Es ist später Vormittag an der Ferdinand-Freiligrath-Straße in Freital. Nebel hüllt den alten Bahndamm, der hier parallel zur Straße verläuft, in ein düsteres Licht. Irgendwo brummt es, immer lauter werdend. Doch es taucht kein Zug auf, sondern ein Zweiwegebagger rumpelt über das Gleis bergan. Er passiert das Streckenschild am Kilometer 2,6 und hält kurz darauf an. Gleich vor der Maschine befindet sich die Brücke über die Straße "Zur Schicht".
"Schicht" im übertragenen Sinne für "Schluss" ist hier bisher auch für die Windbergbahn. Der Verein, der die historische Bahnstrecke seit Jahren schrittweise saniert und für einen Museumsbahn-Betrieb herrichtet, konnte vom Bahnhof Dresden-Gittersee aus genau bis zu dieser Stelle fahren.
Doch weiter in Richtung Tal ließ der Schienenstrang keine Zugfahrt mehr zu. Das ändert sich derzeit.
Manche Schwellen waren bereits weggefault
Fünf Männer vom Verein, im wahren Leben unter anderem gelernte Betriebswirte und Medizintechniker, sanieren das Gleis am Kilometer 2,6. Sanieren heißt: Alte Schienen demontieren, Schwellen und Schotter entfernen. Am Ende war nur noch der nackte Bahndamm zu sehen. "Der Streckenabschnitt war völlig marode. Die Schienen waren abgefahren, die Schwellen teils weggefault", erklärt Vereinsvorstand Mike Scholz.
Über die Gleisanlage, die bei ihrer Eröffnung 1857 vom damaligen sächsischen König Johann als "erste sächsische Semmeringbahn" nach dem Vorbild der bekannten österreichischen Bahntrasse bezeichnet wurde, wurden jahrzehntelang Kohle, Erz und weitere Güter transportiert. Mehrmals wurde die Strecke in Abschnitten repariert, doch die schweren Züge beanspruchten das Material. Nach der Einstellung des Güterverkehrs 1993 gab die natürliche Verwitterung der Gleisanlage den Rest: Die Trasse wuchs regelrecht zu.
Mittlerweile hat der Verein die Strecke von der Deutschen Bahn gepachtet und schon tausende Arbeitsstunden und viel Geld in einen Traum investiert: Die Windbergbahn soll auf ihren verbliebenen knapp sieben Kilometern zwischen Dresden-Gittersee und dem Bahnhof Freital-Birkigt wieder mit Fahrgästen pendeln.
Gebrauchtes Baumaterial wird knapp
Die Hobby-Bahner haben sich dabei vorgenommen, die Strecke weitestgehend originalgetreu instand zu setzen. Verbaut werden gebrauchte, aber gut erhaltene Holzschwellen und Schienen, teils wird auch der alte Schotter gereinigt und wieder eingebaut.
Für den Abschnitt an der Freiligrath-Straße in Freital musste man aber umdisponieren und Betonschwellen verwenden. "Es gibt kaum noch gebrauchte Holzschwellen", begründet Mike Scholz. Der Verein könnte natürlich neue Schwellen kaufen, aber da käme man auf Kosten von 100 Euro pro Stück. "Das können wir uns nicht leisten", sagt Scholz mit Blick auf die 215 getauschten Schwellen an der Freiligrath-Straße. Und nicht nur der ausbleibende Nachschub bei den Holzschwellen wird allmählich zum Problem, sondern auch die Preissteigerungen bei Baumaterial und Diesel für die Arbeitszüge.
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Dass das Projekt überhaupt so weit fortgeschritten ist, verdankt der Verein zahlreichen Unterstützern, Sponsoren und Sachspendern. Auch der Bau an der Freiligrath-Straße gelang nur mithilfe von einigen Firmen. So stellte die in Freital ansässige Strabag Rail Bagger und Personal, darunter auch einige Auszubildende. Die Tiefbaufirma Hartlepp aus Freital kümmerte sich um Technik und Logistik, DLS Schuhmann, ebenfalls in der Stadt ansässig, transportierte den gesamten Grünschnitt ab.
In der kommenden Woche rückt der Bauhof der Stadt Freital an. Die Mitarbeiter werden die Böschung des Bahndamms neu profilieren und die Straßenkante instand setzen. Ist das alles erledigt, will der Verein die Baustelle in den Kesselgrund umsetzen. Dort wurde bereits kurz vor Weihnachten ein Gleisbogen erneuert, so wird in der Eisenbahnersprache eine Kurve genannt. Scholz: "Am Kesselgrund müssen wir noch den Schotter stopfen." Bis Ende März muss diese Arbeit erledigt sein, denn am 1. April startet die Windbergbahn in ihre Saison.