Dresden: Falsches Spiel ums Feriendorf Langebrück?

Dresden. Eigentlich sollte alles ganz einfach sein: Jan Pretscheck hatte 2013 das Feriendorf Langebrück von der Stadt Dresden gekauft und bis 2019 betrieben - von 2011 bis zum Kauf als Mieter bei der Stadt. Dann wollte er es verkaufen und hatte auch einen Käufer.
Allerdings hat Pretscheck bis heute keinen Cent für sein Grundstück gesehen. "Das hat mich mittlerweile an den Rand des wirtschaftlichen Ruins gedrückt", so der Grundstücksbesitzer. Denn der Verkauf ist bis heute - mehr als dreieinhalb Jahr nach dem Vertragsschluss - nicht zustande gekommen.
Pretscheck ist ein erfolgreicher Volleyball-Trainer, hat den VC Dresden trainiert, als er das Waldbad 2013 erwarb. Mittlerweile kann er es nicht mehr selber betreiben, weil er 2018 Trainer beim SSV Lichtenstein wurde und seit diesem Jahr die LE Volleys Leipzig trainiert. "Ich kann einfach nicht mehr vor Ort sein", erklärt Pretscheck.
Also suchte und fand er einen Käufer - oder Kaufinteressenten - schloss einen Vertrag und dachte, es ist alles gut. Der Verkauf sorgte allerdings in Langebrück für Unruhe, denn die Ortschaft wusste nichts davon, wie Ortsvorsteher Christian Hartmann (CDU) auf Anfrage von Sächsische.de mitteilt. Der Ortschaftsrat beschloss, die Stadt Dresden aufzufordern, ihr Vorkaufsrecht auszuüben. "Das Grundstück ist wesentlich für die Entwicklung um und im Waldbad Langebrück. Dafür gibt es eine Naherholungskonzeption", erläutert Hartmann.

Also entschied die Stadt 2019, das Vorkaufsrecht auszuüben. In internen Schreiben ist von 245.000 Euro Kaufsumme die Rede. Pretscheck wäre es wahrscheinlich egal, ob die Stadt kauft, er benötigt das Geld für das Grundstück. Aber darauf wartet er bisher vergeblich, denn der Interessent hat Widerspruch gegen das Vorkaufsrecht eingelegt und seitdem ist Stillstand.
Parallel ist der Interessent Pächter des Areals geworden und betreibt es auch. Der neue Betreiber ist kein Unbekannter in Dresden. Nikos Chawales ist immer wieder im Umfeld rechtspopulistischer Gruppen in Erscheinung getreten. Bei der Initiative "Strehlen wehrt sich gegen Politikversagen", die als asylfeindlich eingestuft wird, ist er als Wortführer aufgetreten. Er gilt als Sympathisant der vom Verfassungsschutz beobachteten rechtsextremen Identitären Bewegung und anderer rechter Initiativen, trat beim islamfeindlichen Legida-Bündnis in Leipzig und bei anderen Demos auf.
Chawales ist Sohn griechischer Einwanderer und ist scharfer Kritiker von Staat und Politikern, machte aber als Vermessungsingenieur gleichzeitig gute Geschäfte mit staatlichen Behörden in Sachsen.
2016 tauchte die Kriminalpolizei bei ihm auf, sprach Chawales als Gefährder an, um zu signalisieren, man habe ihn im Blick. Anlass war ein Facebook-Beitrag, der als Aufruf zu Straftaten gewertet wurde.
"Ich werde in die Insolvenz getrieben, weil die Stadt Angst vor einem angeblich rechten Betreiber hat - das ist politisch", kritisiert Pretscheck. Das werde er sich nicht gefallen lassen und Schadenersatz von der Stadt fordern, wenn über das Vorkaufsrecht endlich entschieden sei.
Chawales spricht von "Willkür" der Stadt. "Hier soll ein sogenannter Nazi kein Grundstück kaufen. Dabei sind das alte Geschichten, was mich auf die Straße gebracht hat." Er sei kein Rechtsextremist, behauptet Chawales. "Das ist eine politische Retourkutsche von Herrn Oberbürgermeister Dirk Hilbert gegen mich."
Die Stadtverwaltung weist das deutlich zurück. Denn eigentlich sei Chawales Widerspruch der Grund dafür, dass die Stadt das Grundstück noch nicht gekauft hat, klingt zwischen den Zeilen durch. "Der Grund für die Ausübung des Vorkaufsrechts war, dass die Stadt städtebauliche Maßnahmen in Betracht gezogen hat und das Vorkaufsrecht zu einer geordneten städtebaulichen Entwicklung beiträgt", teilt die Verwaltung auf Anfrage mit. "Das betroffene Gebiet ist zur Erweiterung des Langebrücker Waldbades und den damit im Zusammenhang zu schaffenden Freizeit- und Erholungsanlagen vorgesehen."
Dass es für Pretscheck mittlerweile finanziell eng wird, sei eben nicht Schuld der Stadt. "Der Vorgang bewegt sich im dafür vorgesehenen rechtlichen Rahmen", so die Verwaltung. "Gegen das Vorkaufsrecht wurde Widerspruch eingelegt. Die rechtliche Prüfung im Widerspruchsverfahren ist noch nicht abgeschlossen." Es sei auch weiter unklar, wann dies der Fall sein wird.
In der Dauer des Verfahrens gab es immer mal wieder Punkte, an denen aus der Stadtverwaltung davon abgeraten wurde, das Vorkaufsrecht auszuüben. So schrieb etwa der Dresdens Stadtplanungsamtsleiter 2019 in einer internen Mail, die Sächsische.de vorliegt: "Die von der Ortschaft erwähnte Naherholungskonzeption datiert unseren Unterlagen zufolge vom 6. Dezember 1998, also nach Bekanntmachung der Vorkaufssatzung, sodass sie nach unserer Einschätzung nicht geeignet ist, ein Vorkaufsrecht zu begründen." Auf Details will die Stadt derzeit wegen des laufenden Verfahrens nicht eingehen.
Aber es bestehe weiter das Interesse der Ortschaft Langebrück, dass Dresden kauft, betont Ortsvorsteher Hartmann, der gleichzeitig Fraktionschef der CDU im Landtag ist. Es könne auch keine persönliche Sache gegen Chawales sein. "Zu dem Zeitpunkt, als wir von den Verkaufsabsichten erfuhren, wussten wir nicht, wer der Käufer ist."