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Nachtcafés geschlossen: Wo finden Dresdner Obdachlose Unterschlupf in kalten Nächten?

Seit Ende März fallen die Nachtcafés der Dresdner Kirchgemeinden als Anlaufstelle weg. Weil es so kalt ist, haben die Mitarbeiter der Heilsarmee im Tagestreff jede Menge zu tun.

Von Nora Domschke
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Gerd Grabowski koordiniert die Dresdner Nachtcafés, bei denen Obdachlose in christlichen Gemeinden ein warmes Plätzchen und Essen bekommen. Diese sind nun aber geschlossen.
Gerd Grabowski koordiniert die Dresdner Nachtcafés, bei denen Obdachlose in christlichen Gemeinden ein warmes Plätzchen und Essen bekommen. Diese sind nun aber geschlossen. © Archiv: Sven Ellger

Dresden. Seit gut einer Woche sind die Dresdner Nachtcafés geschlossen. Vor 27 Jahren startete das ökumenische Hilfsprojekt, bei dem an sieben Tagen in der Woche an jedem Abend eine Dresdner Kirchgemeinde ihre Räume für Obdachlose öffnet. Nun ist die Saison der Nachtcafés allerdings vorbei - aber die Nächte trotzdem noch bitterkalt. Dass der Bedarf in Dresden groß ist und weiter wächst, kann Gerd Grabowski bestätigen. Der 75-Jährige koordiniert die Nachtcafés in der Landeshauptstadt und hilft selbst in der Zionskirchgemeinde, wenn dort die Räume für die Obdachlosen vorbereitet werden.

Für seinen langjährigen Einsatz bekam Grabowski kürzlich die Ehrenmünze der Stadt verliehen. In dieser Saison haben die Nachtcafés rund 2.500 Übernachtungen organisiert, im Schnitt werden 20 Obdachlose pro Nacht betreut. Dabei nutzt nicht jeder die Schlafmöglichkeit. Einige kommen auch nur für ein warmes Essen und auf ein nettes Gespräch vorbei. Gerd Grabowski ist ebenfalls nicht entgangen, dass die Nächte jetzt im April noch sehr kalt sind. Eine Möglichkeit, die Nachtcafés wieder zu öffnen, gebe es trotzdem nicht. "So etwas kurzfristig zu organisieren ist schwierig."

Hoher Zulauf im Tagestreff der Heilsarmee

Allein deshalb, weil die rund 250 Helfer, die in den sieben Nachtcafés mithelfen, ehrenamtlich arbeiten. Dazu kommt, dass jede Gemeinde die Essensversorgung selbst organisiert, was ebenfalls so kurzfristig kaum möglich sei. "Vor einigen Jahren haben wir die Saison verlängert, weil es absehbar Schnee und Frost über den März hinaus gab." Das sei aber mit einem sehr großen Aufwand verbunden gewesen und deshalb keine dauerhafte Lösung. Gerd Grabowski verweist auf die städtischen Notunterkünfte, in den die Obdachlosen unterkommen können.

"Viele kümmern sich auch selbst und kommen bei Freunden unter, wenn es richtig kalt ist" Gefährlich werde es für Obdachlose, die gar keinen Unterschlupf haben. "Allerdings ist diese Situation nicht neu, sondern kommt jedes Jahr wieder." Kalte Nächte gebe es auch schon im Oktober, und auch da stehen die Nachtcafés nicht zur Verfügung.

Grabowski weiß aber auch, dass viele Obdachlose die städtischen Unterkünfte lieber meiden, weil der Zugang nicht so unkompliziert ist wie bei den Nachtcafés. So müssen sich die Obdachlosen in den Nachtcafés nicht ausweisen, während in den städtischen Unterkünften die Papiere vorgelegt werden müssten. Ein zweites Hilfsangebot gebe es bei der Heilsarmee, so Grabowski, die rund um das Jahr als Anlaufstelle für Wohnungs- und Obdachlose zur Verfügung steht.

Zudem sind die Mitarbeiter der Heilsarmee in besonders kalten Wintern auf Kältepatrouillen in der Stadt unterwegs. "Das können wir derzeit aber nicht leisten", berichtet Anita Herbst, die im Streetworkteam der Heilsarmee arbeitet. Zu oft seien die Helfer umsonst rausgefahren, weil sie niemanden angetroffen haben. Zudem fehle es an Personal, das zurzeit vermehrt im Tagestreff in der Reicker Straße benötigt wird. "Dort haben wir einen hohen Zulauf, was sicherlich auch an den kalten Temperaturen liegt.

Die Menschen bekommen ein kostenloses Frühstück und können sich aufwärmen." Wer einen Schlafsack braucht, bekommt auch diesen bei der Heilsarmee. "Einen Schlafplatz können wir bei uns aber nicht bieten. Da verweisen wir auf die städtischen Unterkünfte." Eine davon ist die "Boofe" in der Hechtstraße in der Dresdner Neustadt.