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So geht eine schnelle, faire Scheidung

Geheiratet ist schnell, eine Scheidung dagegen kostet Zeit, Nerven und Geld. Woran das liegt und wie es anders geht, erklärt Anwalt Frank Simon aus Dresden.

Von Stephanie Wesely
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Wenn die Liebe vorbei ist, soll der oder die Ex meist möglichst schnell aus dem Leben verschwinden.
Wenn die Liebe vorbei ist, soll der oder die Ex meist möglichst schnell aus dem Leben verschwinden. ©  Patrick Pleul/dpa

Jedes Jahr lassen sich in Sachsen etwa 6.000 Paare scheiden. Je länger die Ehe gedauert hat, umso heftiger ist oft der Streit danach, weiß Frank Simon, Fachanwalt für Familienrecht mit Kanzleien in Dresden und Chemnitz. „Die Auseinandersetzungen sind dabei oft langwierig“, sagt er. „Da wird zum Teil um jeden Haushaltsgegenstand gestritten, obwohl alle eigentlich eine schnelle und schmerzlose Trennung wollten.“

Herr Simon, was sind die häufigsten Gründe für eine Scheidung?

Dass sich die Paare auseinandergelebt haben. Häufig trennen sich Paare nach längerem Zusammenleben. Die Kinder sind aus dem Haus und man merkt dann, dass man sich nicht mehr viel zu sagen hat. Oft ist das auch der Grund, warum sich Mann oder Frau neue Partner suchen und die Ehe daraufhin zerbricht. Der Klassiker ist immer noch die neue Beziehung, die während einem Reha-Aufenthalt geschlossen wird – der Kurschatten sozusagen.

Wie lange dauert heutzutage eine Scheidung?

Im besten Fall vom Scheidungsantrag bis zum Beschluss ungefähr sechs bis zwölf Monate. Es gibt aber auch Dinge, die ein Verfahren hochstrittig machen. Die Scheidung kann sich dann über Jahre hinziehen.

Wie lange dauerte denn Ihr bisher längster Scheidungsprozess?

Länger als zehn Jahre, weil die Eheleute jeden Streitpunkt gerichtlich geklärt haben wollten und zu keinerlei Kompromissen bereit waren.

Frank Simon (58) stammt aus Bielefeld. Er ist Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht in Dresden und Chemnitz sowie Mediator.
Frank Simon (58) stammt aus Bielefeld. Er ist Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht in Dresden und Chemnitz sowie Mediator. © BSKP Dresden

Welche Themen sind es konkret, die ein Verfahren in die Länge ziehen?

Alle Themen, bei denen es ums Geld geht – also zum Beispiel Streit um Unterhalt für die Ex-Frau oder die Kinder, um Vermögenswerte oder Immobilien. Hier muss geklärt werden, wer in dem Haus wohnen bleibt und wie der andere entschädigt wird. Auch die Aufteilung von Hausratsgegenständen kann problematisch sein – wenn es sich um Dinge handelt, die einer mit in die Ehe gebracht hat oder wenn sie während der Ehe angeschafft wurden.

Was sind häufige Streitfragen, wenn es um Kinder geht?

Wo ihr künftiger Aufenthaltsort sein soll zum Beispiel. Leben sie hauptsächlich bei einem Elternteil, hat der andere ein Umgangsrecht. Hier müssen Regelungen getroffen werden, wie oft der Umgang erfolgt und wie zum Beispiel mit Ferienzeiten, Geburts- und Feiertagen verfahren wird. Auch die Unterhaltshöhe ist ein häufiger Streitpunkt. Die Düsseldorfer Tabelle kann da ein Anhaltspunkt sein, es können aber auch eigene Regelungen getroffen werden, die niemanden benachteiligen dürfen. Das prüft das Gericht. Wird ein Wechselmodell angestrebt, wo die Kinder zwischen beiden Elternteilen pendeln, müssen auch der zeitliche Rhythmus und die Unterhaltsansprüche bei ungleich hohen Einkommen geregelt werden.

Und wie ist das mit dem Unterhalt für den Ex-Partner?

Auch die Ex-Ehefrau kann Anspruch auf Unterhalt haben. Hat sie zum Beispiel jahrelang Haushalt und Kinder versorgt und deshalb nur Teilzeit gearbeitet oder konnte ihre Karriere nicht so konsequent wie der Mann verfolgen, steht ihr ein finanzieller Ausgleich zu, wenn der Mann über ein höheres Einkommen verfügt. Es gibt aber auch immer mehr Familien, in denen die Frau ein höheres Einkommen hat. Hier hat der Ex-Ehemann Unterhaltsanspruch.

Muss ein Ex-Ehepartner dem anderen denn lebenslang Unterhalt zahlen?

