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Wie mache ich meinen Personalausweis onlinefähig? Ein Selbsttest

Mit dem E-Perso soll Verwaltung schneller gehen: Auto im Netz zulassen, Rentenkonto sehen und vieles mehr. Doch nicht mal jeder Zweite hat die Funktion aktiviert. Kein Wunder, wie ein Versuch zeigt.

Von Sylvia Miskowiec
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Endlich: Nach mehreren Tagen Warten auf die PIN und zeitraubenden Versuchen ist Redakteurin Sylvia Miskowiec glücklich, dass der E-Perso funktioniert.
Endlich: Nach mehreren Tagen Warten auf die PIN und zeitraubenden Versuchen ist Redakteurin Sylvia Miskowiec glücklich, dass der E-Perso funktioniert. © Foto: SZ/Veit Hengst

Ich finde nichts mehr. Keinen Brief, kein Dokument, einfach nichts. Ich will meinen Personalausweis endlich fit machen für die Onlinenutzung. Dafür hatte ich einen Brief mit einer PIN und Zugangsdaten vom Bürgeramt mitbekommen. Damals. Vor fünf Jahren. 2018 hatte ich ein Mal einen zaghaften Versuch gemacht, mich online zu registrieren. Und habe recht schnell entnervt aufgegeben, weil mein damaliges Handy zu alt und ich zu ungeduldig war. Dieses Mal soll es besser werden, schwöre ich mir.

Allein bin ich mit meiner zögerlichen Haltung nicht. Der E-Government-Monitor fragt regelmäßig die Nutzung und Akzeptanz digitaler Verwaltungsleistungen ab und fand heraus: Weniger als die Hälfte – rund 40 Prozent – der E-Perso-Besitzer haben die sogenannte E-ID-Funktion überhaupt aktiviert, mit der alle neuen Ausweise seit Mitte 2017 ausgestattet sind. Von diesen Personen wiederum haben nur zehn Prozent die E-ID auch genutzt. Zeit, dass sich etwas ändert bei mir, denke ich.

Muss das so umständlich sein?

Der erste Schritt zur neuen PIN und aktivierten Ausweisfunktion ist für mich der Klick auf eine Suchmaschine. „Zugangsdaten Personalausweis verloren“ schreibe ich rein – bingo. Der erste Treffer führt mich sogleich auf die offizielle Seite www.personalausweisportal.de, Unterseite „Häufige Fragen“. Ich kann den Brief mit den Zugangsdaten noch mal kostenlos bestellen. Schön! Doch dafür brauche ich neben meinem Personalausweis und meiner deutschen Meldeadresse bereits die App „AusweisApp2“. Mit dieser App lässt sich zudem prüfen, ob der Perso E-fähig ist. Ich lade sie schnell auf mein Smartphone und will schon am PC weitermachen. Da fällt mir auf, dass das nicht geht, denn die Bestellung geht nur, wenn mit der App kommuniziert werden kann. Also wechsel ich aufs Handy und suche wieder meine Seite zur Briefbestellung. Schon jetzt fühle ich diese Unruhe. Muss das so umständlich sein?

Die digitale PIN kommt per Post

Der erste Anlauf klappt nicht. Ich müsse NFC aktivieren, mahnt mich die Seite. Auf Deutsch: Ich muss die Nahfeldkommunikation des Handys zulassen, zu finden in den Einstellungen. Mit dieser Technik verbindet sich das Mobiltelefon mit dem Ausweis. Ich notiere schnell wie angewiesen die CAN, eine Nummer auf meinem Ausweis, und lege das Handy einfach auf ihn drauf. Es surrt kurz, fragt mich nach meinem Einverständnis, meine Gerätedaten zu übertragen, surrt wieder und zeigt an: Der Brief mit den Zugangsdaten ist beantragt. Skeptisch schaue ich aufs Handy. Sieben Werktage kann es dauern, bis der Brief ankommt. Ich muss ihn persönlich entgegennehmen und mich dabei ausweisen.

Was ich online beantragt habe, geht auch im realen Leben im Bürgeramt. Doch Termine gibt es meist auch hier nicht von heute auf morgen. Mein Amt etwa hätte erst in drei Wochen wieder etwas frei, und selbst im zentralen Bürgerbüro in der Dresdner Innenstadt müsste ich 14 Tage auf einen Termin warten. Da erscheinen sieben bei der Post plötzlich recht kurz.

Am siebten Tag hatte ich Post, war aber nicht zu Hause. Also bitte den Brief am nächsten Tag abholen, aber nicht vor 9 Uhr und nicht nach 18 Uhr, denn sonst ist der neue Postschalter in meinem Supermarkt zu. Da lauerte die nächste Hürde. Ich muss mich ausweisen, meine Daten werden eingescannt. Nur gibt es am frisch improvisierten Schalter im Supermarkt kein adäquates Gerät. Kurze Schrecksekunde. Alles zurückschicken? Bloß nicht. In eine andere Postfiliale senden? Auch unpraktikabel. Zögerlich reicht mir die Supermarktkassiererin letztlich doch den Brief, blickt auf meinen Personalausweis. Ja, ich bin’s, jetzt sehe ich fast genauso finster aus wie auf dem biometrischen Bild.

Service? Fehlanzeige!

