SZ + Görlitz
Merken

Hauptsache Räder: Görlitzer gehört zu den besten Azubis Sachsens

Alles was fährt war immer schon Benjamin Lechners Ding. Seine Leidenschaft ist das Mountainbike - beruflich hat er es mit deutlich größeren Maschinen zu tun.

Von Susanne Sodan
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Benjamin Lechner auf seinem Mountainbike. Er kennt sich aber auch mit deutlich größeren Maschinen aus.
Benjamin Lechner auf seinem Mountainbike. Er kennt sich aber auch mit deutlich größeren Maschinen aus. © Martin Schneider

Benjamin Lechners liebstes Mountainbike muss nicht in den Keller. Es hat einen Platz in der Wohnung in der Görlitzer Südstadt. Auf einer Halterung steht das britische Modell geputzt und ziemlich dekorativ im Wohnzimmer. "So hübsch sieht es nicht immer aus", sagt Benjamin Lechner und lacht. Sobald im April die Saison startet, wird er wieder die meisten seiner Wochenenden im Bikepark Elstra bei Kamenz verbringen, mit seinem Bike durch die Steilkurven, über Wellen und Wurzeln im Waldboden, über Aufschüttungen und Rampen rasen - oder springen. Lechner ist begeisterter Mountainbiker.

Alles was fährt war schon immer sein Ding, erzählt er. Sein Mountainbike wiegt 14,5 Kilogramm - die Fahrzeuge, mit denen er beruflich zu tun hat, sind schwerer: Benjamin Lechner hat gerade seinen Abschluss als Land- und Baumaschinenmechatroniker in der Tasche - als Jahrgangsbester in Sachsen. Jetzt arbeitet er bei Lift-Manager in Jänkendorf, ein Dienstleister für Arbeitsbühnen.

Corona und Uni passten nicht gut zusammen

Der 25-Jährige stammt aus Görlitz, nach seinem Abi am Joliot-Curie-Gymnasium ging er nach Freiberg und studierte "Fahrzeugbau: Werkstoffe und Komponenten". Werkstofftechnik für KfZ, wie es Benjamin Lechner zusammenfasst. Das Studium gefiel ihm, er fand einen Job als studentische Hilfskraft. Doch dann kam Corona. Vorlesungen fielen aus oder wurden ins Netz verlegt. Als der erste Lockdown sich 2020 ankündigte, zog Lechner ob der Unsicherheit nach Görlitz zurück, zunächst zu seiner Großmutter. "Ich habe immer wieder versucht, etwas für die Uni zu tun", dranzubleiben bei den Online-Kursen. "Mir ist das schwergefallen. Ich brauche einfach jemanden, der mir die Inhalte erklärt. Mathematik für Ingenieure hat mich dann ausgehebelt."

Lange haderte er mit sich, erzählt er. Sollte er das Studium wechseln, oder etwas ganz anderes machen? Er entschied sich für die Ausbildung zum Land- und Baumaschinenmechatroniker. "Im September 2020 habe ich bei HS Timber angefangen." Ein Unternehmen für Holzverarbeitung in Kodersdorf. Lechners Ausbildungsplatz: der Fuhrpark. Vom Gabelstapler bis zur 80 Tonnen schweren Holzumschlag-Technik ist dort alles dabei. Und es gibt für die Mitarbeiter, die auf dem Firmengelände unterwegs sind, jede Menge Fahrräder. Mit denen hatte Benjamin Lechner zwar nichts zu tun, gefreut hat er sich trotzdem darüber. "Ich muss zugeben, ich habe zwischendurch überlegt, ob ich auf Zweiradmechaniker umsattele."

Benjamin Lechner mit seinem Gesellenbrief - sogar ein goldener.
Benjamin Lechner mit seinem Gesellenbrief - sogar ein goldener. © Martin Schneider

Bester Azubi in seinem Fach

Aber er blieb bei den Bau- und Landmaschinen. Für ihn die vielseitigste aller KfZ-Ausbildungen: Blechbearbeitung gehört dazu, die Wartung und Reparatur von Bauteilen, Elektrik, Pläne lesen, Hydraulik verstehen. Letztere spielt bei so großen Maschinen eine viel größere Rolle als bei Autos, mehr und schwerere Bauteile hängen an der Hydraulik. Eine Ausbildungsrichtung, von der man eher wenig hört. Doch sie zieht zunehmend Interessenten an, erzählt Benjamin Lechner. Sachsenweit haben mit ihm jetzt immerhin über 70 Azubis ihren Abschluss geschafft. "In meiner Klasse waren zum Schluss 27 Leute".

Die theoretische Ausbildung fand im ersten Lehrjahr im Berufsschulzentrum Görlitz statt. Für die spezialisierten weiteren Lehrjahre ging es unter der Woche ins 180 Kilometer entfernte Grimma. Lechner winkt ab, "die Azubis der Holzverarbeitung müssen sogar bis Gotha." Gerade mit Blick auf die Theorie sagt Benjamin Lechner: Auch wenn es mit dem Studium nicht klappte, verlorene Zeit sei es keinesfalls gewesen. "Es hat mir für die Ausbildung wirklich geholfen." Noch aus einem anderen Grund denkt er gern an Freiberg zurück: Dort begann die Leidenschaft für Mountainbikes.

Mountainbike fahren "ist einfach Freiheit"

Angefangen hatte es mit einer Sportgruppe, der er sich in Freiberg zunächst mit seinem Straßenrad anschloss. "2018 habe ich dann mein erstes 'richtiges' Bike gekauft", erinnert er sich. Inzwischen ist die Sammlung auf vier angewachsen - jedes hat seinen Zweck. Eines hat sogar Licht und Klingel - für den Stadtverkehr. Zu seiner Arbeit in Jänkendorf fährt er nur deshalb nicht per Rad, weil es an der B 115 keinen Radweg gibt. Vorteil von Görlitz dagegen: Man ist schnell in den Königshainer Bergen, man ist auf polnischer und tschechischer Seite schnell im Riesengebirge. Dort ist Benjamin Lechner gern per Rad unterwegs, wenn in Elstra keine Saison ist.

  • Hier können Sie sich für unseren kostenlosen Görlitz-Niesky-Newsletter anmelden.

Beim Mountainbikesport ist es fast wie beim Skifahren: Man braucht einen Berg und verschiedene schwere Strecken führen hinab. Der Bikepark "Black Mountain" in Elstra liegt am Talpenberg - tatsächlich kann man dort auch Ski fahren. Im Nordwesten wurde der Bikepark angelegt. Auf fünf Strecken mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden geht es bergab über Bodenwellen, Wurzelteppiche, Steine, mit kleineren oder auch ziemlich großen Sprüngen - und ordentlich Geschwindigkeit. "Profis kommen auf bis zu 50 Kilometer pro Stunde", erzählt Lechner. Er ist meist mit 30 bis maximal 40 Kilometern pro Stunde dabei - das Freiheitsgefühl komme trotzdem auf.

"Es macht einfach Spaß, ich kann abschalten." Inzwischen gehört er zum "Personal": Wenn er da ist, fährt er nicht nur, sondern weist auch neue Sportler ein, hilft bei Problemen. "Das Schönste ist für mich eigentlich der Zusammenhalt in der Szene."