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Freitals fantastische Figurenwelten

Ausdrucksreich, grazil und kraftvoll geformte Arbeiten sind in der Ausstellung "Schamotte-Skulptur" im Einnehmerhaus in Freital zu bestaunen.

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Eine kluge Eule schaut durch den Ausstellungsraum. Die Arbeit stammt von Karin Heyne.
Eine kluge Eule schaut durch den Ausstellungsraum. Die Arbeit stammt von Karin Heyne. © Egbert Kamprath

Von Lilli Vostry

Vielgestaltig schauen sie in die Welt. Geformt und gebrannt in Schamottestein, farbig bemalt, sorgen die mit viel Liebe, Witz und Feingefühl gestalteten Arbeiten von neun Künstlerinnen für Freude, Staunen und Denkanstöße in der Ausstellung "Schamotte-Skulptur". Eröffnet wurde diese am 13. Januar beim Kunstverein im Einnehmerhaus in Freital, Dresdner Straße 2, zum zehnjährigen Jubiläum des Symposiums für Künstlerinnen im Schamottewerk Radeburg.

Die Künstlerinnen zeigen eine Auswahl ihrer dort entstandenen Werke - alles Unikate. Mit dabei sind Katrin Jähne, Sophie Altmann, Christa Donner, Karin Heyne, Gabriele Reinemer, Eva Bröer, Angela Hampel, Theresa Wenzel und Maria Luise Faber.

Darstellungen inspiriert aus der Natur

Zu sehen sind figürliche und abstrakte Arbeiten, angeregt von der Mensch- und Tierwelt und der Natur in ihren vielen Erscheinungsformen. Sie stehen, sitzen und liegen auf weißen Stelen und ziegelfarbenen Schamotteplatten. Darunter eine sitzende Frauenfigur mit grazilem Kopf, zusammengefügten Körperteilen und sichtbaren Hohlräumen.

"Schamottestein ist ein sehr grober Ton. Die weiche Masse kommt frisch aus der Strangpresse. Danach kann man dünne oder dicke Schamotteplatten als Unterlage verwenden, Teile herausschneiden, zusammenbauen und mit den Händen und Werkzeug die Skulpturen bearbeiten", sagt Karin Heyne, Initiatorin des Künstlerinnen-Symposiums zu diesem besonderen Material.

Zu ihrer anmutig kraftvollen Frauenfigur gesellt sich eine Eule, die neugierig und schelmisch mit weißem Gesicht und dunkel glänzenden Augen in den Raum schaut. Da hockt außerdem eine gelbäugige Katze, neben ihr eine kleine Liegende, hüllenlos beim Sonnenbad, außerdem ragt ein dunkler, kantiger Kopf mit Stegen und Verstrebungen heraus.

Zwei Clownsgesichter mit schwarz-weißen Schachbrettkappen. Arbeit von Angela Hampel.
Zwei Clownsgesichter mit schwarz-weißen Schachbrettkappen. Arbeit von Angela Hampel. © Egbert Kamprath

Der ist das älteste Stück in der Ausstellung und ebenfalls von Karin Heyne. Die Glasur, Engobe genannt, entsteht mit dem Brand. "Durch den Holzbrand im Lehmofen überzog sie wie ein Ascheanflug den Kopf", erzählt sie.

Das Kunstprojekt bestehe eigentlich schon seit mehr als zwölf Jahren. "Wir brauchten Lehm und fragten herum, auch im Schamottewerk Radeburg. Doch stattdessen bekamen wir dort eine Pkw-Ladung ungebrannter Schamotteplatten, begannen damit zu arbeiten und fanden Gefallen daran", so Karin Heyne.

Zufällig entdeckt: das Material Schamotte

Seit 1993 leitet sie die Sommerworkshops zum Bau von Lehmöfen zum Brennen von Keramik bei Moritzburg. Außerdem ist sie seit vielen Jahren Kursleiterin der Keramikkurse in der Kreativen Werkstatt in Dresden. Jedes Jahr im September trifft sich eine Gruppe von Künstlerinnen seither im Schamottewerk Radeburg, wo sie in einer Lagerhalle eine Woche lang gemeinsam arbeiten und mit dem Material experimentieren. Vier der Künstlerinnen in der Ausstellung sind von Anfang an dabei, darunter Christa Donner und Gabriele Reinemer.

