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Hass-Prozess in Dresden: Hohe Strafe für Ingolf Knajder gefordert

Der Chef des Dresdner Obdachlosenvereins, Ingolf Knajder, soll über sein Facebook-Profil zu Hass gegen den Islam aufgerufen haben. Nun wird über die Verjährung der Taten gestritten.

Von Alexander Schneider
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Der Dresdner Obdachlosenvereinschef Ingolf Knajder soll über sein Facebook-Profil zum Hass gegen den Islam aufgerufen und den Holocaust geleugnet haben.
Der Dresdner Obdachlosenvereinschef Ingolf Knajder soll über sein Facebook-Profil zum Hass gegen den Islam aufgerufen und den Holocaust geleugnet haben. © Fabian Sommer/dpa

Dresden. Eigentlich müsste Ingolf Knajder, Chef des Vereins "Dresdner Bürger helfen Dresdner Obdachlosen und Bedürftigen", erleichtert sein. Von zehn Anklagepunkten hat die Staatsanwaltschaft nun von sich aus neun fallengelassen. Doch von Erleichterung keine Spur.

Knajders Verteidiger Michael Bürger wies die Bemerkung der Staatsanwältin zurück, dass nicht er schon das Verjährungsproblem angesprochen habe. Sein Mandant sei in allen Punkten freizusprechen, es gebe keinen klaren Beweis dafür, Inhaber des Facebook-Kontos zu sein, in dessen Name der Hass gesät wurde.

Schon seit Mai verhandelt das Amtsgericht Dresden wegen Volksverhetzung und Beleidigung gegen den 58-Jährigen. Ein Grund für die Dauer ist eine aktuelle Polizei-Anfrage bei Facebook, die nun überraschenderweise beantwortet wurde. In aller Kürze: Die Antwort war zumindest keine Entlastung für den Betroffenen.

Neun der zehn Taten sind verjährt

Neun Taten seien absolut verjährt, argumentierte die Staatsanwältin. Sie ist neu in dem Verfahren und habe daher die Vorwürfe auf die Verjährungsproblematik hin geprüft. Weil alle Taten "Aussagedelikte" seien, müsse als Tatzeit der Zeitpunkt der Veröffentlichung herangezogen werden, und nicht, wie lange Knajders Hetze noch auf seiner Facebook-Seite öffentlich zu lesen war.

Nachdem Knajder 2018 angezeigt wurde, fanden die Ermittler selbst 2019 noch inkriminierte Passagen. Allerdings: Die Hass-Postings waren bereits zwischen 2012 und 2016 veröffentlicht worden.

Nur bei einem Kommentar – der Angeklagte soll am 13. Februar 2016, Jahrestag der Bombardierung Dresdens, den Massenmord an den Juden in der NS-Diktatur verharmlost haben – lägen Verjährungsunterbrechungen vor, sodass er dafür zu verurteilen sei, so die Staatsanwältin. Sie forderte eine Geldstrafe von 4.500 Euro für diesen einen Kommentar. Knajder zeige mit der Vielzahl seiner Postings, dass er einer "äußerst gefährlichen" Ideologie anhänge.

Hacker-Angriff wenig plausibel

Auch sein Verhalten ließe nicht darauf schließen, dass sein Facebook-Profil von Dritten gehackt worden sein könnte. Immerhin habe er die Hass-Kommentare in all den Jahren nicht gelöscht. Selbst die Holocaust-Sache habe Knajder lediglich auf "privat" gestellt, sie seien für seine Facebook-Freunde weiterhin sichtbar gewesen.

Verteidiger Bürger hielt dagegen: Die dem Facebook-Konto "Man of Charity" hinterlegten Daten, etwa eine E-Mail-Adresse und eine Handynummer, seien seinem Mandanten nicht zuzuordnen. Nur ein "schwaches Indiz" sei, dass von Knajders Bankkonto bis heute die Rechnungen des fraglichen Handys bezahlt werden, das zur Tatzeit auf den Namen seiner inzwischen verstorbenen Mutter angemeldet war.

Der Angeklagte selbst hat sich zu den Vorwürfen nicht geäußert. Unter anderem soll Knajder den Islam als "Hass- und Gewaltorganisation" bezeichnet, Muslime als "Scheiß-Araber", "Spasten und Vollidioten" verunglimpft haben. Eine IT-Forensikerin des Landeskriminalamtes Sachsen hatte vor den Plädoyers ausgesagt, ihr sei kein Fall gehackter Facebook-Konten bekannt, wenngleich dies möglich sei.

Weil auch die Richterin vor ihrer Entscheidung die Verjährung prüfen will, setzte sie für die Verkündung einen weiteren Termin an.