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Pubertät: Unzufriedenheit in Teenageralter am größten

Eltern miesepetriger Teenager mögen es geahnt haben: Nie ist die Unzufriedenheit so groß wie in diesem Alter, zeigt eine Studie.

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Unzufrieden mit dem Leben: ein typisches Gefühl von Jugendlichen.
Unzufrieden mit dem Leben: ein typisches Gefühl von Jugendlichen. © 123rf

Zu keiner anderen Zeit im Leben nimmt die Zufriedenheit mit dem eigenen Dasein so steil ab wie in der Adoleszenz. Also dem Zeitraum von der späten Kindheit über die Pubertät bis hin zum vollen Erwachsensein. Das geht aus einer Analyse deutscher und britischer Daten hervor, berichten Forschende in dem Fachjournal Royal Society Open Science.

Bei Mädchen beginnt der Rückgang demnach früher als bei Jungen, später gleichen sich die Werte wieder an. Als Ursache vermuten die Wissenschaftler, dass Mädchen bestimmte Entwicklungsphasen wie die Pubertät früher durchlaufen als ihre männlichen Altersgenossen.

Stärkster Rückgang der Lebenszufriedenheit

Üblicherweise werde die Lebenszufriedenheit in Studien erst ab einem Alter von 16 bis 18 Jahren erfasst, erläutern die Autoren um Amy Orben von der University of Cambridge (Großbritannien). Solche Studien ergeben vielfach eine paradox wirkende U-förmige Kurve: Die subjektiv empfundene Lebenszufriedenheit nimmt zunächst bis ins frühe und mittlere Erwachsenenalter ab, gefolgt von einem Wiederanstieg im höheren Alter – obwohl im mittleren Alter objektive Merkmale wie das Einkommen meist besser sind als zuvor und obwohl sich Einflussfaktoren wie die Gesundheit im Alter merklich verschlechtern.

Die neue Studie zeigt nun: Während der Adoleszenz – dem Alter von etwa 10 bis 24 Jahren – geht es mit der Lebenszufriedenheit am steilsten bergab. Das gelte vor allem für die ersten Jahre dieser Entwicklungsphase. In keinem anderen Zeitraum ähnlicher Länge gibt es der Analyse zufolge einen solch starken Rückgang. Als Adoleszenz wird die Zeit von der späten Kindheit über die Pubertät bis hin zum Erwachsensein mit weitgehender körperlicher, emotionaler und sozialer Reife bezeichnet.

Weitreichende Gehirnveränderungen

Die Forschenden hatten Lebenszufriedenheits-Daten von gut 37.000 jugendlichen Teilnehmern aus Großbritannien und Deutschland im Alter von 10 bis 24 Jahren sowie von mehr als 95.000 Erwachsenen im Alter ab 25 Jahren analysiert. Genutzt wurden Angaben zur empfundenen Zufriedenheit aus der britischen Haushaltsbefragung Understanding Society und der Langzeitstudie SOEP (Sozio-oekonomisches Panel) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Die verwendeten Daten reichen bis in das Jahr 2018, beinhalten also nicht den Zeitraum der Pandemie.

In der Adoleszenz fänden einige der weitreichendsten Veränderungen der Gehirnstruktur und -funktion statt, erläutert das Team um Orben. Sie beträfen sowohl kognitive Fähigkeiten als auch das Sozialverhalten und die psychische Gesundheit – und das langfristig. Daher sei das Verständnis, wie sich das subjektive Wohlbefinden in der Adoleszenz entwickelt, wichtig für die Förderung des Wohlbefindens über den gesamten Lebensverlauf.

Psychische Störungen bei Jugendlichen nehmen deutlich zu

Warum die Lebenszufriedenheit gerade in dieser Lebensphase so drastisch abnimmt, kann die Studie nicht klären. Es gebe verschiedene mögliche Erklärungen, erläutern die Forschenden. Eine seien Verschlechterungen etwa durch zunehmende soziale Unsicherheit oder Ungewissheit infolge bestimmter entwicklungsbedingter Veränderungen.

Zwar sei die Lebenszufriedenheit nicht mit der psychischen Gesundheit identisch, bei Jugendlichen nähmen psychische Störungen wie Depressionen oder Angstzustände aber deutlich zu und andere Formen des subjektiven Wohlbefindens ab. „Dies untermauert die Annahme, dass die Lebenszufriedenheit aufgrund einer Abnahme der Lebensqualität sinkt“, so das Team um Orben.

Eine weitere mögliche Erklärung sei, dass sich der Bewertungsprozess, der die Antwort auf die Frage nach der Lebenszufriedenheit bestimmt, im Laufe der Adoleszenz ändert. Einfluss könne zum Beispiel der verstärkte Vergleich des eigenen Lebens mit dem anderer Menschen nach wettbewerbsorientierten Maßstäben haben. Beziehungen zu Gleichaltrigen seien in diesem Alter entscheidend, oft sei die Adoleszenz eine Zeit der sozialen Neuorientierung. (dpa)