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Wieder bundesweite Klima-Proteste - Autofahrer zieht Demonstranten in Dresden von der Straße

Klimademonstranten setzten sich am Freitag am Elbepark in Dresden, Leipzig und weiteren Städten auf die Straßen und blockierten den Verkehr. Viele Autofahrer reagierten gereizt. Einer zog zwei Aktivisten in Dresden von der Straße.

Von Alexander Schneider & Erik-Holm Langhof & Fionn Klose
 5 Min.
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Ein Autofahrer zog zwei Klimademonstranten in Dresden auf den Bürgersteig. Doch ohne Erfolg. Sie setzten sich sofort wieder zurück auf die Straße.
Ein Autofahrer zog zwei Klimademonstranten in Dresden auf den Bürgersteig. Doch ohne Erfolg. Sie setzten sich sofort wieder zurück auf die Straße. © Robert Michael/dpa

Dresden. "Ihr seid doch bekloppt", brüllt ein Autofahrer den sechs Klimademonstranten der "Letzten Generation" entgegen. Er will die Straße frei machen, packt einen von ihnen am Arm und zerrt ihn auf den Bürgersteig. Doch ohne Erfolg - der Demonstrant setzt sich gleich wieder auf die Straße. Die Blockade der "Letzten Generation" auf der Washingtonstraße am Elbepark in Dresden begann am Freitag in aller Frühe. Gegen 7.50 Uhr setzten sich die Demonstranten auf die Straße und trafen damit voll den Berufsverkehr.

Sie waren maskiert als Verkehrsminister Volker Wissing, Kanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck. Mit einem Banner mit der Aufschrift "Wir brechen das Gesetz" stellten sie sich vor die Autos. Die Autofahrer reagierten teilweise gereizt und hupten, einige stiegen aus ihren Wagen aus. "Ich muss ins Krankenhaus, lassen Sie mich durch", sagte eine Frau. "Ich bin auch fürs Klima, aber das bringt nichts." Andere wendeten und fuhren über den Mittelstreifen auf die Gegenfahrbahn. Der Stau reichte dennoch bis auf die Autobahn 4.

Klebe-Aktion am Morgen auch in Leipzig

Bereits am Donnerstag hatte die "Letzte Generation vor den Kipppunkten aus Leipzig" diese Protestaktion angekündigt: "Bundesweiter Protest gegen Gesetzesbruch der Regierung" lautete die Schlagzeile.

Am Freitagmorgen kam es auch in Leipzig zu Protesten. Sechs Mitglieder der "Letzten Generation" blockierten hier ab 7.30 Uhr die Maximilianallee in Richtung Innenstadt. Auch sie trugen Masken mit den Gesichtern von Scholz, Wissing und Habeck.

Die Polizei war schnell vor Ort und löste die Aktion auf. Anschließend nahmen die Beamten die Personalien der Demonstranten auf. Nach rund 45 Minuten konnte die B2 wieder für den Verkehr freigegeben werden. Gegen die Demonstranten wird nun wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz - unter anderem auch wegen ihrer Vermummung - ermittelt.

Sechs Mitglieder der Klimaschutzbewegung "Letzte Generation" haben am Freitagmorgen die Washingtonstraße am Elbepark in Dresden blockiert. Der Verkehr staute sich bis auf die Autobahn.
Sechs Mitglieder der Klimaschutzbewegung "Letzte Generation" haben am Freitagmorgen die Washingtonstraße am Elbepark in Dresden blockiert. Der Verkehr staute sich bis auf die Autobahn. © Robert Michael/dpa

Aktion in Dresden nicht angemeldet

Bereits am Donnerstag blockierten sie die Rollfelder von Flughäfen in Hamburg und Düsseldorf und legten den Flugverkehr teilweise lahm.

Die Initiative bezieht sich auf das Klimaschutzgesetz, nachdem die Bundesregierung eine langfristige Strategie brauche, ihre Klimaschutzziele für 2030 einzuhalten. Doch nun habe der Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) öffentlich angekündigt, dass die Regierung die Ziele nicht einhalten werde – und damit ihr eigenes Gesetz breche, schrieben die Leipziger Klimakleber in ihrer Ankündigung. "Bundesweit werden daher Menschen protestieren, um friedlich ihren Widerstand gegen diese Arbeitsverweigerung der Regierung auf die Straße zu tragen", hieß es.

Die Aktion in Kaditz im morgendlichen Berufsverkehr war nicht gegenüber der Dresdner Versammlungsbehörde angemeldet worden. Kurz vor 8 Uhr traf die Polizei am Elbepark ein, woraufhin die Demonstranten sofort damit begannen, sich auf der Straße und aneinander festzukleben. Die Polizei konnte sie aber schnell mit Olivenöl lösen.

