Mittweida. Nach einem Entwurf des sächsischen Kabinetts sollen alle Krankenhäuser im Freistaat erhalten bleiben – aber nicht so weiterarbeiten wie bisher. Vor allem im ländlichen Raum wird eine Regelversorgung mit speziellen Fachrichtungen angestrebt. Der Döbelner Anzeiger hat sich in den Kliniken in Mittelsachsen umgesehen und stellt diese sowie deren Zukunftspläne in einer Serie vor. Heute: Landkreis Mittweida Krankenhaus GmbH.
Die Zukunft des Klinikums Mittweida verkünden derzeit große Erdhügel im ehemaligen Park des Krankenhauses. Dort wurden eine Baugrube ausgehoben und lange Pfähle in die Erde gerammt. „Hier entsteht ein zweigeschossiger Anbau für eine neue Gynäkologie mit Geburtshilfe“, erklärt Geschäftsführer Florian Claus.
Direkt neben dem Kreißsaal ist ein OP für Kaiserschnitte geplant und die Intensivstation wird erweitert. Außerdem sollen in dem Gebäude die zentrale Patientenaufnahme, Bereitschaftszimmer, Umkleideräume und der Personalspeiseraum untergebracht werden. An die Notfallambulanz wird ein neuer Schockraum angebaut.
Wenige Meter entfernt ist ein weiterer Anbau für die Palliativstation mit einem Patientengarten vorgesehen. Weiterhin sind der Abriss der Verwaltung und an dieser Stelle der Neubau einer Rettungswache geplant. Alle neuen Häuser sollen im Jahr 2025 bezugsfertig sein. In den dritten Bauabschnitt der Modernisierung der einzigen hundertprozentigen landkreiseigenen Klinik werden rund 40 Millionen Euro investiert.
Die Neubauten dienen teilweise als Ersatz für alte Gebäude wie das Albertstift und den OP-Container. Operiert werde in diesem schon lange nicht mehr. „Das Albertstift ziehen wir im Moment leer. In dem befinden sich nur noch einzelne Büros“, so Claus.
Die beiden und weitere ältere Häuser sollen abgerissen werden. Mittweida werde zum Gesundheitscampus mit Rettungswache, Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), dem Gesundheits- und Pflegezentrum „Lindenblick“ in Rochlitz und dem Pflegeheim Schweikershain.
Neues Angebot in geschlossener Rochlitzer Klinik
Im Eingangsbereich des Klinikums Mittweida werden die Patienten mit einem „Herzlich Willkommen“ begrüßt. Per Bildschirm erhalten sie Informationen über derzeitige und kommende Angebote der Landkreis Mittweida Krankenhaus GmbH, unter anderem über das Gesundheits- und Pflegezentrum „Lindenblick“ in Rochlitz. Das entsteht im ehemaligen Krankenhaus Rochlitz. Dieses und die Frankenberger Klinik gehörten ebenfalls zur GmbH, wurden aber vor Jahren geschlossen.
In Rochlitz soll ein Teil des Komplexes als medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) erhalten bleiben. Das wird um eine Etage erweitert. Derzeit befinden sich in dem MVZ eine Hausarztpraxis, eine Praxis für Gynäkologie und Geburtshilfe, eine radiologische Gemeinschaftspraxis und eine ambulante Physiotherapie. Letztere soll zum Therapiezentrum erweitert werden.
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Im Sommer vergangenen Jahres ist die Kurzzeitpflege vorübergehend in das ehemalige Pflegeheim Kriebethal gezogen. Sie wird in diesem Jahr als erste in die neu gestalteten Räume des Gesundheits- und Pflegezentrums einziehen. Dabei wird die Zahl der Plätze von 20 auf 22 erhöht. Zudem wird im Bettenhaus ein vollstationäres Pflegeheim mit 44 Betten eingerichtet. Für die Umsetzung des Gesamtprojektes sind 8,2 Millionen Euro eingeplant.
