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Glühwein-Hickhack zwischen Meißen, Coswig und Radebeul

In der Domstadt schenken auch die Wirte am Fenster nichts aus. In Radebeul wird der Fensterverkauf genutzt, in Coswig gibt es das Getränk sogar auf dem Markt.

Von Peter Redlich
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Nur einer der Papierkörbe auf dem Kötzschenbrodaer Dorfanger, der vollgestopft mit Glühweinbechern war.
Nur einer der Papierkörbe auf dem Kötzschenbrodaer Dorfanger, der vollgestopft mit Glühweinbechern war. © Arvid Müller

Radebeul/Coswig/Meißen. Die Bilder zeigen es noch am Montagmorgen. Hier wurde gebechert. Glühwein gab es auf dem Dorfanger in Kötzschenbroda und auch auf einigen Weingütern - etwa dem stadteigenen Gut Hoflößnitz oder dem Haus Steinbach.

Auch in Coswig konnte sich, wer das wollte, den Becher Glühwein am Marktstand kaufen. Nur in Meißen mussten sich die Besucher von Markt und Nebengassen mit Kinderpunsch begnügen.

Was gilt denn nun? Und wie verhalten sich der Bürger und der Gewerbetreibende richtig? Fakt ist, das Landratsamt hat festgelegt: Die Ausgabe von Getränken (beim Fensterverkauf - Anm. der Red.) ist somit nur dann zulässig, wenn es sich um Angebote zum Mitnehmen, nicht hingegen zum Verzehr vor Ort handelt.

Darüber hinaus ist auch der Verzehr vor Ort nicht mit den Regelungen der vierten Allgemeinverfügung des Landkreises Meißen vereinbar. Danach ist das Verlassen der häuslichen Unterkunft ohne triftigen Grund untersagt. Das Verweilen in der Öffentlichkeit zum Glühweintrinken stellt keinen triftigen Grund dar und ist somit nicht gestattet.

Vorschriften und die Wirklichkeit

Da es sich bei Glühwein um ein alkoholisches Getränk handelt, kommt darüber hinaus die Regelung nach Nr. 2 der vierten Allgemeinverfügung des Landkreises zur Anwendung, so das Amt. Danach ist die Abgabe von Alkoholika und alkoholhaltigen Getränken außerhalb von Läden und Geschäften im Bereich von Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen sowie auf öffentlichen Parkplätzen und Parkplätzen vor Einkaufszentren, Geschäften und Läden, in Parkhäusern, Parkgaragen, auf Parkdecks, auf Spiel- und Sportplätzen und in öffentlich zugänglichen Parkanlagen untersagt.

Unabhängig von den konkreten Regelungen der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung haben die Städte und Gemeinden bei der Bewilligung von Sondernutzungserlaubnissen, die zum Betrieb von Verkaufsständen auf öffentlichen Flächen erforderlich sind, selbstverständlich auch darauf zu achten, dass keine Gefährdungslagen entstehen, die dem Zweck der Corona-Schutzvorschriften widersprechen.

Und wie sieht die Wirklichkeit aus? In Meißen auf dem Markt herrschte Ebbe. Glühwein trinken ist offenbar ein wesentlicher Grund, sich zur Geselligkeit zu treffen. Mal rauszukommen und wenigstens etwas Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen. Das gibt es dort nicht. Aus dem Meißner OB-Büro schreibt Anne Dziallas dazu: "Es darf kein Alkohol im verkehrsberuhigten Bereich verkauft werden. Darauf achtet die Stadt Meißen auch. Alle Händler wurden am 1.12.2020 nochmals freundlich durch den Vollzugsdienst und die Polizei auf die geltenden Regelungen hingewiesen. Außerhalb des verkehrsberuhigten Bereiches, z.B. auf der Neugasse, dürfte der Fensterverkauf stattfinden. Die Verkaufsstände auf dem Markt haben alle keinerlei Aufenthaltsfunktion. Auch verkaufen die Gastronomen in der Altstadt keinen Alkohol."

