Görlitz
Merken

Das jüngste Taxi-Unternehmen im Kreis Görlitz führt eine 35-Jährige

Sonja Thies aus Sohland hat sich in einer von Männern dominierten Branche selbstständig gemacht. Kunden trägt sie auch mal den Einkauf.

Von Constanze Junghanß
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Taxifahrerin

Sonja Thies aus Sohland hat sich in einer von Männern dominierten Branche selbstständig gemacht.
Taxifahrerin Sonja Thies aus Sohland hat sich in einer von Männern dominierten Branche selbstständig gemacht. © Constanze Junghanß

Ihre Kundschaft hat Sonja Thies bisher noch nicht porträtiert. Das hat zwei Gründe. Die wenigstens dürften über das Maltalent der Taxifahrerin Bescheid wissen. Das hängt die 35-Jährige nicht an die große Glocke. Ihre Zeichnungen erinnern an gestochen scharfe Fotografien, so detailgenau setzt sie den Stift beim Malen an. Eine Freizeitbeschäftigung, ein Hobby, das ihr große Freude bereitet und im Freundeskreis auch schon Abnehmer fand.

Noch ist das Bild von ihren Hunden nicht vollendet: So schön malt die junge Taxiunternehmerin.
Noch ist das Bild von ihren Hunden nicht vollendet: So schön malt die junge Taxiunternehmerin. © Constanze Junghanß

Zweiter Grund: Unternehmerin mit eigenem Fahrzeug ist die Sohländerin noch nicht lange. Anfang Oktober startete Sonja Thies in die Selbstständigkeit. Als Taxifahrerin ist die Mutter eines erwachsenen Sohnes für Görlitz und das Umland nun mit dem VW Caddy, einem Siebensitzer, unterwegs. Damit erfüllt sie sich einen Traum, wie sie sagt. Sie fährt gern Auto. Einer der ausschlaggebenden Punkte für die Gründung von TT Taxi Thies. Und die Unabhängigkeit sei ihr gleichfalls wichtig. „Ich treffe gern eigenständige Entscheidungen, das Unternehmerische liegt mir“, erzählt die gebürtige Boxbergerin.


2019 zog die künstlerisch veranlagte Taxifahrerin von Görlitz aufs Dorf, sanierte mit ihrem Lebensgefährten ein altes Haus, Baujahr 1860, sie restaurierten die Holzbalkendecke, brachten das Fachwerk-Obergeschoss auf Vordermann und steckten viel Mühe in ihr kleines Paradies. Da lebt die Familie mit großem Kind, zwei Hunden und vier Katzen, fühlt sich auf dem Land sehr wohl, genießt die Freiheiten des Dorflebens.

Seit dem Start in die Selbstständigkeit hat Sonja Thies schon viele Kunden transportiert. Manche kennen sie auch noch als angestellte Taxifahrerin in Görlitz, wo sie bisher tätig war. Ihr ehemaliger Arbeitgeber habe sich verkleinert und auch das sei mit in die Entscheidung geflossen, den Spruch „selbst ist die Frau“ in die Tat umzusetzen. Die einzige Frau in ihrer Branche im Kreisgebiet ist Sonja Thies nicht, „wenngleich Frauen im Taxigeschäft in der Minderheit sind“, so ihre Erfahrung, die sich mit der Erfahrung der Görlitzer Taxi-Innung deckt.

Im vergangenen Jahr legte das Bundesministerium für Digitales und Verkehr allgemeine Zahlen vor. So gab es deutschlandweit im Jahr 2020 noch 32.256 Taxi-Unternehmen, was einem Rückgang von acht Prozent gegenüber der letzten Erhebung aus dem Jahr 2016 ergibt. Sachsen verzeichnete einen Rückgang um 10,6 Prozent. Die Statistik weist nicht aus, wie viele Frauen Taxiunternehmen betreiben. Der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. sieht im ländlichen Raum ein Taxisterben, in Großstädten wie Berlin einen Zuwachs an Fahrzeugen, wie aus einer Veröffentlichung hervorgeht. Das trifft auf die Region so nicht zu. Im Kreisgebiet Görlitz sind der Taxi-Innung aus der jüngeren Vergangenheit keine Betriebsschließungen bekannt. Nur ein Unternehmer habe aufgehört, da er in Rente ging, heißt es auf Nachfrage. Der Görlitzer Innung sind aktuell 13 Taxiunternehmen angeschlossen. Sonja Thies gehört als jüngstes Unternehmern nun mit dazu.

Auf Vorbestellung fährt sie auch nachts

Sie freut sich auf die bevorstehenden Aufgaben, bietet Stadt- und Auswärtsfahrten, den Transfer zum Flughafen, Kranken- und Kurierfahrten an. Und natürlich die Personenbeförderung. Sechs Passagiere können in ihren VW einsteigen. Auch am Wochenende und da sogar nachts. Auf Vorbestellung, „zum Beispiel, wenn Kunden von Partys oder Feierlichkeiten abgeholt werden möchten.“ Sorge vor unschönen Begegnungen hat sie da nicht. Nur einmal habe es in der Vergangenheit ein Erlebnis mit einem Gast gegeben, der betrunken und gewaltbereit gewesen sei. „Den habe ich einfach stehengelassen“, sagt die junge Frau resolut. Ins Auto kam der Betrunkene gar nicht erst rein.

Ein besonders schönes Erlebnis vergisst Sonja Thies aber auch nicht: die Fahrt einer Braut in wunderschönem, sehr üppigen Kleid und ihres Bräutigams zu deren Hochzeit. So oder so seien die Kunden im Kreisgebiet bisher immer nett und freundlich gewesen. Das ist die Solounternehmerin auch. Bei Senioren, die sie zum Einkaufen fährt, hilft sie auf Wunsch beim Einkauf, trägt die Tasche „selbstverständlich“. Gerade von den Älteren sind nicht alle mehr mobil, brauchen Hilfe, um zum Arzt oder zu Behörden zu gelangen. Dann ist Sonja Thies mit ihrem Taxi zur Stelle. Ihre weiteste Taxi-Fahrt führte sie an die Ostsee. Die ganz großen Fahrten seien jedoch eher selten.