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Gedächtniserkrankungen im Fokus beim SZ-Gesundheitsforum in Radebeul

Das interdisziplinäre Team der Gedächtnisambulanz der Elblandkliniken stellt sich am 27. September in Radebeul vor.

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Eine Bewohnerin und ein Bewohner halten in einer betreuten Demenz-Wohngemeinschaft die Hände.
Eine Bewohnerin und ein Bewohner halten in einer betreuten Demenz-Wohngemeinschaft die Hände. © Symbolfoto: Christoph Soeder/dpa

Radebeul. Erkrankungen, die das Gedächtnis betreffen, liegen an der Schnittstelle zwischen Psychiatrie, Neurologie und Neuropsychologie. Sie stellen eine große Belastung der Betroffenen und ihrer Angehörigen dar. An den medizinischen Fortschritt werden dabei viele Erwartungen und Hoffnungen geknüpft. Für eine optimale Behandlung ist es entscheidend, das Expertenwissen beider Disziplinen im Sinne der Betroffenen zu vereinen.

An den Elblandkliniken in Radebeul und Meißen wurde daher eine fachübergreifende Einrichtung, die Gedächtnisambulanz, als gemeinsames Projekt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie sowie der Klinik für Neurologie etabliert. Ziel ist die Früherkennung, Verlaufsbeurteilung und Behandlung von Demenzen, sowie die Beratung der Erkrankten und ihrer Angehörigen. Das multidisziplinäre Team besteht aus ärztlichen, psychologischen und sozialpädagogischen Fachleuten.

Beim SZ-Gesundheitsforum zum Thema „Demenzen“ am 27. September 2023 können Interessierte vom interdisziplinären Team der Gedächtnisambulanz der Elblandkliniken Informationen zum Thema Demenzen erhalten. Als Experten stellen sich Prof. Dr. Maximilian Pilhatsch, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Prof. Dr. Martin Wolz, Chefarzt der Klinik für Neurologie und Geriatrie, Psychologin Dr. rer. nat. Franka Glöckner und Marie-Christin Preußler, Fachärztin für Neurologie, den Fragen Betroffener und ihrer Angehörigen.

Prof. Dr. Martin Wolz, Chefarzt der Klinik für Neurologie und Geriatrie
Prof. Dr. Martin Wolz, Chefarzt der Klinik für Neurologie und Geriatrie © Claudia Hübschmann

Herr Professor Wolz, welche Formen von Demenz treten auf und wo liegen ihre hauptsächlichen Ursachen?

Es gibt sehr verschiedenen Ursachen und Krankheiten, welche zu einer Demenz führen, wobei gerade zu Beginn der Erkrankung nicht immer das Gedächtnis betroffen sein muss. Eine der häufigsten Erkrankungen ist die Demenz vom Alzheimer-Typ. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte neurodegenerative Erkrankung, bei der in bestimmten Hirnregionen Nervenzellen untergehen. Es gibt jedoch auch eine Reihe weiterer Erkrankungen aus diesem Formenkreis. Zudem können auch chronische Durchblutungsstörungen des Gehirns oder der Nervenwasser-Zirkulation für eine Demenz ursächlich sein.

Neben genetischen Ursachen spielen auch der Lebensstil und bestimmte Risikofaktoren für einige Demenzerkrankungen eine wichtige Rolle. Spezifische Symptome können eine genaue Zuordnung ermöglichen. Wichtig sind neben der Anamnese und dem klinischen Befund vor allem eine gründliche neuropsychologische Testung, die Bildgebung des Schädels und die Untersuchung des Nervenwassers.

Psychologin Dr. rer. nat. Franka Glöckner
Psychologin Dr. rer. nat. Franka Glöckner © Silvia Otte

Frau Dr. Glöckner, nicht jede Vergesslichkeit ist gleich bedenklich. Welche Möglichkeiten stehen zur genauen Diagnostik einer Demenz zur Verfügung?

In der Tat ist nicht immer eine Form der Demenz die Ursache für zunehmende Vergesslichkeit im höheren Alter. Unsere geistigen Funktionen verändern sich im Verlauf des Erwachsenenalters. Die Verarbeitungsgeschwindigkeit sowie die Aufnahmekapazität unseres Kurzzeitspeichers nehmen zum Beispiel bereits ab dem 30. Lebensjahr ab. Unser Gedächtnis verändert sich häufig ab dem 55. Lebensjahr. All diese Veränderungen sind von Person zu Person unterschiedlich und in den meisten Fällen Teil des „normalen“ Alterungsprozesses.

