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Elektronische Patientenakte ist in Sachsen ein Flop

Viele Krankenversicherte in Sachsen sehen in der digitalen Akte keinen Nutzen. Im Gegenteil. Es hagelt bei den Krankenkassen schon Widersprüche.

Von Kornelia Noack
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Ein Facharzt arbeitet mit einer elektronischen Patientenakte, die ein E-Rezept zeigt.
Ein Facharzt arbeitet mit einer elektronischen Patientenakte, die ein E-Rezept zeigt. © Jens Kalaene/dpa

Seit mehr als drei Jahren können gesetzliche Versicherte bei ihrer Krankenkasse eine elektronische Patientenakte (ePa) beantragen. Sie soll Patienten und Ärzten einen schnellen Überblick über alle wichtigen Dokumente ermöglichen – Befunde, Arztbriefe oder Rezepte.

Doch das Angebot wird kaum nachgefragt, wie eine Umfrage von Saechsische.de zeigt. Von den 3,49 Millionen Versicherten der AOK Plus in Sachsen und Thüringen haben bislang nur rund 12.300 eine ePa beantragt. Bei der Techniker Krankenkasse sind es 4.700 von 236.000 Versicherten. Allerdings nutzen viele davon die ePa gar nicht, weil nur wenige Ärzte damit arbeiten. Die DAK Gesundheit hat bundesweit 36.000 Nutzer, die IKK classic 16.400, die Barmer 148.000. Insgesamt hat bislang nur ein Prozent aller gesetzlich Versicherten eine digitale Krankenakte beantragt.

Kassen werden Versicherte informieren

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will der ePa per Gesetz zum Durchbruch verhelfen. Ab dem 15. Januar 2025 soll sie für alle Versicherten verpflichtend sein – es sei denn, man widerspricht. Doch obwohl das Gesetz noch gar nicht in Kraft ist, gehen nach Auskunft der Kassen bereits Widersprüche ein. „Die Patienten sind verunsichert“, sagt eine Sprecherin der AOK Plus. Zum jetzigen Zeitpunkt mache ein Widerspruch noch keinen Sinn.

Die Kassen müssen ihre Versicherten künftig vor dem Anlegen einer ePA über die Nutzung sowie die Möglichkeiten des Widerspruchs informieren. Im Sommer soll es eine bundesweite Aufklärungskampagne dazu geben. Solange sollte man abwarten. „Denn es wird differenzierte Widerspruchsmöglichkeiten geben, die nicht zu einer kompletten Ablehnung der ePA führen“, sagt Stefan Wandel von der DAK.

Kritik von Sachsens Kassenärzte-Chef

Genau das kritisiert die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KVS) scharf. „Es könnte ganz einfach sein: Entweder der Patient entscheidet sich uneingeschränkt für die ePA oder dagegen. Mit einzelnen Spezialwünschen der Patienten ärztliche Arbeitszeit zu belasten, halte ich für unvertretbar und unverantwortlich“, sagt KVS-Chef Dr. Klaus Heckemann.

Er begründet die ablehnende Haltung gegenüber der ePa auch mit dem fehlenden Mehrwert für Patient und Praxis. „Unausgereifte Hard- und Software kosten Zeit und Geld.“

Akte wird automatisch befüllt

Die Kassen erhoffen sich von der ePa, dass Doppeluntersuchungen von Patienten wegfallen. „Wir halten sie für notwendig, damit Patientendaten für alle an der Behandlung Beteiligten zugänglicher gemacht werden“, sagt Monika Welfens, Landeschefin der Barmer in Sachsen.

Es sei vorgesehen, dass die E-Akte automatisch mit Abrechnungsdaten von zurückliegenden Behandlungen und Medikamenten befüllt wird. „Damit ist die ePa der Grundstein für einen besseren Überblick über den Gesundheits- und Therapiezustand“, sagt Welfens. Auch wenig technikaffine Versicherte würden die ePa nutzen können.

Wichtig ist: Die elektronische Patientenakte ist kein Ersatz für die herkömmliche Patientenakte, die jeder Arzt in seinem Praxissystem hinterlegt. Mediziner sind dazu verpflichtet, alle Informationen, die für die Behandlung eines Patienten relevant sind, in der Patientenakte festzuhalten – elektronisch oder auf Papier.