Nein. Wenn keine Hinderungsgründe wie Gesundheit, lange Ehedauer oder Alter vorliegen, die eine Erwerbstätigkeit ausschließen, bestehen Unterhaltspflichten nur für einen bestimmten Zeitraum. Dem Ex-Partner kann zugemutet werden, einen Job aufzunehmen, der seinen Lebensunterhalt sichert. Es wird dabei auch auf die Lebensverhältnisse vor der Ehe geschaut. Also, wo stünde der Ex-Partner, wenn er nicht geheiratet hätte? Beide Partner sollten sich vergleichen, also eine einvernehmliche und faire Lösung finden. Das macht die Sache schwierig und zeitintensiv.

Was machen die Paare anders, deren Scheidung schnell geht?

Sie klären vieles frühzeitig und warten damit nicht aufs Gericht. Wenn sich eine Trennung anbahnt, empfehle ich, einmal durchzuspielen, welche Ansprüche jeder hat – auch in Bezug auf die Kinder. Die Ergebnisse können in einer Scheidungsfolgenvereinbarung festgelegt werden. Diese verkürzt dann häufig das Scheidungsverfahren. Dabei sollte ein Anwalt hinzugezogen werden, denn oft hat das Paar nicht alles im Blick. Man muss auch nicht alles sofort lösen. Es gibt Wichtiges und Nachgeordnetes, für das das Paar das Trennungsjahr über Zeit hat. Im Gerichtsverfahren wird die finanzielle Absicherung der Ex-Eheleute für das Rentenalter überprüft. Wurde vorher eine Einigung getroffen, kann das Paar schon innerhalb von sechs Monaten rechtskräftig geschieden sein.

Kann ein Ehevertrag helfen?

Ein Ehevertrag wird ja bei einer intakten Beziehung oder vor der Heirat geschlossen. Da aber keiner weiß, wie die Beziehung nach zehn oder 15 Jahren aussieht und welche wirtschaftlichen Gegebenheiten bestehen, ist der Vertrag mitunter keine Hilfe. Wer zum Beispiel in einem Ehevertrag Unterhaltszahlungen für minderjährige Kinder oder den Rentenausgleich ausschließt, denkt zu kurz. Das Gericht kann dem nicht stattgeben oder passt den Vertrag an.

Aber Vertrag ist doch Vertrag?

Ganz so ist das nicht. Ein Ehevertrag kann unwirksam sein – zum Beispiel, wenn die Frau bei Unterzeichnung schwanger war und sich in einer Drucksituation befand. Häufig werden die Eheverträge aber an die veränderten Verhältnisse angepasst.

Wieviel kostet eine Scheidung?

Die Gebühren für die Anwälte und die Gericht richten sich nach dem Verfahrenswert. Er wird errechnet aus dem Dreifachen des Monatseinkommens jedes Ehegatten. Zudem werden fünf Prozent des Vermögens, die Anzahl der Rentenanwartschaften und Kinderfreibeträge berücksichtigt. Haben beide kein oder nur sehr geringes Einkommen und kein Vermögen, wird ein Mindestverfahrenswert veranschlagt. Dieser beträgt 4.000 Euro. Die Mindestkosten für eine Scheidung belaufen sich dann auf rund 1.131 Euro (Stand: 2023). Im Durchschnitt kostet eine Scheidung in Deutschland zwischen 3.000 und 4.000 Euro für Anwälte und Gericht. Dabei zahlt jeder 50 Prozent der Gerichtskosten und 100 Prozent seiner Anwaltskosten.

Wie kann man sich günstig scheiden lassen?

Wenn sich nur ein Ehegatte von einem Rechtsanwalt vertreten lässt und der andere der Scheidung zustimmt. Zuvor sollten alle finanziellen Fragen, Fragen des Sorge- und Umgangsrechts sowie der Verbleib der ehelichen Wohnung vertraglich geklärt sein. Dann können sich die Ehegatten intern die Rechtsanwaltskosten teilen.

Kann man sich auch ohne Anwalt scheiden lassen?

Nein. Es herrscht Anwaltszwang.

Muss man sich scheiden lassen oder geht es auch ohne diesen formalen Akt?

Eine Scheidung ist nötig, wenn einer wieder heiraten möchte. Doch auch ohne diese Absicht bietet eine Scheidung mehr Sicherheit. Denn Rentenpunkte und Unterhaltsansprüche werden in der Regel erst abschließend mit der Scheidung entschieden. Anderenfalls könnten in den Folgejahren nach der Trennung bei einem Ehegatten Ansprüche entstehen, für die der andere möglicherweise noch aufkommen muss.

Scheidungskosten berechnen: Dafür gibt es den Scheidungskostenrechner mit Beispielfällen und weiteren Informationen: www.sz-link.de/scheidungsrechner