Klinik Mittweida avisiert erstmals 10.000 stationäre Patienten an
Das Klinikum Mittweida versorgt derzeit mehr Patienten als vor der Corona-Pandemie. „Wir steuern erstmals auf die 10.000 stationären Patienten zu“, meint Florian Claus. Das Einzugsgebiet sei groß. Es reiche von Döbeln bis Chemnitz und von Rochlitz bis zur A 4.
Allein in der Frauenheilkunde verzeichne die Klinik nach der Schließung von Leisnig bis zu 20 Prozent mehr Patientinnen. Auch die Bereitschaftspraxis für Kinder, die es nur noch in Mittweida gibt, werde von den Döbelner Eltern ganz selbstverständlich genutzt.
Spezialisierte Pflegekräfte werden weiter gesucht
Auch wenn sich das Klinikum beim Personal gut aufgestellt sieht, „bleibt das ein Riesenthema“. Vor allem spezialisierte Pflegekräfte würden weiter gesucht, zum Beispiel für die onkologische Fachpflege. Die Hebammen seien ein stabiles Team. Einige Mitarbeiterinnen wurden aus Leisnig übernommen.
Das Krankenhaus sorge selbst für Nachwuchs. In diesem Jahr werden 17 Pflegefachmänner und -frauen, vier Krankenpflegehelfer, zwei operationstechnische Assistenten und zum ersten Mal ein anästhesietechnischer Assistent ausgebildet.
Bald ab 32. Schwangerschaftswoche Geburten in Mittweida möglich
Nach der Schließung der Geburtsstation, Gynäkologie und Kinderstation der Helios Klinik Leisnig habe das Thema „Kinder und Frauen“ für die Mittweidaer Klinik noch mehr an Bedeutung gewonnen. Viele werdende Eltern aus der Region Döbeln entscheiden sich jetzt für eine Geburt in Mittweida.
Etwa 120 waren es im vergangenen Jahr. Insgesamt gab es in der Klinik 580 Geburten. „Dass auch ein Kinderarzt in der Nähe ist, gibt den Eltern Sicherheit“, meint der Geschäftsführer.
Die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist als Perinataler Schwerpunkt (Versorgungslevel 3) anerkannt. Das heißt, dort können Geburten vor der 36. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. „Wir sind derzeit bei der 35. Woche. Unser Ziel ist aber die 32. Woche“, sagt Florian Claus. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass die Station keine Frühchenstation ist.
Spezialisiert auf die Kinder- Gastroenterologie und Hepatologie
Am Empfang der Kinderstation werden die kleinen Patienten von Leopard, Ente und Hase begrüßt. An den Wänden fahren Züge und Autos über grüne Hügel. Und für diejenigen, die nicht im Bett bleiben müssen, steht ein Spielzimmer mit einem großen Holzschiff und vielen Spielzeugen für alle Altersgruppen zur Verfügung.
20 Mädchen und Jungen können derzeit auf der Station betreut werden. Insgesamt stehen aber 30 Stellplätze für Betten zur Verfügung, „sodass wir die Möglichkeit haben, Spitzenzeiten abzufedern“, meint Claus.
Im Juli hat Dr. med. Norman Händel die Kinderklinik Mittweida als Chefarzt übernommen. Er hat sich auf Magen-Darm- und Lebererkrankungen spezialisiert. „Die Kinder-Gastroenterologie und Hepatologie ist für die Zukunft ein Alleinstellungsmerkmal unserer Klinik“, so Claus.
Drei Therapien für psychosomatische Störungen
Manchmal finden die Ärzte für die körperlichen Beschwerden von Kindern und Jugendlichen keine organischen Ursachen. „Um diese Grenzfälle kümmert sich ein Team aus spezialisierten Psychologen und Therapeuten in der Abteilung für Psychosomatik“, erklärt der Geschäftsführer.
