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Gratis-Massage und Dienstfahrrad: Wie Firmen im Kreis Görlitz um Nachwuchs buhlen

Solides Gehalt und Karrierechancen? Damit kriegt man junge Menschen heutzutage nicht mehr rum. Um dem Arbeitskräftemangel entgegenzutreten, locken Betriebe im Kreis Görlitz mit ungewöhnlichen Angeboten.

Von Jonas Niesmann
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In der Mittagspause umsonst massiert werden? Kein Problem, wenn man in der Zahnarztpraxis Mandau-Dental arbeitet. Peggy Reichelt ist Zahnmedizinische Fachangestellte und hat eine Zusatzausbildung zur Massage- und Wellness-Therapeutin.
In der Mittagspause umsonst massiert werden? Kein Problem, wenn man in der Zahnarztpraxis Mandau-Dental arbeitet. Peggy Reichelt ist Zahnmedizinische Fachangestellte und hat eine Zusatzausbildung zur Massage- und Wellness-Therapeutin. © Mandau-Dental

Spätestens auf der großen Jobmesse in Dresden Anfang des Jahres wurde klar: Wer dieser Tage Nachwuchs für sein Unternehmen sucht, muss neue Wege gehen. In den Messehallen der Hauptstadt konnte man gut beobachten, wie Stände ohne ungewöhnliches Alleinstellungsmerkmal regelrecht gemieden wurden: Einsame Versicherungsmakler reihten sich an verdrießlich dreinblickende Personalchefs der öffentlichen Verwaltung, und auch am Stand der Fleischerinnung sah es mau aus, obwohl es da sogar ein paar Rinderkeulen zum Anfassen gab. Branchen, die früher mit solidem Gehalt und sicherem Arbeitsplatz keine Probleme hatten, junge Fachkräfte an sich zu binden, suchen heute händeringend nach Auszubildenden.

148 Ausbildungsplätze unbesetzt

Bedarf besteht auch im Kreis Görlitz: 148 unbesetzte Ausbildungsplätze gab es dort im vergangenen Jahr laut einer Statistik der Agentur für Arbeit. Am schlimmsten trifft es demnach Mechatronik- und Mechanik-Betriebe, wo zum Teil fast die Hälfte der Ausbildungsplätze unbesetzt blieben. Beliebt zu sein scheinen hingegen die Berufe Koch, Elektrotechniker oder IT-Spezialist: Hier waren zumindest alle Ausbildungsstellen besetzt.

Was aber können Unternehmen tun, um junge Menschen zu locken? Am Inhalt der Ausbildungen lässt sich ja wenig ändern: Ein Versicherungsmakler muss Provisionen ausrechnen können und eine Fleischerin das Hackbeil schwingen lernen. Stellschrauben gibt es aber an anderen Stellen, weiß Torsten Köhler. Er ist verantwortlich für den Bereich Bildung bei der Industrie- und Handelskammer Sachsen. "Früher hat man ja gesagt: Lehrjahre sind keine Herrenjahre", sagt Köhler. Aber mit dieser Einstellung ließen sich heute keine jungen Menschen mehr gewinnen.

Wertschätzung ist wichtiger als Geld

Wichtig sei Berufsanfängern vor allem Wertschätzung. Betriebe sollten ihre Lehrlinge ernst nehmen und ihnen Verantwortung zutrauen, rät Köhler. Darauf würden junge Menschen deutlich mehr Wert legen als auf eine besonders gute Bezahlung. Auch der Wunsch nach einer ausgeglichenen Work-Life-Balance durch flexible Arbeitszeitregelungen oder Homeoffice und das Streben nach sinnstiftender Arbeit sei heutzutage unter den jungen Menschen ausgeprägter als früher, sagt Corina Franke, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit auf Anfrage der SZ.

Auch Unternehmen im Kreis Görlitz werden kreativ, wenn es darum geht, für junge Mitarbeiter attraktiv zu sein. In den sozialen Medien, wo sich die jungen Leute ja bekanntlich tummeln, stößt man reihenweise auf Jobanzeigen. Die Brewes GmbH aus Markersdorf wirbt auf Instagram zum Beispiel mit Mitarbeitervorteilen wie Business-Bikes: Dienstwagen war gestern. Der Azubi von heute will mit dem Fahrrad zur Arbeit düsen und dazu noch, auf der nächsten Seite der Anzeige kommt das Zauberwort, zu "flexiblen Zeiten". Zuschüsse zur Kita und das Bild eines höhenverstellbaren Steh-Schreibtischs runden das Paket ab, wobei letzterer sicher nicht jeden beglückt.

Massage und 4-Tage-Woche

Beim Zahnarzt Mandau Dental aus Zittau kann sich die gesuchte Verstärkung neben Kommunikation auf Augenhöhe auf eine 4-Tage-Woche und Massage-Angebote freuen. "Eine unserer Mitarbeiterinnen hat sich zur Massage- und Wellness-Therapeutin weiterbilden lassen", erzählt Inhaberin Mandy Matauschek. Zweimal im Monat komme zudem ein Physiotherapeut in die Praxis, der neben einem zusätzlichen Massage-Angebot auch Sportstunden anbietet. Zusammen mit der 4-Tage-Woche komme das sehr gut an, sagt Matauschek. Die Praxis sucht aber weiterhin nach einem Zahnarzt.

Bei der Bäckerei Geißler in Ostritz wirbt man währenddessen auf Instagram mit der "süßesten Ausbildung überhaupt." Auszubildende bekommen dort neben 20 Prozent auf alles Backwerk auch die Fahrtkosten zur Ausbildung erstattet. Auch Geschäftsführer Robert Ritter glaubt, dass neben einer guten Work-Life-Balance vor allem die Wertschätzung im Betrieb gegenüber den Auszubildenden entscheidend ist. "Wenn wir die Leute nicht damit abholen, dass es Sinn stiftet, was sie machen, kommt keiner", sagt Ritter. Außer vielleicht, es gibt Gratis-Massagen.

Chance für Berufseinsteiger: Die SZ sucht Volontäre für Görlitz/Zittau

Übrigens: Auch die Sächsische Zeitung in Görlitz und Zittau hat wieder Platz für einen neuen Volontär. Business-Bikes und Massagen gibt es bei uns nicht, dafür das Versprechen, den wohl aufregendsten Beruf der Welt zu erlernen: den des Journalisten.

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