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Drei neue Dresdner Straßenbahnen sind kaputt: Wann sie wieder fahren werden

Eigentlich würden schon 19 neue Bahnen auf Dresdner Schienen unterwegs sein, doch durch Unfälle und Vandalismus stehen einige in der Werkstatt. Wann sie zurückkehren und wie viele neue Bahnen bis Jahresende noch geliefert werden.

Von Kay Haufe
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Die neuen Dresdner Straßenbahnen müssen vor dem Linienbetrieb umfassend technisch überprüft werden. Hier untersuchen André Daniel, der Projektleiter von Alstom in Bautzen, und DVB-Werkstattleiter Sören Kispàl den Unterboden einer Bahn.
Die neuen Dresdner Straßenbahnen müssen vor dem Linienbetrieb umfassend technisch überprüft werden. Hier untersuchen André Daniel, der Projektleiter von Alstom in Bautzen, und DVB-Werkstattleiter Sören Kispàl den Unterboden einer Bahn. © René Meinig

Dresden. Eigentlich sollten sie auf den Strecken der Linien 2 und 3 quer durch Dresden rollen, doch stattdessen stehen sie hintereinander aufgereiht auf einem Gleis im Betriebsbahnhof Gorbitz der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB). Mehrere Türeinstiege und eine Fahrertür sind mit blauer Folie zugeklebt. Drei der neuen Stadtbahnwagen sind nicht einsatzfähig, weil sie entweder in einen Unfall verwickelt wurden oder Vandalismusschäden aufweisen. An einer Glastür ist eine große runde Delle erkennbar, als hätte jemand von außen eine Flasche oder ähnliches drangeworfen.

Eine der Bahnen war am 23. August bei einem folgenschweren Unfall auf der Pennricher Straße mit einem BMW kollidiert und durch die Wucht des Aufpralls aus dem Gleis gesprungen. Sie kam erst einige Meter weiter im eigenen Gleisbett zum Stehen, wodurch die Schienen mitsamt den Schwellenschrauben stark in Mitleidenschaft gezogen wurden. Und natürlich die Bahn selbst.

Kaputte Türscheiben können nach langer Wartezeit auf benötigte Teile jetzt repariert werden.
Kaputte Türscheiben können nach langer Wartezeit auf benötigte Teile jetzt repariert werden. © René Meinig

"Wir sind noch im Gutachterverfahren dazu", sagt André Daniel von der Straßenbahn-Herstellerfirma Alstom. Er ist als Projektleiter für die neuen Dresdner Stadtbahnwagen zuständig. Erst, wenn alles genau untersucht wurde, kann man beurteilen, wie hoch der Reparaturaufwand sein wird und ob der Wagenkasten gerichtet werden muss. "Das würde dann durch notwendige Ausbauten von Elektronikteilen schnell mal bis zu 16 Wochen dauern", sagt der Fachmann. Noch kann niemand sagen, wann die Bahn mit der Nummer 2902 wieder auf den Dresdner Gleisen unterwegs sein wird.

Lieferketten für Ersatzteile funktionieren nicht

Gute Nachrichten gibt es indes für eine der anderen beiden Fahrzeuge. Die Nummer 2911 soll bis Ende des Monats wieder fahren. Die nötigen neuen Scheiben für die Türen sind im Herstellerbetrieb Bautzen angekommen und sollen nun bald eingebaut werden. "Seit Corona gibt es Probleme mit den Lieferketten. Das führt dazu, dass nötige Bauteile wesentlich später kommen als zuvor", sagt Daniel. Der Türenhersteller sei zwar eine österreichische Firma, lasse aber in Tschechien fertigen und beziehe das Glas aus Italien. So komme ein Problem zum nächsten.

Bis Ende dieses Jahres sollen insgesamt 30 der neuen Stadtbahnwagen an die Dresdner Verkehrsbetriebe ausgeliefert werden, drei weitere folgen im ersten Quartal 2024. Mit einem über 50 Meter langen Tieflader werden die 53 Tonnen schweren Bahnen jeweils nachts von Bautzen zum Güterverkehrszentrum Friedrichstadt nach Dresden transportiert, von wo aus sie mithilfe einer anderen Straßenbahn nach Gorbitz geschleppt werden. Im Betriebshof ist nicht genügend Platz zum Rangieren für den Tieflader.

Bisher rollen bereits 19 der neuen Bahnen auf der Linie 2 von Kleinzschachwitz nach Gorbitz sowie auf der 3 vom Wilden Mann nach Coschütz, ausgenommen die kaputten. Die neuen Bahnen benötigen einen breiteren Schienenabstand, der bisher weitestgehend durchgehend nur auf diesen beiden Linien gegeben ist. "Unsere Überlegungen sind, die neuen Bahnen demnächst auch auf der Linie 9 von Kaditz bis zum Betriebshof Tolkewitz und nach dem Ausbau der Wehlener und Österreicher Straße bis Laubegast fahren zu lassen. Die Linie 4 würde dann nach Prohlis fahren", sagt DVB-Sprecher Christian Schmidt.

Bremstest bestanden

Doch wenn die neuen Bahnen im Betriebshof Gorbitz angekommen sind, heißt das noch lange nicht, dass sie bald auf den Straßen zu sehen sein werden. Jede einzelne wird bei einem aufwendigen Inbetriebnahme-Verfahren überprüft, ob alle Bauteile so funktionieren, wie sie sollen, und alle Sicherheitsstandards erfüllt werden. Mitarbeiter von Alstom arbeiten dazu mit Spezialisten von den DVB in Teams zusammen.

Qualitätskontrollen nehmen die Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe bereits beim Wagenrohbau bei Alstom in Görlitz vor. Später im Bautzner Werk werden die elektronischen und anderen Einbauten überprüft. In Dresden schließt sich die dynamische Inbetriebnahme an, die zwei Wochen dauert. Dabei werden alle wichtigen Funktionen geprüft wie die Energieversorgung, Fahren und Bremsen, Beleuchtung, Sicherheits- und Signaleinrichtungen wie die Fahrgastnotbremse oder die Warnglocke, das Assistenzsystem, was automatisch bremst, wenn ein Hindernis auftaucht, was der Fahrer noch nicht bemerkt hat, sowie Rückspiegel-Kamera und Fahrgastinformationen. "Es treten immer mal kleinere Mängel auf, aber nichts Gravierendes", sagt Holger Seifert, der als Centerleiter Schienenfahrzeuge auch für die Inbetriebnahme zuständig ist.

Zweirichtungsbahn geht bald in Normalbetrieb

Am Freitag haben die Inbetriebnehmer auch eine Vollbremsung bei einer Geschwindigkeit von 46, 5 Kilometern pro Stunde geprobt. Den Test hat die Bahn super bestanden: Sie brauchte 38,3 Meter, ehe sie zum Stillstand kam.

Nach der dynamischen Inbetriebnahme muss noch ein Gutachter alles überprüfen, bevor ein Antrag auf Zulassung der Bahn an die Landeseisenbahnaufsicht gestellt wird. "Die bekommen dann 25 dicke Aktenordner Prüfprotokolle von uns", sagt André Daniel.

Zur Zulassung steht auch eine der beiden gelieferten Zweirichtungsbahnen an, die momentan schon für den Probebetrieb als Fahrschulbahn zugelassen ist. Sie soll spätestens Anfang November im Normalbetrieb fahren. Gedacht ist sie aber vor allem für Strecken, an denen gebaut wird.