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Das bringt die Rentenerhöhung unterm Strich wirklich

Ab Freitag erhalten Rentner mehr Geld. Durch den höheren Grundfreibetrag bekommt das Finanzamt davon meist nichts.

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Ab Juli erhalten Rentner mehr Geld
Ab Juli erhalten Rentner mehr Geld © dpa/Marijan Murat

Von Rolf Winkel und Stefanie Engelmann

Von Mitte Juni bis Ende Juli bekommen Rentner eine Mitteilung über die neue Höhe ihrer Rente, die ab Juli gezahlt wird. Denn der Rentenwert für die neuen Bundesländer erhöht sich ab 1. Juli um 6,12 Prozent – von 33,47 Euro auf 35,52 Euro. Im Westen ist es etwas weniger.

Wer bislang als Ost-Rentner brutto eine Rente von beispielsweise 1.500 Euro erhalten hat, kann ab Juli mit fast 92 Euro mehr rechnen. Die höhere Rente landet meist Ende Juli auf dem Konto. Ohne Antrag. Das gilt für alle gesetzlichen Renten, also auch für Hinterbliebenen- und Erwerbsminderungsrenten.

Folgen für Kranken-/Pflegeversicherung

Von der Brutto-Rente – also auch vom Erhöhungsbetrag – gehen Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung ab. Im Schnitt sind das etwa elf Prozent. Ein Wechsel in eine günstigere Kasse kann deutliche Ersparnis bringen. Alle Rentner, die mindestens zwölf Monate Mitglied ihrer Kasse waren, können unbürokratisch und ohne Gesundheitsprüfung in eine andere wechseln.

Folgen für die Steuer

Gut jeder vierte Rentner muss derzeit Einkommensteuer zahlen – meist wegen weiterer steuerpflichtiger Einkünfte neben der Rente. Anders als vielfach befürchtet, greift das Finanzamt in diesem Jahr von der ordentlichen Rentenerhöhung nichts ab – im Gegenteil. Dafür sorgt der jüngst auf 10.347 Euro erhöhte Grundfreibetrag bei der Steuer. 2021 betrug dieser noch 9.744 Euro.

Das Bundesfinanzministerium hat errechnet, dass etwa 80.000 Rentner, die für 2021 noch Steuer entrichten müssen, für 2022 trotz Rentenerhöhung nicht mehr mit Steuern belastet werden. Lediglich 5.000 Senioren wachsen durch die Rentenerhöhung in die Steuerbelastung hinein. Dies dürften etwa Rentner sein, die 2021 nur für einige Monate Rente bezogen, im ersten Teil des Jahres aber noch Arbeitslosengeld II oder die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld bezogen haben. Dadurch mussten sie 2021 noch keine Steuern zahlen, rutschen aber 2022 manchmal in die Steuerpflicht.

Ein Beispiel: Ein Dresdner bezieht seit 2020 Rente. 2021 erhielt er eine gesetzliche Rente in Höhe von 1.500 Euro. Davon gingen elf Prozent für die Kranken- und Pflegeversicherung ab. Soweit er keine weiteren steuerpflichtigen Einnahmen und keine weiteren absetzbaren Ausgaben hat, verlangt das Finanzamt von ihm nach Abgabe der für ihn verpflichtenden Einkommensteuererklärung 419 Euro Einkommensteuer. Für 2022 wird das Finanzamt von ihm trotz der Rentenerhöhung nur etwas weniger, nämlich 391 an Steuern verlangen. Die steuerliche Entlastung beläuft sich also auf 28 Euro. Ähnliche Resultate im niedrigen zweistelligen Bereich ergeben sich bei der großen Mehrheit der Rentner, die bislang Steuern zahlen mussten.

Rentner, die für das Jahr 2021 nur in geringem Umfang Steuern zahlen mussten, müssen für 2022 zwar eine Steuererklärung abgeben. Doch im Steuerbescheid wird eine Null stehen. Ein Beispiel: Rente 2021 brutto 1.224 Euro monatlich, erster Rentenbezug 2020, elf Prozent der Rente gehen an die Kranken- und Pflegeversicherung. Rentenerhöhung zum 1. Juli 2022 auf 1.289,48 Euro brutto. Steuerliche Belastung: Für 2021 muss der Betreffende 35 Euro Steuern zahlen. 2022 fällt keine Einkommensteuer an.

Folgen für Wohngeld/Grundsicherung

Rentner, die bislang Wohngeld erhalten haben, erhalten bis zum Ende des Bewilligungszeitraums eine unveränderte Leistung. Eine Neuberechnung innerhalb eines Bewilligungszeitraums erfolgt nur, wenn das Einkommen um mindestens 15 Prozent steigt. Der Anstieg der Rente bleibt weit unter dieser Marke. Endet der Bewilligungszeitraum allerdings am Ende des zweiten Quartals, so wird bei einem neuen Wohngeldantrag die neue Rentenhöhe berücksichtigt.

Anders bei der Grundsicherung im Alter. Hier gilt generell: Linke Tasche rein, rechte Tasche raus. 50 Euro mehr Rente – das bedeutet meist: 50 Euro weniger Grundsicherung. Bei Rentnern, die mindestens 33 Jahre mit sogenannten Grundrentenzeiten (vor allem Pflichtversicherungszeiten und Kinderberücksichtigungszeiten) auf dem Rentenkonto haben, gilt bei der Grundsicherung im Alter für 2022 allerdings ein Rentenfreibetrag in Höhe von maximal 224,50 Euro.

Errechnet wird dieser folgendermaßen: Die ersten 100 Euro der gesetzlichen Rente werden bei der Grundsicherung nicht angerechnet. Von den darüber hinausgehenden Beträgen sind 30 Prozent anrechnungsfrei. Insgesamt wird als Freibetrag maximal die Hälfte des Regelbedarfs für einen Alleinstehenden bei Grundsicherungsleistungen anerkannt.

Energiekostenzuschuss

Rentner gehen bei der jüngst beschlossenen Energiekostenpauschale von 300 Euro in der Regel leer aus. Es sei denn, sie beziehen Wohngeld. Dann erhalten sie immerhin 270 Euro Heizkostenpauschale (bei zwei Personen: 350 Euro).

Auch aus diesem Grund lohnt sich derzeit ein Wohngeldantrag mehr denn je, selbst wenn nur ein paar Euro dabei herauskommen. Für Eigentümer nennt sich die Leistung Lastenzuschuss. Ob Anspruch besteht, zeigt zum Beispiel ein Wohngeldrechner.

Auch Rentner, die im September 2022 nebenher erwerbstätig sind, haben Anspruch auf die Energiekostenpauschale. Dafür reicht die Aufnahme eines Mini-Minijobs – etwa zur Betreuung der eigenen Enkel. Wichtig: Arbeitsvertrag vereinbaren und Lohn aufs Girokonto überweisen lassen.

  • Die Autoren gehören zur unabhängigen Verbraucher-Redaktion Biallo & Team.