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Ein Gastro-Check zeigt: Kleinere Portionen gibt es nur selten

Nur wenige Gastronomen erlauben die Wahl zwischen kleinem und großem Hunger. Verbraucherschützer fordern ein Umdenken – auch der Umwelt zuliebe.

Von Katrin Saft
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Zu groß für den kleinen Hunger.
Zu groß für den kleinen Hunger. © 123rf

Das Schnitzel ist groß wie der Teller, dazu noch Bratkartoffeln satt. Zu Omas Zeiten bemaß sich die Güte einer Gaststätte vor allem an der Größe der Portionen. Doch heute, wo Essen rund um die Uhr verfügbar ist und viele Menschen mit Gewichtsproblemen kämpfen, hat sich das geändert. Vor allem Frauen und ältere Menschen würden oftmals gern etwas weniger auf dem Teller haben – und dafür dann möglichst weniger bezahlen.

Und auch für die Umwelt wäre es besser, wenn weniger übrig bliebe. 1,9 Millionen Tonnen Lebensmittel werden in Deutschland jährlich in der Außer-Haus-Verpflegung als Abfälle entsorgt, hat das Statistische Bundesamt 2020 ermittelt. Schätzungen aus früheren Untersuchungen gehen davon aus, dass etwa 72 Prozent dieser Abfälle vermeidbar wären – zum Beispiel durch weniger Tellerreste. Das vom Bund geförderte Dialogforum Außer-Haus-Verpflegung empfiehlt deshalb Gastronomen, Gästen auf der Speisekarte zusätzlich eine kleine Portion der Gerichte anzubieten. Zudem soll ihnen aktiv offeriert werden, Essen mit nach Hause zu nehmen, das sie nicht mehr schaffen. Doch wie viele Gaststätten setzen diese Empfehlung wirklich um?

Ungesunde Kindergerichte

Das wollten die 16 Verbraucherzentralen in einem bundesweiten Marktcheck wissen. Dazu untersuchten sie 153 Online-Speisekarten und Webseiten von Restaurants – große überregionale Ketten genau so wie kleine inhabergeführte Gaststätten in Stadt und Land, sechs davon in Sachsen. Das Ergebnis ist zwar nicht repräsentativ, zeigt aber noch viel Luft nach oben.

So fanden sich nur auf jeder fünften untersuchten Speisekarte Hauptgerichte auch als kleinere Portionen – darunter vorwiegend Fleischgerichte wie Schnitzel, Braten, Geflügel und Steaks sowie Pizzen und Flammkuchen. In nur 14 der 153 Restaurants wurden auch Suppen in kleineren Portionen angeboten. Bei Salaten konnte man in jeder vierten Gaststätte zwischen Groß und Klein wählen. „In den meisten Fällen bezogen sich unterschiedliche Portionsgrößen aber nur auf einzelne, ausgewählte Gerichte und nicht auf das gesamte Speisenangebot“, sagt Birgit Brendel von der Verbraucherzentrale Sachsen.

Etwas verbreiteter dagegen sind kleinere Portionen speziell für Kinder. Auf fast jeder zweiten untersuchten Speisekarte gab es Kindergerichte, zum Teil beschränkt auf Gäste bis zwölf, manchmal bis 14 Jahre. Brendel: „Mit Pommes frites, Fischstäbchen oder Nudeln mit Tomatensoße war die Auswahl aber oft sehr eingeschränkt und wenig gesund.“ Seniorenteller fanden sich auf nur knapp sieben Prozent der Speisekarten.

Die Preisnachlässe fielen in der Stichprobe mit 50 Cent bis 15 Euro sehr unterschiedlich aus. Zwei Restaurants boten an, Hauptgerichte zu teilen – und berechneten für den Service eines zweiten Tellers einen Aufpreis von zwei beziehungsweise stolzen 7,50 Euro.

Reste mitnehmen erwünscht

Nur äußerst selten – in vier von 153 Speisekarten – fanden sich Hinweise auf die Möglichkeit, nicht mehr geschaffte Speisen mitzunehmen. Doch wollen das Gäste überhaupt? Dazu ließen die Verbraucherzentralen im August das Marktforschungsunternehmen Forsa mehr als 2.000 Menschen repräsentativ online befragen. Ergebnis: 22 Prozent nehmen bereits immer und 24 Prozent häufig übrig gebliebenes Essen mit – Frauen, Jüngere und Familien mit mehreren Kindern deutlich öfter. „Wir müssen davon wegkommen, dass das als peinlich wahrgenommen wird und es stattdessen als Wertschätzung des guten Essens verstehen“, meint Verbraucherschützerin Brendel. Denn die Umfrage zeigt auch: Die Hälfte der Befragten, die nur selten oder nie Reste mitnimmt, würde sich durch einen Hinweis darauf ermutigt fühlen.

Das Fazit des Marktchecks: Gäste mit kleinem Appetit haben in vielen Restaurants nur die Chance, statt eines Hauptgerichts eine Vorspeise zu wählen. Sollten die Empfehlungen des Dialogforums nicht freiwillig breiter umgesetzt werden, fordern die Verbraucherschützer verpflichtende Vorgaben vom Bund. In Frankreich zum Beispiel müssen alle Restaurants mit mehr als 150 Essen täglich Mitnahmeboxen zur Verfügung stellen. In Spanien sind Gastronomen seit Januar verpflichtet, ihren Gästen anzubieten, deren Essenreste kostenlos und in recycle- oder wiederverwendbaren Behältnissen mitzugeben.

Zwar gibt es auch in Deutschland seit Jahresanfang neue rechtliche Vorschriften. Demnach müssen nun auch Mehrwegalternativen für Tellerreste angeboten werden – allerdings nur in Gastronomiebetrieben, die Take-away, einen Lieferservice oder Catering anbieten. Verbraucherschützerin Brendel: „Wir finden, die Gastronomie könnte einen deutlich größeren Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung leisten.“