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Christbaum, Gans und Klöße: Wie die Inflation das Weihnachtfest trifft

Für traditionelles Weihnachtsessen und Christbäume müssen die Deutschen dieses Jahr noch einmal mehr zahlen. Das zeigt eine Analyse. Nur ein Produkt bleibt preislich stabil.

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Das Festtagsmenü ist auch in diesem Jahr teurer geworden.
Das Festtagsmenü ist auch in diesem Jahr teurer geworden. © Symbolfoto: dpa

Von Katrin Terpitz

Die Einkäufe für die Weihnachtstage kosten in diesem Jahr noch mehr als schon zu Weihnachten 2022. Nicht nur der Christbaum ist wieder teurer geworden. Durch die Inflation haben sich auch typische Lebensmittel fürs Fest verteuert. Die Preise für einige Weihnachtsprodukte sind sogar überdurchschnittlich stark gestiegen. Das zeigt eine exklusive Analyse des Preisvergleichsportals Smhaggle für das "Handelsblatt".

„In diesem Jahr sind 57 Prozent der Produkte im Lebensmitteleinzelhandel teurer geworden“, sagt Sven Reuter, Preisexperte und Chef von Smhaggle. Bei der Analyse fällt auf: Fast alle untersuchten Lebensmittel, die typisch sind für das Weihnachtsfest, sind im Preis gestiegen. Einzig ein Weihnachtsgericht kostet genauso viel wie vor einem Jahr.

40 Prozent der Deutschen essen an Heiligabend ein eher einfaches Gericht wie Kartoffelsalat mit Würstchen, tischen aber am ersten oder zweiten Weihnachtsfeiertag ein größeres Mahl auf. Das zeigt eine Umfrage des Kochboxenversenders Hellofresh. Knapp jeder fünfte Befragte serviert bereits am 24. Dezember ein besonderes Menü.

Ein sehr verbreitetes Gericht ist Gans mit Rotkohl und Klößen. Pfanni Kartoffelklöße halb & halb beispielsweise kosten heute im Schnitt 1,99 Euro – und damit 43 Prozent mehr als zu Weihnachten 2022.

Zum Vergleich: Die Verbraucherpreise für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke waren laut Statistischem Bundesamt im November 5,8 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Der Ukraine-Krieg hat die Inflation stark angetrieben. Deswegen lohnt sich auch ein Vergleich mit den Preisen vor dem russischen Angriff: Die Verbraucherpreise für Lebensmittel etwa lagen zuletzt fast 24 Prozent über jenen im Januar 2022.

Weihnachtsessen: Preis für Gänse in etwa auf Vorjahresniveau

Überdurchschnittlich verteuert hat sich auch Rotkohl. Mildessa von Hengstenberg etwa kostet mit 2,19 Euro fast 70 Prozent mehr als vor dem Krieg in der Ukraine – und 60 Cent mehr als Weihnachten 2022.

Lediglich die Preise für deutsche Weihnachtsgänse liegen ungefähr auf dem Niveau des Vorjahres. Verbraucher zahlen laut Zentralverband Deutsche Geflügelwirtschaft zwischen 18 und 21 Euro das Kilo. 2021 lag der Kilopreis noch bei etwa 16 Euro. Höhere Futter- und Energiekosten infolge des Kriegs in der Ukraine hatten Gänsefleisch bereits vor mehr als einem Jahr verteuert. Zudem gab es wegen der Geflügelpest in Europa weniger Schlachttiere.

Von Sankt Martin bis Weihnachten werden in Deutschland fast 18.000 Tonnen Gänsefleisch verkauft. Das entspricht etwa vier Millionen Tieren. 85 Prozent des Fleischs werden importiert – vor allem aus Polen und Ungarn, wo die Haltungsbedingungen meist schlechter sind. Importierte Gänse, überwiegend tiefgekühlt, sind günstiger. Sie kosten zwischen neun und zehn Euro das Kilo. Die Preise hatten sich bereits vor einem Jahr verdoppelt, sind nun aber stabil.

Im Restaurant kosten Gänsekeule oder -brust derzeit zwischen 25 und 35 Euro, ermittelte der Gastrobranchenverband Dehoga. Wenn im nächsten Jahr der Mehrwertsteuersatz auf Speisen wieder von sieben auf 19 Prozent steigt, dürfte das Gänsemenü deutlich teurer werden.

Kartoffeln teurer wegen schlechter Ernte

Wer statt teurer Gans lieber Kartoffelsalat und Würstchen auftischt, zahlt ebenfalls drauf. Zwar sind die Preise für Kartoffeln seit dem Sommer wieder deutlich gesunken, sie bewegen sich aber immer noch auf einem hohen Niveau.