Nach etwa 40 Minuten wurde der Protest schließlich von den Beamten aufgelöst. Gegen 8.30 Uhr konnte die Washingtonstraße wieder für den Verkehr freigegeben werden. Gegen die sechs Demonstranten wird nun wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Nötigung ermittelt.

Die Polizei löste die Aktivisten in Dresden mit Olivenöl von der Straße.
Die Polizei löste die Aktivisten in Dresden mit Olivenöl von der Straße. © Benno Löffler

Die Blockierer der Dresdner Initiative nennen ihre Aktion eine "Transparenzkampagne", die am Freitag im ganzen Land starte. Angeblich fanden 36 Sitzblockaden in 26 Städten statt. Hannah Wolf, 19, aus Dresden erklärt: "Wir stellen mit unserer friedlichen Sitzblockade heute die Frage: Über was sollten wir uns empören? Über eine Regierung, die ihre eigenen Gesetze bricht oder über friedlichen Protest von Bürgerinnen und Bürgern, die diesen Gesetzesbruch nicht einfach so hinnehmen?"

Die Initiative betont, dass die Entscheidungen der Gerichte in der Frage, ob die Straßenblockaden der "Letzten Generation" gesetzeswidrig sind oder nicht, nicht einheitlich seien. Erst kürzlich habe das Landgericht Berlin geurteilt, dass eine der Straßenblockaden gerechtfertigt war. In Leipzig seien vor zwei Wochen fünf Angeklagte der "Letzten Generation" für eine Sitzblockade vom Vorwurf der Nötigung freigesprochen worden.

Mitglieder der "Letzten Generation" blockierten am Freitagmorgen die Maximilianallee in Leipzig.
Mitglieder der "Letzten Generation" blockierten am Freitagmorgen die Maximilianallee in Leipzig. © SZ/Erik-Holm Langhof

Stimmung gegen die Protestaktionen ist zunehmend aufgeheizt

Die Stimmung gegen die Protestaktionen ist zunehmend aufgeheizt. In Stralsund wurde am Mittwoch ein Demonstrant von einem Lastwagen angefahren. Sechs Blockierer hatten den Verkehr auf einer Verkehrshauptader behindert. Ein 41-jähriger Lkw-Fahrer hatte nach Angaben der Polizei drei Blockierer zum Teil von der Straße gezerrt und ihnen Schläge angedroht.

Er setzte sich dann wieder hinters Lenkrad und fuhr kurz an. Dabei wurde ein junger Demonstrant, der vor der Stoßstange auf der Fahrbahn saß, etwa einen Meter nach vorn geschoben. Ernsthaft verletzt wurde laut Polizei niemand. Der Lkw hielt, der Blockierer stand auf, der Lkw-Fahrer fuhr weiter. Er habe sich abends der Polizei in Grimmen gestellt, die ihm die Papiere "vorläufig abnahm". Die Polizei ermittelt gegen den Lkw-Fahrer wegen Verdachts der versuchten Körperverletzung. Gegen die Klimademonstranten wird wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Nötigung im Straßenverkehr ermittelt.

Habeck, Wissing und Buschmann kritisieren Klimaproteste scharf

Scharfe Kritik an den Aktionen kam von Mitgliedern der Bundesregierung. "Diese gefährlichen Eingriffe in den Verkehr müssen ein Ende haben. Was die 'Letzte Generation' betreibt, ist kein Klimaschutz, sondern Kriminalität", sagte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). "Wer anderen den Jahresurlaub vermiest, trägt zur Spaltung der Gesellschaft bei." Justizminister Marco Buschmann erklärte, die Blockierer müssten mit strafrechtlichen Folgen und "millionenschweren Schadenersatzforderungen" rechnen.

Auch der grüne Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck verurteilte die Aktionen: "Die Aktivisten schaden dem Anliegen Klimaschutz massiv. Wer sich wirklich für Klimaschutz einsetzen will, muss die gesellschaftliche Akzeptanz mit im Blick haben."

Erst Anfang Juli sind auch in Dresden Klimademonstranten von wütenden Aktivisten angegriffen worden, kaum dass sie sich die Warnwesten übergezogen und mit Transparenten am Carolaplatz auf die Fahrbahn gestellt hatten. Bei der unangekündigten Aktion liefen sie betont langsam, um den Verkehr zu behindern. Sie wurden sofort von Autofahrern angegangen, von der Straße gezerrt und auch geschlagen. Auch hier ermittelt die Polizei gegen die Demonstranten wie die Autofahrer. (mit dpa)