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Freital hat ein Vandalismus-Problem

Schmierfinken besudeln die neue Bergbau-Schauanlage. Beim Verein ist man entsetzt über das Ausmaß. Es ist nur ein Vorfall von vielen.

Von Annett Heyse
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Knallpink prangt das Graffiti auf der neu angelegten Schauanlage. am Müllers Weg in Freital.
Knallpink prangt das Graffiti auf der neu angelegten Schauanlage. am Müllers Weg in Freital. © Annett Heyse

Wieland Büttner ist eigentlich ein gesprächiger Mann. Der Vorsitzende des Bergbau- und Hüttenvereins Freital kann lange Vorträge über Schächte, Stollen und Huthäuser im Weißeritztal halten. Jetzt aber ist auch er erst einmal sprachlos. "Der Ärger sitzt tief. Wir sind entsetzt und wütend", sagt er dann und man merkt seiner gepressten Stimme an, dass er Mühe hat, seine Gefühle im Zaum zu halten.

Denn die Bilder, die ihn wenige Stunden zuvor per WhatsApp erreichten, sind tatsächlich von einer gewissen Sprengkraft. "Damit ist eindeutig die Grenze überschritten. Das ist kein Unsinn mehr, das ist blanker Vandalismus", sagt Büttner.

Zu sehen ist die neue Schauanlage an Müllers Weg, welche der Bergbau- und Hüttenverein dort vor kurzem errichten ließ. Man sieht eine Betonwand, davor ein Sandsteinoval mit Foto von einem Fördermann, daneben hängen Informationstafeln. Die Betonwände waren im Frühjahr kaum errichtet, als bald erste Krakeleien daran auftauchten.

Nun jedoch haben Schmierfinken die Tafeln großflächig besprüht. Knallpink prangt das Graffiti den Passanten entgegen. Auch Klinkermauerwerk und Sandstein wurden nicht verschont. "Es ist traurig", sagt Büttner.

Erinnerung an Freitaler Steinkohlebergbau

Der kleine Verein, dem gut ein Dutzend Mitglieder angehören, hatte sich so intensiv mit diesem öffentlichkeitswirksamen Projekt beschäftigt und auch viel Geld investiert. Das Sandsteinoval stammt aus einem alten Steinkohlebergwerk bei Dresden-Gittersee. Es wurde dort vor drei Jahren bei Sanierungsarbeiten entdeckt.

Der Bergbauverein sicherte sich die gut erhaltene Steinmetzarbeit und ließ sie an Müllers Weg wieder aufbauen. Dort befand sich vorher ein Hang mit unscheinbarer Mauer. An dieser Stelle kam einst eine Rösche, also ein Wasser-ableitender Stollen, ins Freie. Sie gehörte zum ehemaligen Augustusschacht am Fuße des Windbergs.

Um an das alte Bergwerk und den Steinkohlebergbau im Weißeritztal zu erinnern, wurde nicht nur das alte Sandsteinportal aufgestellt, sondern auch eine Informationstafel angebracht. Um das Projekt zu finanzieren, beantragte der Verein Fördermittel und erhielt auch Spenden von zahlreichen Firmen. Insgesamt habe man um die 10.000 Euro investiert, sagt der Vereinsvorsitzende. "Das ist für uns richtig viel Geld."

Die ehrenamtlichen Arbeitsstunden, die die Vereinsmitglieder leisteten, kämen da noch obendrauf.

Professionelle Unterstützung gesucht

Ratlos ist man erst einmal, wie es nun weitergehen soll. Eine Anzeige bei der Polizei ist erstattet, der Schaden noch nicht beziffert. Die Tafel, sagt Büttner, hätte eine Graffiti-Schutzschicht. "Die bekommen wir bestimmt problemlos wieder sauber."

Schwerer wiege deshalb die Farbe auf Betonwänden und Sandstein. Diese müsste von einer professionellen Reinigungsfirma entfernt werden. "Aber als kleiner Verein können wir das nicht bezahlen."

Wieland Büttner ist der Vorsitzende des Bergbau- und Hüttenvereins Freital. Der Verein steckt viel ehrenamtliche Arbeit in den Erhalt und die Pflege von Freitals unterirdischer Vergangenheit.
Wieland Büttner ist der Vorsitzende des Bergbau- und Hüttenvereins Freital. Der Verein steckt viel ehrenamtliche Arbeit in den Erhalt und die Pflege von Freitals unterirdischer Vergangenheit. © Egbert Kamprath

Der Vandalismus ist auch deshalb so ärgerlich, weil die Schauanlage demnächst an die Stadt übergeben werden sollte. Es ist der Betrag des Bergbau- und Hüttenvereins zum 100. Gründungsjubiläum Freitals, das bereits im vergangenen Jahr gefeiert wurde und am 3. Oktober 2022 zu Ende geht.

Der Vorfall zeigt aber auch, das Freital ein Problem hat und das nicht nur an Müllers Weg.

Freital hat ein Vandalismus-Problem

Schmierereien und Graffiti, Müll und Verunreinigungen, Sachbeschädigung und blinde Zerstörung - seit Jahren sind insbesondere neu angelegte Spielplätze, Parks und Grünflächen in Freital das Ziel.

Mal werden die Fitnessgeräte im Mehrgenerationenpark attackiert, dann wieder die Blumenkästen auf den Weißeritzbrücken. Rund um die Skateranlage hinter der Sporthalle Turnerstraße sieht es mitunter aus wie auf einer Müllhalde, ebenso rund um dem Neumarkt.

Im Mai 2020 sperrte die Stadt sogar vorübergehend die Skaterbahn am Oppelschacht, als das Müllproblem dort überhandnahm.

Die Brennpunkte sind bekannt, die Stadtverwaltung teilt mit, dass sie jedes Jahr eine fünfstellige Summe für Reparatur und Beseitigung von Vandalismus ausgibt - und da sind die Reinigungskosten noch nicht mal eingerechnet. Doch viele Freitaler haben das Gefühl, das keiner das Problem an der Ursache anpackt.

Anzeige bei der Polizei ist raus

Auch Wieland Büttner kann davon berichten. "Es wurde vor Wochen mal jemanden erwischt, der an Müllers Weg die Wände unserer Anlage bekritzelt hatte. Der Schaden lag bei 300 Euro. Die Täter hatten auch noch am Netto und an einem Wohnhaus ihre Tags hinterlassen."

Ob es Konsequenzen hatte, kann er nicht sagen. "Ich vermute mal: nein." Beim Bergbauverein jedenfalls sei keine Wiedergutmachung angekommen.

Büttner hofft dennoch, dass im Fall der neuen Schmierereien die Täter erwischt werden. Eine Anzeige ist bei der Polizei gemacht, der Verein bittet um Hinweise. Büttner: "Vielleicht hat doch irgendjemand etwas gesehen oder es gibt einen Tipp aus der Szene, weil jemanden das schlechte Gewissen plagt."