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"Tatort" aus Hamburg: Wotan Wilke Möhring blüht auf

Der "Tatort" aus Hamburg war zum Verrücktwerden spannend, auch wenn er in ein paar Klischee-Fallen tappte.

Von Johanna Lemke
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Wotan Wilke Möhring als Falke wird zur Randfigur.
Wotan Wilke Möhring als Falke wird zur Randfigur. © NDR/O-Young Kwon

Normalerweise soll nur das Auto brennen." Ein Satz voll zynischer Ehrlichkeit. Leider hat es diesmal eben nicht nur das Auto erwischt, die Flammen griffen auf das Wohnhaus über, die Mutter eines Babys wurde schwer verletzt. Ihr Mann: ein Polizist. Der Verdacht: Attentäter aus der linksautonomen Szene. Kommissarin Julia Grosz begibt sich als verdeckte Ermittlerin in dieses Milieu.

Dazu muss man sagen: Immer, wenn ein deutscher Krimi versucht, eine Subkultur abzubilden, droht das Klischee. So auch in diesem Hamburger "Tatort". Kommissarin Grosz sucht ihre alte Freundin Ela in dem linksautonomen, radikalfeministischen Zentrum, und natürlich stehen überall Bierflaschen herum, es werden übermäßig viele Chips gegessen, und irgendjemand ruft immer "Fuck!".

Ein diverser "Tatort", auch hinter der Kamera

Abgesehen von dieser überspitzten Darstellung der linken Szene war der neueste "Tatort" aus Hamburg ein Krimi, wie es sich gehört. Die Spannung ist zum Verrücktwerden, Grosz gerät immer tiefer in die linksautonome Szene – bald zu tief. Parallel ermittelt ihr Kollege Thorsten Falke zu dem Brandanschlag und stellt fest: Irgendwas stimmt da nicht, denn alle Anschläge dieser Art richteten sich gegen Polizisten, die unter Verdacht stehen, auf Streife Gewalt angewendet zu haben.

Erfrischend ist es, dass in dieser Episode Franziska Weisz der Raum für die Entwicklung der Kommissarin Grosz gegeben wird. Wotan Wilke Möhring als Falke ist Randfigur, darin blüht er fast mehr auf als in der Hauptrolle. Er lockert mit seiner trocken-hanseatischen Art die zunehmende Dramatik des Films auf.

Denn es stellt sich heraus, dass der mörderische Anschlag – die schwer verletzte Mutter stirbt im Laufe des Films – gar nicht durch die linksautonome Szene verursacht wurde. Doch leider ist es schon zu spät, Ela ist nicht mehr zu retten und Kommissarin Grosz aufgeflogen. Kein Happy End also, dafür hält Regisseurin Mia Spengler anderthalb Stunden konsequent die Spannung.

Kommissarin Julia Grosz (links) trifft ihre alte Freundin wieder - und gerät zu tief hinein in den Fall.
Kommissarin Julia Grosz (links) trifft ihre alte Freundin wieder - und gerät zu tief hinein in den Fall. © NDR/O-Young Kwon

Spengler hatte sich übrigens für diesen Film vertraglich zusichern lassen, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen – Frauen, People of Colour oder Menschen mit Behinderung – zu einem gewissen Prozentsatz im Team vertreten sein müssen. Eine Quote, die der deutsche Film dringend braucht und die, das beweist dieser Hamburger "Tatort", der Qualität keinen Abbruch tut.