Zahlten Supermarktkunden für 2,5 Kilo festkochende Kartoffeln Weihnachten 2022 bereits 36 Prozent mehr als vor dem Krieg, sind es mit 2,15 Euro nun 55 Prozent mehr als vor knapp zwei Jahren. Erst war es die Trockenheit und zuletzt zu viel Nässe, die für Ausfälle und schlechtere Qualität bei der Ernte sorgten, so die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft.

Auch andere Zutaten für Kartoffelsalat sind teurer geworden, allerdings kaum mehr als die Inflationsrate von Lebensmitteln insgesamt. Gewürzgurken von Kühne etwa sind mit 2,49 Euro ein Viertel teurer als vor zwei Jahren. Für Mayonnaise von Thomy zahlen Kunden nun 2,29 Euro, was einem Plus von 28 Prozent entspricht.

Wiener Würstchen von Meica (540 Gramm) sind mit 4,49 Euro nun 29 Prozent teurer als vor der Inflationswelle. Vergangene Weihnachten waren sie noch für 3,79 Euro zu haben. Schweinefleisch war bis zum Sommer stark im Preis gestiegen, denn Futter wurde deutlich teurer, und Bauern mästeten wegen unsicherer Zukunftsperspektiven weniger Schweine.

Seit August hat sich der Preis für Schlachtschweine zwar etwas entspannt. In den Würstchenpreisen spiegelt sich das aber noch nicht wider.

Rotkäppchen-Sekt kostete 15 Jahre lang 3,99 Euro

Auch Lebkuchen und Sekt gehören zum Weihnachtsessen dazu. Weil erntebedingt die Preise für Nüsse und Zucker stark anzogen, haben sich Lebkuchenherzen seit dem Krieg in der Ukraine um 59 Prozent überdurchschnittlich verteuert. Die Packung der Eigenmarke kostet nun 1,89 Euro.

Wer unterm Baum anstoßen möchte, zahlt zum Beispiel für Rotkäppchen-Sekt halbtrocken mehr als früher. „15 Jahre lag unser Regalpreis bei 3,99 Euro die Flasche, nun sind es 4,99 Euro“, erklärt Christof Queisser, Chef des deutschen Marktführers Rotkäppchen-Mumm. „Der Schritt fiel uns nicht leicht, war aber enorm wichtig, um die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu sichern.“

Auch die Sektflaschen sind in diesem Jahr teurer.
Auch die Sektflaschen sind in diesem Jahr teurer. © dpa/Hendrik Schmidt

Vor allem die Preise für Glasflaschen, deren Produktion sehr energieintensiv ist, waren stark gestiegen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass Sekt wieder günstiger wird, halte ich für nahezu ausgeschlossen“, so Queisser.

Die Preissteigerungen sind also bei vielen verschiedenen Lebensmitteln zu beobachten. „Für viele Menschen wird das Weihnachtsessen dieses Jahr eine finanzielle Belastung darstellen“, sagt Silvia Monetti, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Mehr als 17 Millionen Menschen sind in Deutschland von Armut betroffen oder bedroht. Laut der Hellofresh-Umfrage will ein Drittel der Befragten wegen der gestiegenen Kosten am Weihnachtsessen sparen – sowohl an den Zutaten als auch am Umfang.

Preisexperte Reuter von Smhaggle rät deshalb zu No-Name-Produkten statt Markenartikeln. Zwar sind auch Handelsmarken in Zeiten der Inflation deutlich teurer geworden. „Durchschnittlich lassen sich durch den konsequenten Kauf von Handelsmarken aber 46 Prozent sparen.“

Weihnachtsbaum teurer: Ein bis zwei Euro mehr je Meter

Und auch beim Kauf eines Weihnachtsbaums macht sich die Inflation bemerkbar. Dieses Jahr kostet er erneut ein bis zwei Euro mehr pro Laufmeter. Grund sind vor allem höhere Löhne und Transportkosten. In Deutschland werden jährlich etwa 25 Millionen Christbäume für rund 800 Millionen Euro verkauft.

80 Prozent wählen eine Nordmanntanne, die als relativ klimarobust gilt. Sie kostet nun 21 bis 29 Euro pro Laufmeter, schätzt der Bundesverband der Deutschen Weihnachtsbaum- und Schnittgrünerzeuger. Für Blaufichten sind 13 bis 18 Euro und für Rotfichten 10 bis 15 Euro je Meter zu zahlen.

Viele Deutsche stellen ihren Weihnachtsbaum immer früher auf. 40 Prozent kaufen ihn vor dem zweiten Advent. Der Trend geht zum Adventsbaum. Wer schon mehr für den Baum zahlen muss, kann ihn so wenigstens länger genießen.