Es sei schwierig, zu den Problemen der Kinder vorzudringen. Das werde mit Psycho-, Kunst- und Mototherapie versucht. Beeindruckende Bilder im Treppenhaus zeugen von den Erfolgen. Im psychosozialen Bereich können bis zu zehn Kinder und Jugendliche behandelt werden. In der Schmerztherapie gibt es acht Plätze.
Auf dem Weg zum zertifizierten Darmkrebszentrum
In der Klinik für Innere Medizin vereinen sich Gastroenterologie, Onkologie, Pneumologie, Kardiologie und Angiologie, Diabetologie und Palliativmedizin. Mittweida ist als Hernienzentrum und Fußzentrum zertifiziert. Der Schwerpunkt der Tumorchirurgie liegt bei der Gastroenterologie.
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Dabei werden Patienten mit Darmkrebs behandelt. Über das Tumorboard wird mit Experten des Klinikums Chemnitz per Videokonferenz die Behandlung besprochen. Eingriffe erfolgen wenn möglich minimalinvasiv mit hochauflösender 3D-Technik. „Wir planen, uns 2023 zum Darmkrebszentrum der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizieren zu lassen“, so Claus.
Für die Kardiologie gibt es eine eigene Station. Die übernimmt im Herbst ein neuer Oberarzt. „Bis auf Herzkatheterleistungen und größere Operationen bieten wir dort alle Leistungen rund ums Herz an“, erklärt der Geschäftsführer.
Ärztin will sich zur Kinderorthopädin weiterbilden
In der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Wirbelsäulenchirurgie werden Unfallpatienten behandelt. Und bei der Abnutzung von Hüft- oder Kniegelenken kommt die Endoprothetik zum Einsatz. Auch hierfür hat die Klinik ein Zertifikat und ist lokales Trauma-Zentrum. „Eine Ärztin plant zudem eine Spezialisierung zur Kinderorthopädin“, so Claus.
In die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist das Brustzentrum integriert. Dort werden jährlich etwa 140 Patienten mit Brustkrebs behandelt. „Das sind ebenso viele Primärfälle wie im Klinikum Chemnitz“, meint Claus.
Acht Betten stehen in der Klinik für Anästhesiologie und Interdisziplinäre Intensivmedizin zur Verfügung. Die Zahl soll auf zwölf erweitert werden. Außerdem wird seit Ende 2020 eine multimodale Schmerztherapie angeboten. Sie kommt zum Einsatz, wenn Schmerzmittel, Physiotherapie Spritzen oder eine Operation keine Linderung der Schmerzen gebracht haben.
Die Erlöse steigen, die Preise aber noch mehr
Wie alle anderen Unternehmen muss das Klinikum Mittweida mit Preissteigerungen zurechtkommen. Dabei schlägt das Gas am meisten zu Buche. "Ohne Umlage kostet es in diesem Jahr rund 300.000 Euro mehr", hat der Geschäftsführer errechnet. Zwar würden auch die Erlöse um etwa 3,2 Prozent steigen.
Bei der Energie seien es aber rund 20 Prozent, in einigen Bereichen außerhalb von Mittweida sogar bis zu 100 Prozent. „Wir können nicht so agieren wie ein verarbeitender Betrieb und im Gegenzug die Preise anpassen. Wir müssen das selbst stemmen“, so Florian Claus.
Zur Landkreis Mittweida Krankenhaus GmbH gehören die Klinik, drei Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), das Pflegeheim Schweikershain und eine Servicegesellschaft.
Zu den rund 700 Mitarbeitern zählen reichlich 64 Ärzte und 230 Pflegekräfte.
Im vergangenen Jahr wurden in der Klinik reichlich 9.000 Patienten stationär und 26.000 Patienten ambulant behandelt sowie etwa 80.000 Patienten in den MVZ.
Für die stationäre Behandlung stehen 195 Betten zur Verfügung.
Pro Jahr werden in Mittweida durchschnittlich 580 Geburten gezählt.