Am Wochenende gab es massive Kontrollen in Radebeul - von der Bundespolizei, dem Revier Meißen und dem Ordnungsamt der Stadt.
Am Wochenende gab es massive Kontrollen in Radebeul - von der Bundespolizei, dem Revier Meißen und dem Ordnungsamt der Stadt. © Werbegilde Altkötzschenbroda

In Radebeul ist das anders. Hier hat die Stadt, entsprechend der Vorschriften vom Landratsamt, etwa den Dorfanger von Kötzschenbroda in zwei Bereiche geteilt - in den verkehrsberuhigten und in den, wo der Verkehr rollt. Dort, wo der Verkehr noch rollt, sind die meisten Kneipen. Dort darf de facto Glühwein verkauft werden. Der Becher mit einem Deckel versehen - zum Mitnehmen.

Eigentlich müsste der Glühweinkäufer den Becher nehmen und damit weitergehen. Denn er darf ja nur zum Einkaufen oder zum Sport an der frischen Luft raus. Macht aber keiner. Üblicherweise gehen die Menschen ein paar Schritte weiter und trinken dann auf dem Anger den Glühwein. An anderen Gaststätten stehen sogar Stehtische draußen.

Angerwirtin Mandy Hähnel und Schwarze-Seele-Wirt Holger Jowatzky haben sich an die Regeln gehalten: Markierungen für die Abstände, Verkäufer am Fenster mit Maske, Trinkbecher mit Deckel to go. Mandy Hähnel: "Es ist unsere letzte Möglichkeit, überhaupt noch was zu verkaufen, manche trinken Punsch, andere Glühwein. Wie sollen wir denn unsere Mitarbeiter bei Laune halten? Von dem Ausfallgeld, welches groß angekündigt worden war, ist noch kein Cent eingetroffen."

In der Hoflößnitz hat Geschäftsführer Jörg Hahn Gassen anlegen lassen. In einer kommen die Besucher zum Einkauf von Bratwurst und Glühwein, in der anderen sollen sie gleich wieder gehen. Auf den Bechern ist der Deckel drauf, zum Mitnehmen. Hinterm Tor der Hoflößnitz trinkt mancher in Ruhe seinen Glühwein und schaut in die Weinberge.

Danach sehen sich die Besucher: Licht und weihnachtliche Stimmung, auch auf dem Dorfanger von Kötzschenbroda.
Danach sehen sich die Besucher: Licht und weihnachtliche Stimmung, auch auf dem Dorfanger von Kötzschenbroda. © Norbert Millauer

Bürgermeister: Dann muss nachgesteuert werden

In Meißen und Radebeul waren sowohl Mitarbeiter vom Ordnungsamt als auch die Polizei unterwegs. Hähnel und Jowatzky berichten davon, dass jedes Verkaufsfenster kontrolliert worden sei. Radebeuls Ordnungsbürgermeister Winfried Lehmann (CDU) zu den Ergebnissen der Rundgänge: "So präsent waren die Ordnungskräfte noch nie. Bundespolizei, das Revier Meißen und die Mitarbeiter vom Ordnungsamt waren auf Kontrollgängen unterwegs."

Diese seien in den Weingütern und auch auf dem Kötzschenbrodaer Dorfanger gewesen. Lehmann: "Meine Mitarbeiter haben mir geschildert, dass, so lange sie da waren, die Gruppen sich zumeist aufgelöst hätten, anschließend sei es wieder anders gewesen." Beobachtet wurde auch, dass viele auswärtige Besucher aus Dresden und sogar aus Berlin dagewesen sind. Es habe sich offenbar herumgesprochen, was auf dem Anger zu erleben sei.

Lehmann: "Gesundheit ist das höchste Gut, wenn es anders nicht funktioniert, dann muss seitens des Landratsamtes in Sachen Alkoholverbot noch nachgesteuert werden." Am nächsten Adventswochenende sollen erneut an allen drei Tagen Kontrollen von Polizei und Ordnungsamt durchgeführt werden.