Der Gesichtsausdruck bleibt noch eine Weile so. Nicht nur, weil ich nach einer Woche vergessen habe, was die nächsten Schritte im Registrierungsprozess sind. Sondern auch, weil mich personalausweisportal.de ratlos dasitzen lässt. Auf diese Seite verweist mich der Brief. Die Startseite zeigt viel, aber keine brauchbaren Infos. Ich klicke auf „Service“, dort auf „Häufige Fragen“. Auch Fehlanzeige. Offenbar ist kaum jemand so doof wie ich und stellt sich die Frage, wie man seinen Ausweis internetfähig macht.

Schließlich frage ich Google: „Personalausweis Onlinefunktion aktivieren“. Bevor ich mich durch YouTube-Videos von Laien klicke, gebe ich der offiziellen Seite www.ausweisapp.bund.de eine Chance. Und scrolle und scrolle, die Informationsflut ist riesig. Nein, danke, das muss doch schneller gehen. Schließlich nehme ich den Brief noch einmal zur Hand und rubbel einfach die PIN und den Aktivierungscode frei, auch wenn nicht gleich ersichtlich ist, wo was eingetragen werden soll. Der Code ist zudem nur einen Monat lang gültig – ab Ausstellung des Briefes, der in meinem Fall danach eine Woche lang unterwegs war. Bleiben mir also drei Wochen. Wer die Frist verpasst, muss einen neuen Brief anfordern.

Die PIN gleich wieder ändern

Weil nirgends im Aktivierungsbrief steht, wo die Buchstaben-Zahlen-Kombi des Codes eingetragen werden muss, scanne ich in meiner Verzweiflung den am Ende der Seite eher dezent platzierten QR-Code mit meinem Handy. Siehe da, er bringt mich zu einer Seite, die mir weiterhilft. Ab jetzt funktioniert alles, ich muss meinen Ausweis wieder ein paar Mal ganz nah ans Handy legen, um die Nahfeldkommunikation zu gewährleisten. Dann heißt es plötzlich: „Ihre Aktivierung war erfolgreich.“ Puh. Im Aktivierungsbrief wird mir nahegelegt, die freigerubbelte PIN gleich zu ändern, die ich noch nie genutzt habe. Das geht überraschend einfach in der AusweisApp2.

Ich nutze den Schwung der Freude und will als Nächstes den Praxistest angehen. Ich möchte online meine Punkte in Flensburg anschauen. Ich tippe in der App auf „Anbieter“, dann auf „Bürgerdienste“ und suche das Kraftfahrt-Bundesamt. Es öffnet sich ein Fenster im Browser meines Handys, die Online-Registerauskunft des KBA öffnet sich. Gespannt klicke ich auf „Punkte“. Dann ist es vorbei mit der Freude. Nicht, weil ich viele Punkte sehe, sondern mich mit der BundID authentifizieren soll. Die muss ich erst mal beantragen. Angeblich geht das mithilfe von Perso und PIN online schnell.

Und tatsächlich, die Daten des Ausweises werden per NFC flott eingelesen, ich ergänze die obligatorische Mailadresse, an die ein Verifizierungscode geschickt wird. Dann lege ich noch einen Nutzernamen fest, denke mir ein Passwort aus. Schon habe ich die BundID und kann mich beim Kraftfahrt-Bundesamt anmelden. Jetzt habe ich wieder gute Laune, als ich das PDF öffne, was mir zum Download bereitgestellt wurde. Mein vor Jahren gesammelter Punkt ist weg. Ob sich der ganze Registrierungsaufwand dafür gelohnt hat? Wohl eher nicht. Aber es warten ja angeblich noch rund 250 weitere Möglichkeiten, vom E-Perso Gebrauch zu machen.

Digital ausweisen – bald EU-weit

  • Fürs Online-Ausweisen listet der Bund derzeit rund 250 Anwendungen: zum Beispiel Rentenauskunft, Führungszeugnis-Antrag, Fahrzeugzulassung, Elster-Steuer-Portal, Punkte-Abfrage in Flensburg, Kontoeröffnung bei Banken oder das Aktivieren von Prepaid-SIM-Karten. Allerdings ist für viele eine weitere Registrierung für die sogenannte Bund-ID nötig.
  • Smart-E-ID nennt sich die geplante Integration der Online-Ausweisfunktion ins Smartphone. Das bedeutet, dass die Ausweisdaten im – falls vorhandenen – Sicherheitschip des Smartphones gespeichert werden. Das macht es überflüssig, den E-Perso ans Telefon zu halten. Seit Ende März vergangenen Jahres läuft in Regie des Bundesinnenministeriums ein Pilotprojekt.
  • Es ist auch eine sogenannte europäische digitale Identität geplant. Die E-ID soll künftig in der ganzen EU nutzbar sein und auf digitalen, kostenlosen Brieftaschen (Wallets) in Gestalt von Smartphone-Apps basieren. Auch digitale Abbilder von Führerschein, Geburtsurkunde, Zeugnissen oder Rezepten sollen in die EU-Wallet.
  • Zudem strebt die EU eine kostenlose Unterschriftfunktion an, mit der digitale Dokumente rechtsverbindlich unterzeichnet werden können. Mehrere Konsortien fahren bis Ende 2024 im EU-Auftrag Feldtests rund um EU-ID und EU-Wallet.
  • Sicherheit soll oberstes Gebot sein. Nur Anbieter mit einem staatlichen Berechtigungszertifikat dürfen Ausweisdaten auslesen, und zwar Namen, Geburtsdatum und -ort sowie Adresse (Geburts-, Ordens-, Künstlernamen und Doktorgrad nur, falls angegeben). Auf Foto, Fingerabdrücke und Ausweis-Seriennummer können nur hoheitliche Stellen wie Polizei oder Zoll zugreifen. (dpa)