Zusätzlich können Faktoren wie Stress oder seelische Probleme wie Depressionen unsere geistigen Fähigkeiten beeinträchtigen. Bei der neuropsychologischen Untersuchung haben wir daher das Ziel, ein möglichst genaues geistiges Leistungsprofil zu erstellen, um typische, psychisch bedingte und demenzbedingte Veränderungen voneinander abgrenzen zu können. Dabei kommen neben dem persönlichen Gespräch verschiedene Tests, darunter für Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Sprache, zum Einsatz. Zusätzlich erfolgt eine Einschätzung der aktuellen psychosozialen Belastungsfaktoren und eine Abklärung psychischer Erkrankungen. Erst unter Berücksichtigung aller Ergebnisse der neurologischen, psychiatrischen und neuropsychologischen Untersuchungen, erfolgt dann in unserer Fallkonferenz eine abschließende diagnostische Beurteilung und Behandlungsempfehlung.

Prof. Dr. Maximilian Pilhatsch, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Prof. Dr. Maximilian Pilhatsch, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie © Elblandkliniken

Herr Professor Pilhatsch, eine fortschreitende Demenz ist herausfordernd für Betroffene und ihre Angehörigen. Welche Rolle spielt dabei die psychiatrische Begleitung im Krankheitsverlauf?

Demenzen verursachen einen enormen Leidensdruck bei Betroffenen und Angehörigen. Die Gedächtnisambulanz ist an der psychiatrischen Institutsambulanz der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie angesiedelt. Daher sehe ich die Rolle der psychiatrischen Begleitung durchaus als entscheidend an. Durch unser interdisziplinäres Team aus Ärzt*innen, Psycholog*innen, Spezialtherapeut*innen, Sozialarbeiter*innen und Pflegekräften können wir den vielfältigen Herausforderungen im Rahmen demenzieller Erkrankungen begegnen. Diese beinhalten unter anderem Diagnose und Behandlung von komorbiden Erkrankungen, Initiierung einer antidementiven Pharmakotherapie, Beratungen zu geeigneten Wohnformen, Initiierung ambulanter Unterstützung, Angehörigenberatung und vieles mehr.

Marie-Christin Preußler, Fachärztin für Neurologie
Marie-Christin Preußler, Fachärztin für Neurologie © Elblandkliniken

Frau Preußler, welche Therapiemöglichkeiten stehen derzeit zur Verfügung? Wie ordnen Sie die neue Anti-Körper-Therapie in dieses Spektrum ein?

In Abhängigkeit der Diagnose, der eine demenzielle Erkrankung zugrunde liegt, stehen verschiedene medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapieoptionen zur Verfügung. Für die häufigste Demenzerkrankung, die Demenz vom Alzheimertyp, gibt es bisher keine zugelassene kausale Therapieform, d.h. keine Therapie, die die Erkrankung ursächlich behandelt. Die Medikamente, die uns derzeit zur Verfügung stehen, führen aber zu einer Verlangsamung des fortschreitenden Abbaus der kognitiven Leistungsfähigkeit. Ende des Jahres 2023 wird die Zulassung eines Antikörpers, welcher sich gezielt gegen die der Krankheit zugrunde liegenden Ablagerungen richtet, in Europa erwartet.

Die aktuellen Studienergebnisse weisen darauf hin, dass bei Patient*innen im frühen Krankheitsstadium mit einer deutlicheren Verlangsamung des kognitiven Abbaus zu rechnen ist. Neben der medikamentösen Therapie sind ebenso nicht-medikamentöse Verfahren in der Behandlung etabliert. So haben Studien belegt, dass sich eine aktive Teilhabe am sozialen Leben, regelmäßige körperliche Aktivität, gezieltes Hirnleistungstraining sowie die Behandlung von Risikofaktoren positiv auf das Fortschreiten der Erkrankung auswirken.

Die Fragen stellte Kristin Koschnick.

  • Das SZ-Gesundheitsforum "Demenzen – Das interdisziplinäre Team der Gedächtnisambulanz" am 27. September 2023 um 18 Uhr im Elblandklinikum Radebeul, Heinrich-Zille-Straße 13, in der Krankenhauskapelle statt. Der Eintritt ist frei.
  • Aufgrund des begrenzten Platzes wird um telefonische Anmeldung, Montag bis Freitag 10–18 Uhr, unter 03521 41045520 oder 0351 833 893 833 gebeten.