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Prostatakrebs : Fingertest beim Urologen bringt oft nichts

Die Kassenvorsorge bei Prostatakrebs ist nicht geeignet, zeigt eine Studie von Krebsforschern. Nun ist eine Bezahlung des PSA-Tests im Gespräch.

Von Stephanie Wesely
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Neuen Untersuchungen zufolge reicht bald nur noch ein PSA-Test zur Früherkennung.
Neuen Untersuchungen zufolge reicht bald nur noch ein PSA-Test zur Früherkennung. © dpa

Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Jährlich werden in Sachsen 3000 neue Fälle registriert. Eine frühe Erkennung erhöht die Heilungschancen, weil der Krebs dann oft noch nicht gestreut hat und es auch immer bessere Behandlungsverfahren gibt. Doch viele Männer scheuen die Prostatakrebs-Vorsorge. Der Bluttest auf das prostataspezifische Antigen – kurz PSA – ist selbst zu zahlen. 25 bis 35 Euro fallen dafür an. Die Krankenkasse übernimmt nur die Kosten für die rektale Tastuntersuchung.

Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) haben nun erstmals in einer Studie den diagnostischen Wert der Tastuntersuchung bei jüngeren Männern von 45 Jahren ermittelt. Und der ist ernüchternd: Denn demnach ist die Tastuntersuchung bei ihnen nicht zur Früherkennung von Prostatakrebs geeignet, weil sie eine zu geringe Empfindlichkeit und eine zu hohe Falsch-Positiv-Rate aufweise. Sie tauge auch nicht dazu, Risikopatienten für einen zusätzlichen PSA-Test herauszufiltern. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie sieht sich mit diesem Ergebnis bestätigt.

Zu viele falsch-positive Ergebnisse

Zur Früherkennung von Prostatakrebs wird Männern noch heute empfohlen, ab einem Alter von 45 Jahren jährlich einmal eine rektale Tastuntersuchung vornehmen zu lassen. Die Untersuchung ist seit 50 Jahren Teil des Früherkennungsprogramms der gesetzlichen Krankenkassen, so das DKFZ.

6537 Teilnehmer der sogenannten Probase-Studie, deren PSA-Werte zunächst nicht bestimmt wurden, hatten sich bei Studieneintritt im Alter von 45 Jahren einer rektalen Tastuntersuchung unterzogen. Dabei wurden 57 verdächtige Befunde ermittelt. Bei der Mehrzahl der betroffenen Männer konnten diese Tastbefunde anschließend durch eine Gewebeprobe überprüft werden. Dadurch hatte das Team um Studienleiter Professor Peter Albers, Direktor der Urologischen Universitätsklinik Düsseldorf, die Möglichkeit, die Rate an falsch-positiven Ergebnissen zu errechnen. Nur bei drei Teilnehmern fand sich tatsächlich ein Karzinom. Die übrigen Befunde erwiesen sich als falsch-positiv, was belastende und unnötige Biopsien nach sich zog. Zum Vergleich: Beim PSA-Test liegt die Entdeckungsrate viel höher.

Teilnahmerate könnte sich verbessern

Die Aussagekraft der Tastuntersuchung konnte dann zusätzlich bei denjenigen Studienteilnehmern untersucht werden, deren Prostatakarzinome beim PSA-Test aufgefallen waren. 86 Prozent dieser Männer hatten einen unauffälligen Tastbefund, obwohl ihre Tumoren zum großen Teil in potenziell zugänglichen Regionen der Prostata lagen. „Angesichts der geringen Akzeptanz der rektalen Tastuntersuchung würde ein Screening auf der Basis eines PSA-Tests möglicherweise die Teilnahmebereitschaft der Männer steigern“, so Peter Albers.

In Sachsen gehen nur zwischen 11 und 22 Prozent der anspruchsberechtigten Männer zur Prostatakrebs-Früherkennung. „Der PSA-Test hat sich in großen wissenschaftlichen Studien als eindeutig überlegen erwiesen. Wir sollten mit großem Nachdruck eine risikoadaptierte, bevölkerungsweite Einführung vorbereiten, die bei abklärungsbedürftigen Befunden die Möglichkeit einer MRT-Untersuchung beinhaltet“, sagt er.

Oft nur noch ein PSA-Test nötig

Der Stellenwert des PSA-Tests ist ihm zufolge aber nur dann sehr hoch, wenn er im Alter von etwa 50 Jahren bestimmt wird. „Je älter die Männer sind, desto höher ist die Rate an PSA-Erhöhungen, die nichts mit Prostatakrebs zu tun haben“, sagt er. Das sei die neue Nachricht bezüglich dieses „Basis-PSA“-Werts.

Die Deutsche Gesellschaft für Urologie sei darüber im Gespräch mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), ebenso wie die Patientenverbände. „Zur Kostenübernahme ist der G-BA wahrscheinlich nur bereit, wenn ein wirklich anderes Screening-Programm angeboten wird“, so Professor Albers. Danach soll der Wert nur im Alter von etwa 50 Jahren bezahlt werden. Ist die Konzentration des Antigens im Blut gering, wie das bei 90 Prozent der Männer in diesem Alter der Fall sei, wären weitere Untersuchungen für viele Jahre unnötig.

Aktuell hätten sich Männer daran gewöhnt, jedes Jahr zur Vorsorge zu müssen. Dies sei mit dem Basis-PSA-Wert aber für viele nicht mehr erforderlich. „Der G-BA wird an einem Konzept arbeiten, das die Tastuntersuchung durch eine komplett neue Vorsorgestrategie ersetzt.“

Das ist auch dringend nötig, denn trotz großer Fortschritte bei den Therapiemöglichkeiten ist Prostatakrebs in Deutschland mit 15.000 Todesfällen jährlich die dritthäufigste Krebstodesursache für Männer.