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Ein Profi erklärt das Geheimnis richtigen Laufens

Viele Sachsen bereiten sich für den Saisonstart vor. Lauftrainer Dirk Püschmann erklärt, wie man anfängt und seine Leistung steigert. Und was kostet das?

Von Sylvia Miskowiec
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Training am laufenden Band im Großen Garten in Dresden: Trainer Dirk Püschmann verhilft mit einem Gummiband-Training zu mehr Kraft in Oberschenkel und Waden.
Training am laufenden Band im Großen Garten in Dresden: Trainer Dirk Püschmann verhilft mit einem Gummiband-Training zu mehr Kraft in Oberschenkel und Waden. © Thomas Schlorke

Ping, Ping, Ping, Ping – wenn Dirk Püschmann auf seinem Handy im Dresdner Großen Garten ein Metronom erklingen lässt, ist Schritttechnik angesagt: ein Ping, ein Schritt. Dirk Püschmann ist Lauftrainer und arbeitet mit dem Metronom an einem weit verbreiteten Jogging-Fehler. „Besonders Laufanfänger machen oft viel zu große Schritte“, sagt er. „Dadurch landen sie voll auf der Ferse, was wiederum zu Schmerzen und Problemen führen kann, die sich allerdings erst nach einer Weile bemerkbar machen.

Kleine Schritte zum Erfolg

Das Geheimnis guten Laufens sind kleinere Schritte, dafür schnell aufeinanderfolgend. Dann erst arbeiten Oberschenkel und Waden richtig mit. Da Läufer diesen Unterschied auch spüren sollten, raten Lauftrainer wie Püschmann, darauf zu achten, dass Laufschuhe keine zu stark gepolsterte Ferse haben. Die puffert zwar fußfreundlich viel ab, was aber nicht zum Erlernen einer guten Technik beitrage. Und die brauche es besonders auf harten Böden wie Asphalt, um Gelenke nicht unnötig mit Erschütterungen zu belasten.

Die Rolle der Ellbogen

Apropos Technik. „Die hört bei den Füßen noch nicht auf“, sagt Püschmann und winkelt die Arme an. „Die Arme ziehen mit und hängen nicht schlaff oder wedelnd rum.“ Profitipp: Um die richtige Armhaltung zu trainieren, ein Stöckchen in die Ellbogenbeuge klemmen und loslaufen. Und damit die Beine seiner Schützlinge ordentlich Kraft bekommen, lässt er sie auch mal gegen ein zwischen ihnen und sich gespanntes Gummiband anlaufen.

Arme angewinkelt und aktiv mitgeführt? Hobbyläuferin Katja Rössler hat die Technik raus.
Arme angewinkelt und aktiv mitgeführt? Hobbyläuferin Katja Rössler hat die Technik raus. ©  privat

Motivation durch Laufgruppe

„Laufspezifische Übungen, ein auf mich abgestimmter Trainingsplan und natürlich Ansporn durch den Trainer: All das war mir sehr wichtig, als ich mich nach langer kinderbedingter Pause entschlossen habe, wieder einen Halbmarathon anzugehen“, sagt Katja Rössler. Die dreifache Mutter wandte sich 2019 an Püschmann. Der empfahl ihr für den Anfang eine seiner Laufgruppen. „Die Erfahrung zeigt, dass Einsteiger und Wiedereinsteiger zusammen mit anderen am motiviertesten laufen und die empfohlenen zwei, drei Mal pro Woche auch durchziehen“, so Püschmann. Für Katja Rössler war es diese kleine soziale Verpflichtung, die ihren inneren Schweinehund in Schach gehalten hat. „Gerade bei schlechtem Wetter war die Laufgruppe ein gutes Argument, doch rauszugehen“, so Rössler. Ihren Halbmarathon lief sie nach drei Monaten Training mit Bravour.

Laufen nach Plan

Trainer wie Püschmann kosten natürlich Geld. Eine Privatstunde liegt bei 90 Euro. Deutlich günstiger sind die Kurse in der Laufgruppe, für zehn Einheiten à 75 Minuten verlangt Püschmann 135 Euro. Eine Alternative zum eigenen Coach sind Leichtathletik- und Laufsportvereine. Viele von ihnen bieten Lauftreffs an. Der Leichtathletikverband Sachsen listet allein neun dieser Treffs in Dresden.

Der große Vorteil eines eigenen Trainers: Er hat nicht nur das geschulte Auge für Fehler aller Art und entsprechende Lösungen, sondern erstellt auch individuelle und anpassbare Trainingspläne. So ist sichergestellt, dass sich niemand mit überambitioniertem Laufen überfordert – oder nach kurzer Zeit launisch das Handtuch schmeißt, denn Trainer und Plan motivieren, dranzubleiben. Nicht zuletzt bauen Coaches Abwechslungen ein, etwa Treppenläufe, kleine Ballspiele oder Slalomstrecken.

