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Wenn Mäuse den Wald totknabbern

Sie sind klein und niedlich, aber sie richten große Schäden an. Nicht nur auf dem Feld, auch im Wald werden Mäuse zur Bedrohung.

Von Luisa Zenker
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Franziska Höhn und Prof Michael Müller vom Institut für Waldschutz.
Franziska Höhn und Prof Michael Müller vom Institut für Waldschutz. © Daniel Schäfer

Die junge Wissenschaftlerin Franziska Höhn setzt auf Schokocreme und Rosinen. Und auf Erdnussbutter, denn die lieben die Mäuse besonders gern. Mit diesen drei Geheimzutaten fängt sie die kleinen Nager im Wald, die sie später genauer untersuchen möchte. Bis zu 100 Fallen können das dann mal pro Standort sein. Sie will herausfinden, wie die Mäuse leben, um den Forst vor großen Schäden zu bewahren.

Eigentlich findet die Nachwuchswissenschaftlerin Franziska Höhn Mäuse ganz niedlich. Sie spielen ja schließlich auch eine wichtige Rolle im Ökosystem Wald, verbreiten Samen von Waldbeeren und dienen selbst als Nahrung für Mäusebussard oder Fuchs. Besonders die Kurzschwanzmausarten wie die Erdmaus mag Franziska Höhn. Dabei seien die besonders schädlich für den Forst.

Denn die Kurzschwanzmäuse lieben die Rinde und die Wurzeln von jungen Laubbäumen, wie Buche, Eiche oder Ahorn. Das schmecke ihnen vielleicht sogar besser als Erdnussbutter und Rosinen. Das Problem dabei: Derzeit gibt es viele Flächen voller neu gepflanzter Laubbäume, denn durch Sturm, Trockenheit und Borkenkäfer mussten viele Fichtenbestände kahlgeschlagen werden. Ehe die kleinen Bäume groß werden, ist es dort warm und sonnig. Gras und Gestrüpp breiten sich aus, der optimale Lebensraum für die Maus. Oder besser gesagt die Mäuse, denn aus einer können schnell Tausende werden.

Laubbäume besonders gefährdet

Wird im Herbst die Nahrung knapp, nagen die kleinen Tierchen die Rinde der jungen Laubbäume an. In der Folge sterben die Pflanzen oft ab, ganze Bestände fallen den Mäusen zum Opfer. "Für Fichten interessiert sich keine Maus. Sie wollen die Laubbäume" sagt Michael Müller. Er ist Professor für Waldschutz an der TU Dresden in Tharandt und betreut die Arbeit von Franziska Höhn. Aber um die Forstwälder an den Klimawandel anzupassen, brauche es eben artenreichere Mischwälder.

Was die kleinen Nager freut, kostet die Förster aber viel Geld. "10.000 Euro für ein Hektar neu gepflanzte Eichen", rechnet Michael Müller vor. Kommt die Maus, sei die Investition dahin. "Deutschlandweit sind über 300.000 Hektar Freiflächen durch Dürre und Borkenkäfer entstanden. Sie müssen jetzt neu aufgeforstet werden." Bevorzugt mit Laubbäumen, denn die Fichte habe angesichts des Klimawandels keine Zukunft hier. Optimale Knabberbedingungen also für die Nager.

Feldmaus und Erdmaus am schädlichsten

Maus sei aber nicht gleich Maus. Und Grasland nicht gleich Grasland. Deshalb macht sich Franziska Höhn nun auf die Suche. Sie will wissen, wo und wie die Mäuse leben. Was sind ihre Lieblingshabitate, was fressen sie besonders gern. Sie will die Flächen frühzeitig erkennen, um schnell genug handeln zu können.

Die Nachwuchswissenschaftlerin zeigt auf einen Schaukasten mit verschiedenen Mäusearten. Das da rechts sind die Kurzschwanzmäuse. Davon sind die Feldmaus und Erdmaus am schädlichsten. "Mir wurde einmal gesagt, man kann sich erst dann um Probleme kümmern, wenn diese auch tatsächlich da sind. Aber Mäuse stellen schon immer ein Problem für junge Pflanzen dar. Nur jetzt ist Thema Mäuse nochmal relevanter geworden."

Mehrere Mäusearten: Feldmaus, Erdmaus und Röttelmaus (von rechts) sind besonders schädlich für den Forst
Mehrere Mäusearten: Feldmaus, Erdmaus und Röttelmaus (von rechts) sind besonders schädlich für den Forst © Daniel Schäfer

Franziska Höhn wird drei Jahre lang die Mäuse erforschen. Die 31-jährige arbeitet aber schon länger für Professor Michael Müller. Er selbst sitzt seit den 2000ern an dem Thema. Aber zu der Zeit habe sich noch niemand so richtig dafür interessiert. Michael Müller hatte damals ein Rodentizid mitentwickelt. Rodentizid - dazu sagen manche Mäusegift, andere Pflanzenschutzmittel. Doch je nachdem wie man es nennt, das Rodentizid werde im Wald bisher kaum angewendet.

Pflanzenschutz oder Mäusegift

Der Grund: Nicht nur die schädlichen Kurzschwanzmäuse könnten so vergiftet werden, sondern auch die geschützte Haselmaus. Deshalb sei es so wichtig, schon frühzeitig zu erkennen, welche Flächen besonders betroffen sein könnten, sagt Franziska Höhn. Dass Mäuse in schädlich und nicht-schädlich eingeteilt werden, habe aber auch etwas mit den wirtschaftlichen Zielen der Menschen zu tun, erklärt Michael Müller. Dem Wald selbst sei es herzlich egal, wer darin wohne und was er anstelle.

Doch wie nun umgehen mit den Mäusen? Franziska Höhn persönlich findet eine Kombination gut. Sitzstangen für Greifvögel. Ein langsamer Umbau von der Fichte zum Mischwald. Große Flächen dürften nicht lange freistehen. Aber auch das Rodentizid sollte nicht gänzlich verschmäht werden. Wenn die Mäuse einmal die grüne Knabberei entdeckt hätten, müsse den Förstern auch geholfen werden.

Zumal es strenge Vorschriften gebe, nach denen das Gift nur in den Mäusegängen ausgebracht werden könne. "Das Risiko, dass da andere Tiere drunter leiden, sei sehr gering", sagt Professor Müller, der dabei auch die Investitionen der Waldbesitzer denkt. Ob Gift oder nicht - so einfach sei es eben leider nicht. "Es gib kein schwarz-weiß, sondern es ist eher grau wie eine Maus", schlussfolgert Franziska Höhn.

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