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Als Lehrerin in Sachsen gescheitert, nun neuer Anlauf in der Politik?

Die "Schul-Hölle"-Aussagen einer in Reichenbach entlassenen Seiteneinsteigerin zogen Kreise. Jetzt kommen immer mehr Details über die Frau ans Licht.

Von Constanze Junghanß
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Die Oberschule in Reichenbach beantwortet viele Fragen nach einem Bericht einer noch in der Probezeit entlassenen Quereinsteigerin.
Die Oberschule in Reichenbach beantwortet viele Fragen nach einem Bericht einer noch in der Probezeit entlassenen Quereinsteigerin. © Bild/SZ-Bildstelle

Heftige Vorwürfe hatte die 64-jährige Duisburgerin Marlies Barbara Lenz gegen die Reichenbacher Oberschule in der Bild-Zeitung erhoben. Damit beschäftigte sich der jüngste Stadtrat. Die Frau, die nach eigenen Angaben bis 2023 als Mitarbeiterin bei der Passagierabfertigung auf einem Flughafen im Westen der Republik arbeitete und Verschiedenes studiert hat, wollte zwei Jahre vor ihrer Rente beruflich in Sachsen neu durchstarten und Lehrerin werden.

Im November vergangenen Jahres fing die Seiteneinsteigerin an der Schule an, sollte eine Kleingruppe von vier Migrantenkindern aus der DAZ-Klasse die deutsche Sprache nahebringen. Nach vier Wochen wollte sie das nicht mehr. Nach Angaben der Schule habe es während ihrer Einstiegsfortbildung für Seiteneinsteiger in Löbau „zahlreiche Fehltage“ gegeben. Die Schule ermöglichte ihr danach unter anderem Hospitationen in Kunst und Deutsch. Allein unterrichtet hat Lenz in Reichenbach nicht.

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Das Landesschulamt beendete das Arbeitsverhältnis noch während der Probezeit. Brachte das den Stein ins Rollen? In der Boulevardzeitung wurde Marlies Barbara Lenz damit zitiert, sie sei von Schülern der DAZ-Klasse (DAZ=Deutsch als Zweitsprache) auf die Hände geschlagen worden, von Prügeleien der Schüler ist die Rede, von einer Horror-Schule, von einem Teppichmesser eines Schülers zur Selbstverteidigung und von Beschimpfungen.

„Angebliche tätliche Übergriffe sind nicht dokumentiert und werden von der Schulleitung bezweifelt“, sagte Martin Cichon, Leiter der Oberschule, im Stadtrat. Ein Teppichmesser habe ein Junge tatsächlich in der Federtasche gehabt. Das fragwürdige Utensil war dem Jungen von der Schule sofort nach Bekanntwerden weggenommen worden. Marlies Lenz teilte der Sächsischen Zeitung per Mail im Nachgang mit, dass das Teil „immerhin Bleistifte anspitzen“ könne. Die Polizei hat aufgrund des Bild-Berichts ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachtes der Körperverletzung zum Nachteil der Ex-Duisburgerin von Amts wegen eingeleitet.

Als Lehrerin in Sachsen nichts geworden - jetzt will Marlies Barbara Lenz Politikerin werden.
Als Lehrerin in Sachsen nichts geworden - jetzt will Marlies Barbara Lenz Politikerin werden. © Bild/SZ-Bildstelle

Die Aussagen der gekündigten Seiteneinsteigerin zogen Kreise. Schulleiter Cichon berichtete im Stadtrat von „besorgten Nachfragen, gehässigen Anfeindungen gegen unsere Schule in Internetkommentaren, Telefonaten und E-Mails“. Dabei sei es ausschließlich um angebliche Probleme mit den Migrantenkindern gegangen.

Das hatte auch die Stadt als Schulträger auf dem Schirm, wie nun deutlich wurde. Es gab die Befürchtung von rechten Ausschreitungen. Deshalb hatte die Stadt die Polizei um Hilfe gebeten, wie Bürgermeisterin Carina Dittrich auf Nachfrage sagt. Landrat und Rechtsaufsicht wurden gleichfalls durch Carina Dittrich informiert. „Landrat Stephan Meyer hat noch am selben Abend geantwortet und mitgeteilt, dass er den Anschuldigungen keinen Glauben schenkt“, so die Bürgermeisterin.

Auch die Einstellung der Seiteneinsteigerin an der Reichenbacher Schule durch das Landesschulamt (Lasub) hatte für Verwunderung gesorgt. Andere Schulen hatten die Duisburgerin zuvor abgelehnt, wie der Schulleiter bestätigt. Er sagte, dass „die übereilte Einstellung durch das Landesschulamt trotz zahlreicher Hinweise und der ablehnenden Haltung des örtlichen Personalrates falsch gewesen ist.“ Das Landesschulamt habe sich bei der Schule mittlerweile entschuldigt, sagte er.

Gegenüber der Sächsischen Zeitung sagt Petra Nikolov, stellvertretende Sprecherin des Lasub, es sei überaus bedauerlich und sehr ärgerlich, wie durch den Bericht in der Bild-Zeitung die sehr engagierte Arbeit der Lehrer, aber auch das Verhalten der Schüler an der Oberschule Reichenbach negativ dargestellt werde. „Diesem Vorwurf treten wir entschieden entgegen, da wir uns durch regelmäßige Schulbesuche vom Gegenteil überzeugen konnten“, teilt Petra Nikolov auf Nachfrage mit.

Die gekündigte Seiteneinsteigerin will derweil politisch in ihrer neuen Heimat aktiv werden, hat sich vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) als Kandidatin für den Kreistag aufstellen lassen. Nach SZ-Informationen bewarb sie sich auch als Direktkandidatin für die Landtagswahl im September – und das gleich in allen vier Wahlkreisen. Auf die BSW-Liste hat Lenz es da nicht geschafft. Schlagzeilen machte die aus Siebenbürgen (Rumänien) stammende Frau bereits in Duisburg. Da war sie 2021 als parteilose Kandidatin erfolglos für den Bundestag angetreten. Auf YouTube hat sie darüber und über andere Ereignisse ein Videotagebuch geführt. 364 Videos und Shorts sind da veröffentlicht. Auf einem anderen Kanal von Marlies Barbara Lenz sind unter anderem Clips von einem Hungerstreik 2021 zu sehen.