Flaches Terrain für Anfänger

Katja Rössler hat mithilfe von Dirk Püschmann die 21,1-Halbmarathon-Kilometer inzwischen gegen Ultradistanzen jenseits der Marathonmarke eingetauscht, am liebsten in bergigem Gelände. Anfänger sollten aber lieber erst mal flaches Terrain wählen, rät Püschmann. Sonst sei die Gefahr groß, bergauf zu schnell außer Puste zu kommen und aufzugeben. Ein weiterer Motivationskiller ist die Monotonie der immer gleichen Strecke. „Das verleitet dazu, immer schneller als beim letzten Mal sein zu wollen, was aber nicht zielführend ist, denn irgendwann wird man einfach nicht schneller ohne zusätzliche Übungen“, sagt Püschmann.

Erst Ausdauer, dann Tempo

Zu schnell sein zu wollen, ist ohnehin eine Schwäche von Anfängern. Generell gilt: Wer keine Luft mehr hat, um sich mit anderen zu unterhalten, ist zu schnell unterwegs. Singleläufer können ihre Geschwindigkeit checken, indem sie versuchen, nur durch die Nase einzuatmen. Aber was ist mit der angepeilten Bestzeit? „Erst legen wir Ausdauergrundlagen. Schneller wird jeder ganz automatisch“, beruhigt Püschmann. Ein gemächlicher Anfang tut zudem Sehnen, Bändern und Gelenken gut, die länger als Muskeln brauchen, um sich an die neue Belastung zu gewöhnen.

Kurze statt lange Strecken

Aus der Kalten ein paar Kilometer rennen? Keine gute Idee, wie auch Katja Rössler vor ihrem Halbmarathon eingesehen hat und aus Erfahrung sagt: „Gleich zehn Kilometer loszustürzen, bringt nichts. Lieber anfangs kurze Strecken, dafür aber öfter laufen und das Ganze langsam steigern.“ Für absolute Lauf-Neulinge sind die ersten Strecken daher eher Hunderte Meter statt mehrere Kilometer lang. Pausen sind ausdrücklich erlaubt, solange man zumindest noch geht.

Welche Belastung wirkt wo? Trainer Püschmann erklärt's.
Welche Belastung wirkt wo? Trainer Püschmann erklärt's. © Thomas Schlorke

Intervalltraining bringt Geschwindigkeit

Wer schneller laufen möchte, wechselt am besten das Tempo während eines Laufs. Nach einem schnellen Teil folgt ein langsamer, und das Ganze mehrmals hintereinander. Bei einem solchen Intervalltraining sollten die langsameren Phasen mindestens so lang sein wie die schnellen. „Dieses Training war schwer für mich, weil es wirklich anstrengt“, sagt Katja Rössler. Daher stehen Intervalle erst auf dem Plan, wenn eine gute Grundlagenausdauer vorhanden ist, so Püschmann. Allzu oft muss auch nicht sein: Für Hobbyläufer, die zwei bis drei Mal pro Woche unterwegs sind, reiche schon ein Intervalltraining aller zwei Wochen.

Leistungsdiagnostik vorm Start

Um sich nicht zu überlasten, schwören viele Läufer auf ihre Pulsuhr. Prinzipiell seien die Helfer am Handgelenk sinnvoll, sagt Püschmann. „Allerdings ist die Herzfrequenz sehr individuell. Faustformeln wie 220 minus Lebensalter ergibt den maximal zulässigen Puls, sind ungenau. Wer wissen will, wo sein Trainings- und Maximalpuls liegt, sollte sich lieber an seinen Hausarzt oder eine sportmedizinische Praxis wenden und einen entsprechenden Check-up machen.“ Gut zu wissen: Viele Krankenkassen bezuschussen zumindest einen Teil dieser sogenannten Leistungsdiagnostik.

Die richtige Kleidung

Der Puls kann übrigens auch durch falsche Kleidung steigen. Ein bisschen Frösteln muss anfangs sein – so lässt sich die ideale Läuferbekleidung zusammenfassen, egal, ob die aus atmungsaktivem Kunststoff oder geruchsresistenter Merinowolle ist. „Viele Anfänger ziehen sich zu warm an“, sagt Püschmann. „Das strengt den Körper sehr an, denn er braucht zusätzliche Energie, um sich runterzukühlen. Wem beim Loslaufen ein bisschen zu kalt ist, der ist richtig angezogen.“

Ausgleich mit Yoga

Und wenn die Lust mal so gar nicht da ist, laufen zu gehen? „Dann ist zum Beispiel Schwimmen ein toller Ersatz, der zudem den Einstieg in den Triathlon bietet“, sagt der ehemalige Leistungsschwimmer Püschmann, der neben Lauf- auch Schwimmkurse gibt. Als Ausgleich empfiehlt er zudem Yoga. „Die Übungen erhöhen die Beweglichkeit, schaffen Flexibilität und wirken damit den läufertypischen Verkürzungen der Muskulatur wunderbar entgegen.“

Laufevents in Sachsen

Wer schon gut trainiert ist, kann zum Beispiel hier auf die Strecke gehen: