freien Montessori-Schule Huckepack und macht diese Woche ein Praktikum in der Praxis von Judith Stransky. Die beiden kennen sich bereits seit Eddas frühester Kindheit.

Sie bekommt noch immer Behandlungen an der Ostra-Allee in Dresden. "Edda kam dann einmal nachmittags, guckte auf den Plan und fragte: 'Kann ich hier mein Praktikum machen?'", sagt Judith Stransky. "Ich sagte: 'Natürlich'."

Laut der 50-jährigen Therapeutin hat Edda verschiedene Qualitäten, die nützlich sind in der Praxis. Sie kann sehr gut erzählen und schreiben, findet Judith Stransky. Außerdem ist Edda sehr freundlich. "Und sie ist immer motiviert und freut sich, wenn sie etwas machen kann."

Edda (13) beobachtet die Arbeit von Therapeutin Judith Stransky. Die junge Praktikantin will später Kinderärztin werden.
Edda (13) beobachtet die Arbeit von Therapeutin Judith Stransky. Die junge Praktikantin will später Kinderärztin werden. © Matthias Rietschel

An diesem Donnerstag ist der Welt-Down-Syndrom-Tag. Judith Stransky findet es wichtig, das Thema mehr in die Öffentlichkeit zu bringen. Es gibt auch Menschen mit der genetischen Störung, die studieren können und ganz "normale" Berufe haben. Judith Stransky weiß das.

"Ich finde, es sollte gefördert werden, dass auch andere Firmen sagen: Warum nicht, komm und wir helfen dir. Man redet oft von Inklusion, von diesem tollen Wort, aber man muss es auch praktizieren."

Dass es für Jugendliche wie Edda schwierig ist, einen Praktikumsplatz zu finden, weiß Judith Stransky aus eigener Erfahrung. "Ich krieg' hier viele Anfragen für Schülerpraktika. Und ich behandle auch viele Kinder und Jugendliche, auch aus sogenannten normalen Alterskategorien, die große Probleme haben, Praktikumsplätze zu finden." Es gebe Firmen, so Judith Stransky, da komme man mit 14 oder 16 Jahre gar nicht rein. "Und Edda ist ja erst 13."

Schule hat Kooperation mit verschiedenen Firmen

Das Down-Syndrom macht die Bewerbung um eine geeignete Stelle normalerweise nicht einfacher. Die Schülerin bekommt Unterstützung von Begleiterin Almut Reichel. Sie hilft Edda beispielsweise, sich zu konzentrieren und sagt, wenn es Zeit ist für eine Pause. "Wenn niemand bei Edda wäre, würde es ein bisschen schwierig sein", sagt Almut Reichel. Auch für Unternehmen würde es einen Unterschied machen, ob ein Begleiter mitkommt.

Die Montessori-Schule Huckepack hat eine Kooperation mit verschiedenen Firmen. "Es gibt zum Beispiel auch Praktikanten beim Bäcker und auf dem Friedhof", sagt Almut Reichel. "Aber ich denke, es ist immer gut, wenn noch jemand dazu kommt, weil man dann noch etwas ausprobieren kann."

"Kinder mit Trisomie 21 können viel lernen"

Edda schreddert inzwischen Papiere. Auf ihrem Arbeitstisch liegt ein Notizblock, mit all den Dingen, die sie schon getan hat. Am Dienstag war sie bei der Behandlung eines Babys dabei. Staubsaugen steht noch auf dem Programm.

Judith Stransky ist sehr zufrieden mit Eddas Arbeit: "Sie hat schon viel alleine geschafft und herausgefunden. Man sieht schon Verbesserung."

Eigentlich ist das Praktikum von Edda seit Mittwochmittag beendet. Aber Judith Stransky will gucken, ob es möglich ist, noch etwas länger zusammenzuarbeiten. Vielleicht kann Edda innerhalb eines halben Jahres sogar lernen, zwei Stunden alleine zu gestalten, hofft Judith Stransky. "Ich denke, dass Kinder mit Trisomie 21 in der Praxis viel lernen können."

Sie hofft, Edda in der Zukunft irgendwie berufstätig zu sehen. Die 13-Jährige selbst weiß schon, welchen Beruf sie ausüben möchte. "Kinderarzt", teilt sie mit. Weil sie gerne Kinder hilft. "Und weil es schön ist, in einem Team zu arbeiten."

Deshalb mag sie die Arbeit in der Praxis von Judith Stransky auch so sehr. "Ich habe in eineinhalb Tagen neue Menschen getroffen und kenne jetzt die Kollegen hier."