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Hey Boss, ich brauch’ mehr Geld!

Eine Gehaltserhöhung wegen der Inflation? Klingt erst mal logisch. Verhandlungsexperten raten aber zu einer anderen Strategie.

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Die Verbraucherpreise steigen – Grund genug, beim Chef nach einer Gehaltserhöhung zu fragen.
Die Verbraucherpreise steigen – Grund genug, beim Chef nach einer Gehaltserhöhung zu fragen. © dpa

Miete, Strom, Lebensmittel, Versicherungen: Die hohe Inflationsrate in Deutschland lässt die Preise spürbar steigen. Wer beim Gehalt nicht nachbessern lässt, dem bleibt am Monatsende immer weniger übrig. Immerhin etwa jeder Fünfte nutzt bei Gehaltsverhandlungen mitunter das Argument, die Inflation ausgleichen zu wollen, zeigt eine Umfrage, die Yougov im November 2021 durchgeführt hat. Ist das wirklich aussichtsreich?

Dieses Argument lasse sich schnell aushebeln, sagt Verhandlungsexpertin Anja Henningsmeyer. Die Inflation betreffe ja alle, auch die Materialeinkäufe des Unternehmens. So würde das Argument durch ein Gegenargument aufgehoben. Besser sei, wenn die Argumentation auf sogenannten normativen Standards basiere: „Werte, Prinzipien, Standards also, die Ihr Gegenüber teilt.“ Dazu gehören zum Beispiel eine branchenübliche Bezahlung, die sich zuvor mit Vergleichswerten recherchieren lasse.

Grundsätzlich gelte: Weniger Argumente ziehen besser als viele Argumente, sagt Henningsmeyer. „Denn eine Verhandlung ist ja keine Diskussionsveranstaltung, in der eine unabhängige Diskussionsleiterin anhand besserer Argumente bestimmt, wer die Debatte gewonnen hat. Argumente führen zu Gegenargumenten – was für eine Verhandlung nicht unbedingt förderlich ist.“ Idealerweise begründe man seine Forderung lediglich mit einem „weil“-Halbsatz. „Und dieser Halbsatz enthält einen normativen und damit allgemeingültigen Standard: Sie möchten eine Gehaltserhöhung, weil Sie zum Beispiel zusätzliche Aufgaben übernommen haben oder weil das Lohnniveau in der Branche gestiegen ist.“

Zusatzleistungen oft nicht versteuert

Vor jeder Gehaltsverhandlung stehe die sorgfältige Vorbereitung: Was verdienen Arbeitnehmer in vergleichbarer Position in anderen Unternehmen der Branche? „Zusätzlich zu monetären Forderungen nehmen Sie unbedingt auch geldwerte Zusatzleistungen in den Blick“, sagt Henningsmeyer. „Horchen Sie in sich hinein, welche Elemente für Sie wünschenswert wären, die Ihren Arbeitgeber weniger oder nichts kosten und auch nicht am Personalbudget rütteln: zum Beispiel eine Bahncard, Dienstwagen oder -fahrrad, Prämien und Boni, Büroeinrichtung bis hin zur freieren Einteilung Ihrer Arbeitszeit.“ Hinzu komme, dass solche Zusatzleistungen oft nicht versteuert werden müssen, ergänzt Henningsmeyer.

In welchen Abständen man mit dem Arbeitgeber über das Gehalt verhandeln sollte, lässt sich laut Henningsmeyer nicht verallgemeinern „Eine allgemeingültige Regel gibt es dafür nicht“, sagt die Trainerin für Verhandlungsführung. Grundsätzlich sei ein Jahresgespräch eine gute Gelegenheit, bei dem zumeist auch Ziele vereinbart werden, die an Monetäres geknüpft werden können. „Andere Gelegenheiten bieten sich, wenn Ihr Unternehmen ein wirtschaftlich gutes Jahr hatte, wenn Sie zusätzliche Verantwortungen oder Aufgaben übernommen haben oder wenn Sie einfach feststellen, dass es mal wieder an der Zeit ist, weil sich in den letzten zwei Jahren in der Hinsicht gar nichts bewegt hat.“

Falls der Arbeitgeber kein Entgegenkommen zeige, solle man das „Nein“ als ein „Nein“ der ersten Runde nehmen und beim nächsten Anlauf gegebenenfalls die Strategie ändern, sagt Henningsmeyer. „Sollte sich allerdings auch nach mehreren Versuchen gar nichts bewegen, überlegen Sie, ob dieser Arbeitgeber für Sie der richtige ist“, rät die Verhandlungsexpertin. „Ihre Loyalität und Motivation sollte dem Arbeitgeber auch etwas wert sein“, sagt Henningsmeyer. (dpa)