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West-Ost-Treff: Aachener überwältigt von Görlitzer Interesse

Nach einem Aufruf in der SZ haben sich sowohl Vereine als auch Privatleute für das Treffen im Kühlhaus angemeldet. Nun wird sortiert, wer mit wem redet.

Von Matthias Klaus
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Die Mitglieder des Vereins "Gut!  Branderhof" freuen sich auf die Reise nach Görlitz.
Die Mitglieder des Vereins "Gut! Branderhof" freuen sich auf die Reise nach Görlitz. © Verein

Görlitz sorgt am Montagnachmittag am anderen Ende Deutschlands für Betriebsamkeit. In Aachen treffen sich Mitglieder des Nachbarschaftszentrums "Gut! Branderhof" und lesen Briefe aus dem Osten. Denn die Aachener wollen herausfinden, wie die Landsleute "drüben" ticken, welche Befindlichkeiten sie haben und natürlich Gemeinsamkeiten ausloten.

Deshalb hat das Nachbarschaftszentrum einen Aufruf über die SZ gestartet, 14 Mitglieder machen sich Anfang Juli auf gen Osten, um Görlitzer zu treffen. Das Ergebnis des Aufrufs in der Sächsischen Zeitung hat die Aachener überrascht - positiv. "Man kann sagen: Wir sind überwältigt", sagt Ingeborg Haffert, Vereinsvorsitzende.

Bisher haben sich zwei Vereine und etwa 25 Einzelpersonen aus Görlitz bei den Aachenern gemeldet. "Das ist viel mehr, als wir erwartet haben", sagt Ingeborg Haffert. In den Briefen an den Verein, selten kürzer als eine halbe DIN A4-Seite, seien sehr persönliche Eindrücke geschildert worden. "Das hat uns sehr berührt", sagt Ingeborg Haffert. Jeder Schreiber wird eine Antwort erhalten.

25 Görlitzer wollen reden

In Aachen wird nun entschieden, wer mit wem in kleiner Runde Gespräche führen soll, mit wem gemeinsam gewandert, mit wem gekocht wird. Denn vor allem um das Gemeinsame wird es bei den Tagen im Kühlhaus gehen. Die Aachener wollen vor allem zuhören, nichts bewerten, nichts beurteilen. Deshalb lassen sie sich auch extra schulen, in "wertschätzender Kommunikation".

Am Ende soll ein Dokumentarfilm über das Treffen entstehen. Ob und wo er gezeigt wird, dass entscheiden alle Teilnehmer. "Aber ich glaube schon jetzt: Wir haben eine kleine Tür aufgestoßen", sagt Ingeborg Haffert. Nun ist geplant, dass sowohl in Aachen als auch in Görlitz je eine Gruppe gebildet wird, die sich auf das Treffen vorbereitet.

Treffen soll unpolitisch bleiben

Auslöser für den Westbesuch war unter anderem eine Studie des Leipziger Else-Frenkel-Brunswik-Institutes für Demokratieforschung in Sachsen. Da heißt es unter anderem, dass die Sehnsucht nach der DDR ausgeprägt sei und von zwei Dritteln der Sachsen geteilt werde. Zudem wünsche sich jeder Zweite eine "starke Partei", die die "Volksgemeinschaft" insgesamt verkörpere. Ergebnisse, die den Aachenern zu denken gegeben haben. Wir wissen zu wenig übereinander - das war dann der gemeinsame Nenner und Auslöser für die Reise nach Görlitz.

Ob und wie viele Menschen sich hier für die Gäste überhaupt und für eine derartige Kontaktaufnahme interessieren würden, war da noch völlig offen. Um so erfreuter sind die Mitglieder des Vereins nun über die Reaktionen aus der Neißestadt.

Fördermittel fehlen noch

Ingeborg Haffert ist nun dabei, noch Fördermittel zu organisieren. Die Gesprächstrainerin muss unter anderem bezahlt werden. Die Sächsische Staatskanzlei ließ zwar wissen, dass sie das Vorhaben wohlwollend begleiten und erwähnen möchte. Geld will Dresden aber nicht geben. Auf einen "Stempel" aus der sächsischen Landeshauptstadt wiederum will der Verein verzichten. "Wir haben immer betont, dass wir ein unpolitisches Projekt verfolgen", sagt Ingeborg Haffert.

Letztendlich, sagt sie, wird es wohl an ein paar Tausend Euro nicht scheitern. Dann muss sie aber wirklich los - Briefe aus Görlitz lesen und West-Ost-Gespräche organisieren: Wer mit wem?