Später kamen weitere gestandene Künstlerinnen wie Angela Hampel und jüngere wie Sophie Altmann dazu. "Jede Handschrift ist eine Anregung. Denn jede Künstlerin arbeitet anders", so Karin Heyne. Davon erzählt ausdrucksreich die Ausstellung. Da treffen verschiedene Farbtöne von hell, sandig, leuchtend orange und erdig aufeinander, fasziniert und beeindruckt der Kontrast von spröder, rauer Oberfläche und Zartheit der Form von Körpern und Gesichtern, die kraftvoll und verletzlich wirken.

Manche Skulpturen sind bemalt mit Gips und Farbe. Eine Frauenbüste mit Stachelhaar, weißem Tuch und Herz in der Hand und einen Kopf mit gitterähnlicher Kleidung, neben einem sich putzenden Kätzchen aus Schamotte, zeigt Christa Donner.

Sie besitzt stacheliges Haar und trägt ein Herz in ihrer Hand. Arbeit von Christa Donner.
Sie besitzt stacheliges Haar und trägt ein Herz in ihrer Hand. Arbeit von Christa Donner. © Egbert Kamprath

Berührend auch die Installation mit zwei roten Herzen voll schwarzer Kerben und an Schnüren hängenden, spitzen Teilen wie Patronenhülsen und davor ruhenden Clownsgesichtern mit schwarz-weißen Schachbrettkappen, die von Angela Hampel stammen. Ein erdbraunes Gesicht ohne Narrenkappe von ihr liegt mit schwarz offenem Mund auf verbranntem Boden, umzingelt von Schlangen und Würmern. Ein sitzender, weißer Frauenakt mit verschränkten Beinen sitzt vorm Fenster in der Wintersonne und ein Stück weiter eine kniende Figur in dunklem Gewand, beide von Katrin Jähne.

Wild und sanft nah beieinander die Affen und der Schafskopf von Theresa Wenzel. Abstrakte Skulpturen, darunter ein "Gewächs", das wie ein Schiff mit herausschauenden Köpfen wirkt, eine "Wabe" und "Zwei" in Gestalt von Puzzleteilen nebeneinander, hat Eva Bröer aus Tharandt mitgebracht und formspielende Gefäße Sophie Altmann.

Mit Sonne und Mondsichel verziertes Bauwerk von Gabriele Reinemer.
Mit Sonne und Mondsichel verziertes Bauwerk von Gabriele Reinemer. © Egbert Kamprath

Eine Ziegelzeile aus Buchstaben und Ornamenten von Maria Luise Faber steht neben archaisch, zeichenreich bemalten Figuren und Objekten der Radebeuler Künstlerin Gabriele Reinemer. Anziehend und abwehrend, bedrohlich zugleich wirken ihre mit Nägeln bestückten Bauwerke, Sonne und Mondsichel bewehrt mit Schutzschilden und die dolchartigen kleinen Körper.

"Es hat sich eine gute Zusammenarbeit zwischen den Schamottewerkern und den Künstlerinnen entwickelt, die beim Abschlusstreffen ein Essen für sie zubereiten und sich mit einem Werk aus der Gruppe bei ihnen bedanken. Wir hoffen, dass diese Möglichkeit des Kunstsymposiums noch lange erhalten bleibt", sagt Karin Heyne.

Die Ausstellung "Schamotte-Skulptur" ist noch bis 9. März zu sehen. Öffnungszeiten: Do und Sa 10 – 17 Uhr, Fr und So 14 – 17 Uhr. Informationen unter www.kunstvereinfreital.de.

Zwei Workshops zu figürlichem Gestalten mit Ton mit Christa Donner finden am 25. Januar und 1. Februar, jeweils von 10 bis 12.30 Uhr, im Einnehmerhaus in Freital statt. Interessierte können sich über den Kunstverein dort anmelden.