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Mit dem Laser aus Dresden gegen gefährliche Keime

Das Unternehmen Surfunction entwickelt in Dresden Spezial-Optiken für Lotoseffekte und Anti-Bakterien-Strukturen.

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DLIP-Erfinder Frank Mücklich von der Uni des Saarlandes schaut sich das Labor seines ehemaligen Doktoranden und jetzigen Laser-Professors Andrés
Fabián Lasagni an der TU Dresden an.
DLIP-Erfinder Frank Mücklich von der Uni des Saarlandes schaut sich das Labor seines ehemaligen Doktoranden und jetzigen Laser-Professors Andrés Fabián Lasagni an der TU Dresden an. © Matthias Rietschel

Von Heiko Weckbrodt

Das saarländische Lasertech-Unternehmen Surfunction siedelt sich in Sachsen an: Die um Juli gegründete Tochter Surfunction Tec soll Spezialoptiken für Laser-Interferenzmuster entwickeln. Die dreiköpfige Startmannschaft hat ihre Arbeit nun in den Universellen Werken Dresden aufgenommen. „Für die Zukunft planen wir mit einer zweistelligen Belegschaft in Dresden“, kündigte Dominik Britz an, der sowohl Surfunction-Chef und gemeinsam mit Bogdan Voisiat auch Ko-Geschäftsführer der Surfunction Tec ist. „Wir werden hier perspektivisch einen Millionenbetrag investieren.“

Hintergrund ist eine Technologie, die Professor Frank Mücklich von der Universität des Saarlandes vor über 20 Jahren entwickelt hatte. Er und sein Team lenken und überlappen Laserlicht mit speziellen Linsen, Spiegeln und Prismen so, dass bestimmte Interferenzmuster entstehen, wie man sie so ähnlich aus den Optikexperimenten im Physikunterricht kennt. Mit diesen Dunkel-Hell-Mustern aus energiereichem Licht gravieren die Ingenieure mikroskopisch feine Strukturen auf die Bauteile von Autos, Raumschiffen oder Haushaltsgeräten. Je nach gewähltem Muster entstehen so wenige Mikrometer (Tausendstel Millimeter) kleine Berge und Täler im Material. Die rufen dann zum Beispiel auf einer Bad-Armatur einen Lotos-Effekt hervor, verringern die Reibung von Kugellagern oder verkürzen die Rest-Lebensdauer von Bakterien gegen null.

Die „Muster-Vorlagen“ dafür fand Mücklich in der Biologie: bei den reibungsmindernden Hautoberflächen von Haien, wasserabweisenden Pflanzen und Anti-Keim-Oberflächen einiger Organismen. „Die Antworten auf viele Herausforderungen unserer Zeit sind in der Natur zu finden“, betont auch Surfunction-Chef Dominik Britz. Zwar gibt es zum Beispiel Lotos-effekte bereits seit geraumer Zeit in der Technik. Üblich sind dafür bisher allerdings Beschichtungen, deren Lebensdauer begrenzt ist und die durch Kratzer schnell an Wirkung verlieren. Die Lasergravur dagegen altert kaum. Auch kommt sie ohne Chemie aus.

Saarländisch-Sächsische Technologie bereits im All

Vor allem aber ist das Interferenz-Verfahren so schnell, dass es etwa einen Quadratmeter Oberfläche pro Minute strukturieren kann. Daran wiederum hat Mücklichs einstiger Schüler Andrés Fabián Lasagni großen Anteil, der heute Professor an der TU Dresden und Forscher am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) Dresden ist. Er entwickelte die hier eingesetzten Laser-Optiken so weiter, dass die Anlagen inzwischen pro Minute ganze Quadratmeter von Produktoberflächen behandeln können.

Um dem wachsenden Interesse an der Technologie Rechnung zu tragen, gründeten die Unis des Saarlandes und die TU Dresden 2019 gemeinsam die Surfunction. Die hat seither zwei Geschäftsfelder: Sie lasergraviert einerseits im Auftrag von Kunden deren Produkte mit den gewünschten Funktionsoberflächen. Andererseits verkauft Surfunction komplette Laserinterferenz-Anlagen an Betriebe, die solche Aufwertungsschritte lieber selbst in den eigenen Fabrikhallen erledigen wollen. Zu den Kunden gehören die Autoindustrie, Komsumgüter-Hersteller, Biomedizintechnik-Betriebe und Raumfahrtunternehmen.

Mittlerweile ist Surfunction auf 14 Beschäftigte gewachsen. Übrigens hat es die saarländisch-sächsische Technologie inzwischen auch ins All geschafft: Astronauten von Nasa und Esa untersuchen Hunderte Surfunction-Proben auf der internationalen Raumstation ISS. „Außerdem simulieren sie mit Zentrifugen die Schwerkraftverhältnisse auf dem Mars und dem Mond“, erzählt Mücklich. Die Experimente zielen darauf, herauszubekommen, wie gut die Erfindung aus Deutschland auch auf längeren Expeditionen gegen verkeimte Raumschiffe und Marsbasen hilft. „Wir arbeiten also mit an der Zukunft der Raumfahrt.“