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Diese Immobilie in der Stadt Reichenbach soll 40-mal mehr wert sein als vor 17 Jahren

Das ehemalige Lehrerseminar in Reichenbach steht erneut zum Verkauf. Die Preisvorstellungen des jetzigen Besitzers geben aber Anlass zum Reden in der Kleinstadt bei Görlitz.

Von Constanze Junghanß
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In dem Gebäude befand sich bis 1926 das Lehrerseminar, später verschiedene Schulen. 2007 verkaufte die Stadt Reichenbach das Objekt samt dem Park an Privat. Jetzt steht die Immobilie wieder zum Verkauf.
In dem Gebäude befand sich bis 1926 das Lehrerseminar, später verschiedene Schulen. 2007 verkaufte die Stadt Reichenbach das Objekt samt dem Park an Privat. Jetzt steht die Immobilie wieder zum Verkauf. © Foto: SZ/Constanze Junghanß

Der geplante Verkauf des ehemaligen Königlich Oberlausitzer Lehrerseminars beschäftigte nun auch den Stadtrat. Die AfD-Fraktion wollte das Thema auf der Tagesordnung sehen, um ergebnisoffen über künftige Nutzungsmöglichkeiten zu beraten. Das Lehrerseminar befindet sich allerdings in privater Hand. Dass der Eigentümer seit geraumer Zeit Verkaufsabsichten hegt, hat sich herumgesprochen. Auf einem Immobilienportal wird das knapp 24.000 Quadratmeter große Grundstück aktuell für 3,4 Millionen Euro angeboten, vor einer Weile waren das noch 3,8 Millionen Euro gewesen.

Thomas Weigt von der AfD, die im Stadtrat mit vier Sitzen zweitstärkste Fraktion ist, wollte jetzt beantragen, dass ein Wertgutachten in Auftrag gegeben wird, um mögliche regionale Investoren beim Erwerb zu unterstützen. Beim Verkauf mit zu vermitteln, als Stadtrat aktiver zu werden, so das Ansinnen der Fraktion. Die Stadt könne als Interessent auftreten und ein solches Gutachten in Auftrag geben, hieß es. „Davon verspreche ich mir einen realistischen Preis, das wäre im regionalen Interesse“, sagte Weigt.

Wie die SZ auf Nachfrage im Rathaus erfuhr, wurde das Lehrerseminar an der Löbauer Straße samt Grundstück und weiteren Gebäuden vor 17 Jahren für 85.000 Euro an den jetzigen Besitzer verkauft. Das geht aus dem damaligen Stadtratsbeschluss hervor. Reichenbach war bis dahin selbst Eigentümer des Areals gewesen, zuvor soll es dem Freistaat gehört haben. Damit liegt die aktuell aufgerufene Verkaufssumme um genau das 40-Fache höher als zum damaligen Zeitpunkt.

Der Stadt Reichenbach gehört das Lehrerseminar mit dem Park und dem zur Wohnvilla umgebauten ehemaligen Internat mit Kino seit 2007 nicht mehr. Die Pläne des deutsch-kanadischen Besitzers waren dazumal groß, wie aus der Unterlage hervorgeht. „Die Gebäude sollen für ein stilvolles Wohnen in gehobenem Standard mit Vollservice hergerichtet werden“, heißt es informativ in dem alten Beschluss. Dem Verkauf unter diesen Voraussetzungen stimmten 14 Stadträte zu, zwei enthielten sich der Stimme, ist aus dem Papier ersichtlich.

AfD-Antrag schafft es nicht auf die Tagesordnung

Auf die Tagesordnung schaffte es der AfD-Antrag wegen Kurzfristigkeit nicht und auch, weil es in der Formulierung haperte. Bürgermeisterin Carina Dittrich sagte, dass das Objekt, welches da nun für einige Millionen Euro angeboten wird, eine rein „private Angelegenheit ist.“ Die Stadt jedenfalls könne kein Geld für den Eigentümer in die Hand nehmen. Auch der beauftragte Makler, Thomas Birnstein von Beate Protze Immobilien Dresden, zeigt sich hinsichtlich der Einholung eines Gutachtens skeptisch, wenngleich er einräumt, man könne „gerne mit der AfD einen Investor suchen.“ Ein Wertgutachten sei keinesfalls bindend und nur dann sinnvoll, wenn die Stadt tatsächlich ein Kaufangebot unterbreitet, so Birnstein. Dazu hat Reichenbach wiederum weder das Geld, noch gibt es bisher Ideen seitens der Kommunalpolitik, wofür ein solch riesiges und geschichtsträchtiges Gebäude genutzt werden könnte. Bürgermeisterin Dittrich schließt jedenfalls einen Kauf durch die Stadt kategorisch aus.

Das war beim ehemaligen Ringhotel anders. Reichenbach hatte das Hotel über die Bauen und Wohnen GmbH, ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der Stadt, 2022 für knapp eine halbe Millionen Euro erworben, um da mit Fördermitteln aus dem Kohle-Ausstiegstopf zuerst ein Forschungszentrum, später eine Energiefabrik, auf den Weg zu bringen und so Arbeitsplätze zu schaffen. Bisher hat das nicht geklappt, das Hotel steht weiter leer.

Ähnlich beim Lehrerseminar: Aus dem Objekt sollte erst ein Wohnschloss für Senioren werden, dann ein „Schlosshotel Reichenbach“ entstehen. Später war davon die Rede, aus der Turnhalle eine Cafeteria und die Aula zur offenen Orangerie zu machen. Die Pläne sind nicht umgesetzt worden, das Lehrerseminar steht leer, der vor dem Verkauf bis 2007 öffentliche Lekve-Park, in dem die Reichenbacher gern verweilten, ist geschlossen.

Makler Birnstein fände es „nicht schlecht, wenn die Politik sich Gedanken machen würde, wie das genutzt wird.“ Er selbst hat sich im Februar in einer Mail unter anderem an den Görlitzer Landrat Stephan Meyer und den sächsischen Kultusminister Christian Piwarz gewendet, um auf das Lehrerseminar in Reichenbach im Zusammenhang mit der künftigen Lehrerausbildung in der Oberlausitz hinzuweisen. Auch das DZA, das Deutsche Zentrum für Astrophysik, welches kürzlich die ersten Räume im Görlitzer Zentrum bezog, hat der Makler kontaktiert, um auf das Reichenbacher Ensemble vor den Toren der Neißestadt aufmerksam zu machen. Er bedauert, dass „es bisher keine Reaktionen gab.“