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Nützt die professionelle Zahnreinigung oder nicht?

Die gesetzliche Kasse zahlt für die Leistung nicht. Doch sie ist beliebt – aus mehreren Gründen.

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Der Profi kann auch hartnäckige Beläge entfernen.
Der Profi kann auch hartnäckige Beläge entfernen. © Agentur

Sie kostet oft schon über 100 Euro, und manchmal schickt die Praxis alle sechs Monate eine neue Einladung dafür: Die „professionelle Zahnreinigung“ ist zum verbreiteten Standard für Erwachsene und häufig sogar schon für Kinder geworden. Doch wie groß ist der medizinische Nutzen für gesunde Zähne? Experten sehen große Einschränkungen.

„Eindeutige wissenschaftliche Belege zum medizinischen Nutzen der professionellen Zahnreinigung gibt es bisher nicht“, sagt Markus Hüttmann von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland zum Tag der Zahngesundheit am 25. September. Wie sinnvoll eine solche Behandlung für die Zahngesundheit ist, sei bislang kaum in aussagekräftigen Studien untersucht.

Hüttmann verweist auf den IGeL-Monitor, der über Sinn und Nutzen von ärztlichen Leistungen aufklärt. „Was bringt es, sich die Zähne und Zahnzwischenräume säubern, von Belägen befreien, polieren und fluoridieren zu lassen?“, wird in dem Bericht von 2012 gefragt. Die Antwort: „unklar“. Hüttmann schränkt aber ein: „Die Untersuchung bezieht sich nur auf Erwachsene mit gesunden Zähnen und nicht auf Menschen mit Parodontal-Erkrankungen.“ Hinter dem IGeL-Monitor steht der Medizinische Dienst der Krankenkassen.

Der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Christoph Benz, will die Einstufung allerdings nicht so stehen lassen. Das sei stark verkürzt, sagt er. Der medizinische Nutzen sei sehr wohl belegt, es fehle nur an randomisierten kontrollierten Studien. Diese gelten als Goldstandard zur Nutzenbewertung von Behandlungen. Probanden werden dabei vor der Behandlung zufällig einer Therapie- oder Placebo-Gruppe zugeordnet.

Zähne mit fluoridhaltiger Zahnpasta putzen

Stefan Wolfart, Direktor der Klinik für Zahnärztliche Prothetik und Biomaterialien an der Uniklinik Aachen, verweist auf Hilfe für Patienten mit erkranktem Zahnfleisch. Für sie könne die professionelle Zahnreinigung mehrmals im Jahr sinnvoll sein – je nachdem, wie geschädigt die Zähne und wie stark Kariesbakterien aktiv seien. „Sofern ein Patient in der Lage ist, seine Zähne perfekt zu pflegen, ist natürlich auch keine professionelle Zahnreinigung notwendig“, sagt Wolfart. Wenn Kinder und Erwachsene ihre Zahngesundheit erhalten wollten, sollten sie besser regelmäßig ihre Zähne mit fluoridhaltiger Zahnpasta putzen, sagt Hüttmann.

Ähnlich sieht das Julian Schmoeckel, Oberarzt der Kinderzahnheilkunde der Universitätsmedizin Greifswald: In der Kinderzahnheilkunde seien professionelle Zahnreinigungen selten wirklich notwendig. Wichtiger sei die Individualprophylaxe beim Zahnarzt, „bei der das Zähneputzen kontrolliert und trainiert wird“. Die werde laut Schmoeckel ja einmal pro Halbjahr auch von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen.

Die meisten Krankenkassen übernehmen für die professionelle Zahnreinigung zumindest einen Teil der Kosten – die AOK Plus zum Beispiel für Erwachsene einmal im Jahr 40 Euro. „Die professionelle Zahnreinigung spielt beim Erhalt der Zahngesundheit eine zentrale Rolle“, erklärt die Kasse. „Zahnflächen und schwer erreichbare Stellen, an denen die normale Zahnbürste versagt, werden dadurch gründlich gereinigt.“ Die Unabhängige Patientenberatung hält auch das Streben nach Schönheitsidealen für eine Motivation, privat Geld für eine regelmäßige professionelle Zahnreinigung auszugeben. Denn sie kann das Aussehen der Zähne verbessern, indem Verfärbungen durch Tee, Kaffee oder Nikotin entfernt werden.

Für Klinikdirektor Wolfart gehört zu einer guten Reinigung aber auch eine Anleitung des Patienten, seine Mundhygiene zu Hause kontinuierlich zu verbessern. So könne der Zahnbelag angefärbt und der Patient auf die sensiblen Stellen im Mund hingewiesen werden. Denn letztlich entscheidet vor allem die tägliche Pflege über die Gesundheit der Zähne. (dpa)