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Eine Entschuldigung reicht nicht

Sollte der Vereinsvorsitzende Ingolf Knajder je wiederholen, was er bei Facebook über Tafelchef Andreas Schönherr geschrieben hat, muss er eine Strafe zahlen. Das könnten bis zu 250 000 Euro sein.

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© Sven Ellger

Von Christoph Springer

Richter Jens Maier traut dem Frieden nicht. Eine Entschuldigung reicht ihm nicht in der Auseinandersetzung zwischen Andreas Schönherr, dem Chef der Dresdner Tafel, und Ingolf Knajder, dem Vorsitzenden des Vereins „Dresdner Bürger helfen Dresdner Obdachlosen und Bedürftigen“. Deshalb hat der Jurist entschieden: Sollte Knajder je wiederholen, was er am 12. Oktober bei Facebook über Schönherr geschrieben hat, muss er eine Strafe zahlen. Das könnten bis zu 250 000 Euro sein. Ersatzweise könnte der Vereinsvorsitzende auch hinter Gitter kommen.

Knajder hatte damals geschrieben, Menschen wie Schönherr „wünsche ich den baldigen Tod und nichts anderes“. Maier sah darin eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Das habe auch Knajder so gesehen, wertete er dessen Entschuldigungsversuche bei Schönherr, von denen der Vorsitzende des Obdachlosenvereins dem Gericht vor Wochenfrist berichtet hatte. „Ich kann gern von der Brücke springen, wenn Herrn Schönherr das recht ist“, regte sich Knajder damals darüber auf, dass seine Bemühungen nicht ankamen beim Chef der Dresdner Tafel.

So weit muss er nicht gehen. Nachdem zuvor aber ein Einigungsversuch vor Gericht gescheitert war, bestanden Schönherrs Anwälte auf der Unterlassungserklärung. Dass Knajder seine Äußerung am 23. Oktober in einem Entschuldigungstext bei Facebook wiederholt hat, legte ihm Maier dagegen nicht zur Last. Anders als die Anwälte des Tafel-Chefs wertete er diese Äußerung nicht als Wiederholung des Todeswunsches sondern als Teil einer der Entschuldigung.

Ingolf Knajder ist mit der Entscheidung des Richters zufrieden. „Das habe ich ja schon vorher gesagt, dass ich das nicht wiederhole“, sagte der Chef des Obdachlosenhilfe-Vereins. Dem Rat von Maier, auf Schönherr zuzugehen und seinen Frieden mit ihm zu machen, will er aber nicht folgen. „Ich habe kein Problem, mit der Tafel zusammenzuarbeiten, aber garantiert nicht mit Herrn Schönherr“, erklärte er seine Position. Der Tafel-Chef ist für ihn ein rotes Tuch, seit dieser seinerseits eine Zusammenarbeit mit dem im Sommer gegründeten Verein für Obdachlosenhilfe abgelehnt hatte. Schönherrs Position: Knajder und mehrere Mitstreiter seiner Organisation sympathisieren mit Pegida und lehnen Hilfe für Flüchtlinge ab.

Der Tafel-Chef mochte sich am Freitag noch nicht zu dem Urteil äußern. „Über eine Bewertung und wie wir weitermachen, möchte ich mit meinem Rechtsanwalt sprechen, danach äußern wir uns“, sagte er auf SZ-Anfrage. Genau wie Knajder und dessen Rechtsvertreter Maximilian Krah hatten Schönherr und dessen Anwälte darauf verzichtet, sich die Entscheidung selbst im Gericht anzuhören. „Wir können die Entscheidung erst werten, wenn uns die Urteilsbegründung vorliegt“, sagte der Leipziger Anwalt Jonas Kahl, der Schönherr auch in der Auseinandersetzung um dessen Agieren an der Tafel-Spitze unterstützt.

Schon vor Wochenfrist hatte er angekündigt, dass es in einer weiteren Gerichtsverhandlung gegen Knajder noch um Schmerzensgeld für Schönherr gehen könnte. Da war von bis zu 20 000 Euro die Rede. Richter Jens Maier deutete daraufhin an, dass dieses Ansinnen scheitern könnte und die Schadensersatz-Summe nach seiner Ansicht viel zu hoch angesetzt ist.

Auch beim Streitwert, der das juristische Gewicht der Auseinandersetzung in Euro ausdrücken soll, bremste Maier die Anwälte des Tafel-Chefs. Sie taxierten ihn auf 15 000 Euro, der Richter setzte ihn auf 10 000 Euro fest. Das bedeutet, dass die Beteiligten reichlich 700 Euro Gerichtskosten zahlen müssen. Rechtsanwalt Jonas Kahl geht davon aus, dass Knajder und sein Mandant jeweils die Hälfte dieser Summe übernehmen müssen.

Während sich die Beteiligten mit Kommentaren zur Entscheidung im Landgericht zurückhielten, wurde Ingolf Knajder bei Facebook beglückwünscht. „Die Vernunft, die Realitäten und unser Verein haben gewonnen“, stellte der Dresdner Jürgen Steffenhagen fest. Ein anderer Facebook-Nutzer meinte, Knajder habe sich „absolut korrekt verhalten“. Da war der Vorsitzende des Obdachlosenhilfe-Vereins vor Wochenfrist schon weiter. Er gab damals zu, sein Todeswunsch für Schönherr sei „ein dummer Satz“ gewesen.