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Freital ehrt Schriftstellerin Marianne Bruns - wer aber war sie?

Geplant ist eine Gedenktafel am ehemaligen Niederhäslicher Wohnhaus. Es geht bei der Ehrung nicht nur um eine einzige Frau.

Von Katrin Fiedler
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Portrait der Schriftstellerin Marianne Bruns: Einst öffentlich zu sehen, befindet es sich aktuell im Depot der Städtischen Sammlungen auf Schloss Burgk.
Portrait der Schriftstellerin Marianne Bruns: Einst öffentlich zu sehen, befindet es sich aktuell im Depot der Städtischen Sammlungen auf Schloss Burgk. © Peter Kuner

Sie waren klug, zielstrebig und regional verbunden: Frauen, die uns auch heute noch als Vorbilder dienen könnten. „Grund genug, historische weibliche Persönlichkeiten im öffentlichen Raum sichtbar werden zu lassen“, meint Ute Genderjahn. Sie ist eine der sechs Frauen, die sich gemeinsam mit Freitals Gleichstellungsbeauftragten Jona Hildebrandt im Arbeitskreises „Frauen für Freital“ engagieren. Die Ehrenamtlichen bereiten die Einweihung des zweiten „Frauenortes“ für den 24. August vor. Dann soll eine Gedenktafel für die Schriftstellerin Marianne Bruns in Niederhäslich am Dorfanger aufgestellt werden. „Dort, wo die Schriftstellerin lebte“, weiß Ute Genderjahn zu berichten.

Kinderbücher, Romane und Gedichte von Marianne Bruns

„Sie wurde in Leipzig geboren und verstarb in Dresden. Dieses Jahr ist ihr 30. Todestag“, erzählt Ute Genderjahn. Von der Schriftstellerin, die sie bei Lesungen noch selbst erlebte, ist sie begeistert. „Marianne Bruns ist eine sehr vielfältige Künstlerin. Sie schrieb unter anderem Kinderbücher, Romane und starke Gedichte“, so die Freitalerin, und erinnert sich an einen Satz von Bruns: "Ein Leben ohne Schreiben ist für mich kein Leben".

Verbrieft ist, dass Marianne Bruns bis ins hohe Alter geschrieben hat. Dabei war das Leben der Schriftstellerin voller Brüche. Zunächst studierte die Tochter eines Wäschereibesitzers aus Breslau Gesang. Ihre Stimme wurde jedoch stärker, als Marianne Bruns begann, zu schreiben. "Sie war eine gute Beobachterin und suchte sehr feinfühlig den Weg zu ihren Lesern", sagt Ute Genderjahn.

In der DDR: Vaterländischer Verdienstorden an Bruns

Die Stellung der Frau in der Gesellschaft war für Marianne Bruns ein sehr wesentliches Thema. So verwebt sie etwa in ihrem Roman "Uns hebt die Flut" die Lebenslinien historischer Frauenpersönlichkeiten wie Käthe Kollwitz oder Clara Zetkin mit den von ihr erdachten weiblichen Gestalten. Lebendige Vorlagen für ihre Roman-Figuren fand Bruns mit Sicherheit während der Leitung der familieneigenen Wäscherei, die sie nach dem Tod ihres Vaters übernahm - und im ganz alltäglichen Leben. Ute Genderjahn: "Marianne Bruns las in vielen öffentlichen Räumen, zum Beispiel auch im Freitaler Edelstahlwerk." Ohne Diskussionen im Anschluss ging es dabei nicht ab.

Auszeichnungen erhielt Freitals bekannteste Schriftstellerin viele, unter anderem den Vaterländischen Verdienstorden.

1945 kam Marianne Bruns als Flüchtling nach Niederhäslich, wohnte dort an der Poisentalstraße gemeinsam mit Eva und Wolfgang Schumann in einem Haus. Das künstlerisch wie publizistisch aktive Paar teilte mit Freitals bekanntester Schriftstellerin vieles. Marianne Bruns ist - wie auch die Übersetzerin Eva Schumann - Ehrenbürgerin der Stadt Freital und soll nun bald eine Gedenktafel erhalten, am Frauenort in Niederhäslich. Eine gleichnamige Straße, die an die Schriftstellerin erinnert, gibt es schon in Freital.

Marianne Bruns gibt es bald auch zum Wandern

Damit bekommt Freital gleichzeitig einen sogenannten Frauenort. Bereits im Herbst 2021 erhielt Freital den ersten solchen Ort. An der Ecke Reichard­stra­ße/ Burg­ker Stra­ße wird Deutschlands erster Ballonfahrerin, Wilhelmine Reichard, mit einer Erinnerungstafel gedacht. Sie befindet sich unweit des denkmalgeschützten Wohnhauses, wo die Wissenschaftlerin bis zu ihrem Tod im Jahr 1844 lebte.

Besuchen den neuen Frauenort in Niederhäslich: Karin Prautzsch-Gutschlich, Sabine Böhm, Gleichstellungsbeauftragte Jona Hildebrandt und Ute Genderjahn (v.l.n.r.) vom Arbeitskreis "Frauen für Frauen" (v.l.n.r.).
Besuchen den neuen Frauenort in Niederhäslich: Karin Prautzsch-Gutschlich, Sabine Böhm, Gleichstellungsbeauftragte Jona Hildebrandt und Ute Genderjahn (v.l.n.r.) vom Arbeitskreis "Frauen für Frauen" (v.l.n.r.). © Foto: Privat/Ludwig Genderjahn

"Die Frauenorte sind eine besondere Chance, auf das Lebenswerk von Frauen aufmerksam zu machen, die Besonderes geleistet und mit ihrem Handeln und Wirken Mut, Freude und Courage vermittelt haben", sagt Freitals Gleichstellungsbeauftragte Jona Hildebrandt. Gemeinsam mit Ute Genderjahn und der Gruppe "Frauen für Freital" setzt sich Jona Hildebrandt für mehr Sichtbarkeit von Frauen in sehr vielfältiger Weise ein, und sie suchen weitere Mitstreiterinnen.

Die Idee für Frauenorte kam vom Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt. Er startete während der Expo 2000 mit diesem Projekt. Schon zwei Jahre später hatte das Bundesland 30 Frauenorte.

In Sachsen gibt es derzeit 37 Frauenorte, fünf neue kommen in diesem Jahr dazu. Für den Landkreis Sächsische Schweiz Osterzgebirge gibt es weitere Ideen. Wann der nächste Ort eingeweiht wird, kann Freitals Gleichstellungsbeauftragte nicht sagen. Fest steht jedoch, dass die Akteursrunde Niederhäslich in diesem Jahr Marianne Bruns einen gleichnamigen Wanderweg mit Erklärtafeln widmen wird. Schließlich wanderte Freitals Ehrenbürgerin in und um Niederhäslich mit großer Leidenschaft.