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Fit durch Vibrationsplatten – das kann funktionieren

Das Gerät soll die Muskeln stärken. Doch dazu sind die richtige Auswahl und eigenes Zutun nötig.

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Zehn bis 20 Minuten rütteln. Die Matte dämpft die Geräusche.
Zehn bis 20 Minuten rütteln. Die Matte dämpft die Geräusche. © Christin Klose/dpa

Das Prinzip der Vibrationsplatte ist einfach: Ein kleiner Motor versetzt die Platte in Schwingungen. Diese werden auf den Körper übertragen. Um die Vibrationen auszugleichen, spannen und entspannen sich die Muskeln reflexartig in schneller Folge, darunter auch die Tiefenmuskulatur, die für die Stabilisierung des Körpers wichtig ist. Das führt zu Muskelaufbau. Auch die Knochen erhalten durch das Training womöglich Impulse, neue Substanz aufzubauen. Freizeitsportler, die ihre Muskelkraft stärken wollen, aber auch Menschen mit Stoffwechselerkrankungen oder Diabetes, können von der Platte profitieren. Dasselbe gilt für Rehapatienten nach Sportverletzungen. Aber Vorsicht: Für manche Anwender kann das Training schädlich sein. Ganz ohne Einschränkungen sind die Trainingseinheiten auf der Platte nicht zu empfehlen.

Vorsicht bei Vorerkrankungen

Ohne eigenes Zutun wird man auf der Vibrationsplatte allerdings nicht fit. „Nur wenn schon Muskulatur vorhanden ist, kann man diese auch trainieren“, sagt Professor Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Für die Freizeit-Joggerin zum Beispiel ist durchaus eine Leistungssteigerung drin. Wer jedoch seit 20 Jahren selten eine größere Distanz als den Weg zum Kühlschrank zurückgelegt hat, ist auf der Vibrationsplatte nicht unbedingt gut aufgehoben. „Erst Muskeln aufbauen, zum Beispiel durch regelmäßigen Sport oder EMS-Training, und dann auf die Platte“, rät Froböse. EMS steht für Elektromyostimulation. Bei dieser Trainingsform werden die Muskeln durch Stromimpulse stimuliert.

Der Sportwissenschaftler nennt noch einen weiteren guten Grund, warum auf der Platte eine gewisse Grund-Muskelkraft vorhanden sein sollte: „Vibrationen sind erst einmal eine starke Belastung für den Körper.“ Dabei litten der Rücken und das Skelettsystem. Sind die Muskeln nicht stark genug, um den Körper während der Vibrationen zu stabilisieren, kann es zu Schädigungen kommen. „Auch Menschen mit Gelenkproblemen wie Arthrosen und vor allem Träger von Endoprothesen, also künstlichen Gelenken, sollten nicht auf der Vibrationsplatte trainieren“, sagt Froböse. Durch die Vibrationen könnten sich Teile der Prothese lockern. Bei rheumatischen und neurologischen Erkrankungen, die mit Muskelhypertonie einhergehen – beispielsweise in Folge eines Schlaganfalls –, rät Froböse von der Platte ab. Im Zweifelsfall holt man sich vorher lieber ärztlichen Rat.

Ist man schon etwas trainiert und hat keine der genannten Vorerkrankungen oder Einschränkungen, dann steht einem Kauf einer Vibrationsplatte an sich nichts im Weg. „Achten Sie auf eine breite Standfläche, um die Übungen stabil ausführen zu können“, rät Froböse. Wer etwas tiefer ins Portemonnaie greift, bekommt ein Modell mit Haltestange. Diese hilft dabei, das Gleichgewicht zu halten.

Idealerweise sind die Schwingungen dreidimensional, also nicht nur wippend, sondern in alle Richtungen des Raums gerichtet. Auch die Schwingungsfrequenz, gemessen in Hertz, verdient Aufmerksamkeit. Sportwissenschaftler Froböse erklärt den Grund: „Die verschiedenen Strukturen im Körper reagieren unterschiedlich auf Vibrationen.“ Knochen bräuchten also eher eine ruhigere, kräftigere Frequenz von acht bis zehn Hertz, zum Beispiel, wenn man die Platte zur Osteoporose-Prävention einsetzen möchte. Wolle man hingegen die schnellen Muskelfasern aktivieren, müsse man mindestens in den Bereich von 25 bis 40 Hertz gehen können.

Die Krux mit der Frequenz

Die Krux ist, dass die Frequenzangaben bei manchen Produkten versteckt oder gar nicht vermerkt sind. Hin und wieder findet man auch die Angabe „Frequenz = 50 Hertz“, die sich im Kleingedruckten dann als Netzfrequenz des Stroms herausstellt – nicht verwechseln. Carl Christopher Büttner vom Deutschen Verband für Physiotherapie rät, sich vor dem Kauf fachkundig beraten zu lassen, auch wenn man als Nutzer bereits Erfahrungen damit gesammelt hat, zum Beispiel in der Physiotherapie-Praxis: Oft stünden dort andere, hochwertigere Platten – „und die sind nicht unbedingt mit den Heimgeräten vergleichbar“, begründet Büttner.

Ist das Brett endlich zu Hause angekommen, sollte man es erst einmal ordentlich aufstellen. Vor allem in Mietwohnungen freuen sich die Nachbarn, wenn man der Vibrationsplatte eine dämpfende Matte unterlegt. Häufig ist diese sogar bereits im Paket enthalten.

Geübt wird meist im Stehen, für zehn bis 20 Minuten, und immer mit leicht gebeugten Knie- und Hüftgelenken, weil die Muskulatur unter Spannung ist und die Vibrationen besser vom Körper abfangen kann. Eine der wichtigsten Übungen ist die Kniebeuge in allen Variationen. „Generell zielen Vibrationsplatten auf die unteren Extremitäten ab, also Beine, Gesäßmuskulatur und untere Rückenmuskulatur“, erklärt Sportwissenschaftler Froböse.

Wer im Internet nach Übungsvideos sucht, findet oft auch Übungen für den Oberkörper, etwa Liegestütze auf dem Brett. Hier ist aber Vorsicht angebracht, warnt Froböse: „Wenn ich da kein ausreichendes Muskelkorsett an den Schultern und im oberen Rücken habe, um die Vibrationen abzufedern, dann kann es passieren, dass sich die Vibrationen zu weit im Körper bis zu den inneren Organen oder sogar zum Sehnerv ausbreiten und zu Irritationen führen.“

Wichtig sei, dass man die Übungen sauber durchführen könne und auf der Vibrationsplatte keine Unsicherheit verspüre, sagt Physiotherapeut Büttner. Die Auswahl der Übungen sollte in jedem Fall zusammen mit fachkundigem Personal getroffen werden, rät er. Eine einfache Variante wäre beispielsweise, die Vibrationsplatte erst einmal im Fitnessstudio unter Anleitung eines ausgebildeten Trainers auszuprobieren und einige Übungen korrekt zu lernen. Danach lohnt sich auch die Investition in eine Vibrationsplatte für daheim. (dpa)