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Kreis Görlitz: Sparkasse mit Rekordgewinn zum Abschied

Vorstandschef Michael Bräuer verlässt das Institut Mitte des Jahres. Zuvor fährt die Sparkasse den höchsten Gewinn seit 2005 ein. Das liegt auch an den höheren Zinsen.

Von Sebastian Beutler
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Auch das gehört zum Job als Vorstand der Sparkasse: Michael Bräuer beim Baumpflanzen im Königshainer Forst.
Auch das gehört zum Job als Vorstand der Sparkasse: Michael Bräuer beim Baumpflanzen im Königshainer Forst. © Martin Schneider

Mit einer Bilderbuchbilanz für 2023 verabschiedet sich Michael Bräuer von der Spitze der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien. Vor wenigen Tagen hatte das Kreditinstitut angekündigt, dass Bräuer im Sommer zur Frankfurter Bankgesellschaft wechseln wird. Die Bank in Frankfurt/Main verwaltet das Vermögen besonders reicher Kunden der Sparkasse. Jetzt legte die größte Bank im Landkreis Görlitz ihre Bilanz vor. Und sie enthält einen Paukenschlag.

Jeder zehnte Kunde der Sparkasse kommt aus Polen und Tschechien

So erzielte die Sparkasse im vergangenen Jahr einen Überschuss von 5,1 Millionen Euro, zwei Millionen mehr als im Jahr zuvor. Tatsächlich hat die Sparkasse nie besser verdient, seit sie 2005 durch die Fusion der Sparkassen in Löbau-Zittau und Görlitz-Niesky-Weißwasser entstand. Der Vorstand der Sparkasse sieht das als Folge des "großen Vertrauens der Kunden" an. Die Sparkasse zählt nach eigenen Angaben 189.000 Privatkunden und 12.000 gewerbliche Kunden wie Unternehmen oder Verwaltungen. Mittlerweile haben auch 26.000 polnische und tschechische Kunden ein Konto bei der Sparkasse. Mehr als jeder zehnte Kunde der Sparkasse kommt damit aus einem der angrenzenden Nachbarländer.

Dass die Kunden bei der Sparkasse bleiben, ist das eine. Doch es kamen noch mehr Faktoren zusammen, die zu dem Erfolg der Sparkasse beitrugen. So endete die Niedrigzinsphase, schneller und sprunghafter als zunächst gedacht. Um die Inflation zu bekämpfen, erhöhte die Zentralbank seit September 2022 zehnmal die Zinsen - so schnell wie nie zuvor. "Dadurch konnte die Sparkasse ihren Anlegern erstmalig wieder nennenswerte Zinssätze für ihr Erspartes zahlen", erklärt Vorstand Michael Bräuer. Doch auch die Sparkasse profitierte selbst davon durch höhere Erträge aus Krediten und der Wertpapieranlage von eigenen Geldern.

So wenige Kredite wie zuletzt 2017 vergeben

So stieg der Kreditbestand auf 1,36 Milliarden Euro und damit um 2,9 Prozent. So viele Kredite standen bei der Sparkasse noch nie in den Büchern. Doch angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten ging die Kreditzusage im vergangenen Jahr doch deutlich zurück. Und zwar um knapp 40 Prozent. Neu zugesagt wurden Kredite in Höhe von 215 Millionen Euro. Weniger wurden zuletzt 2017 mit 189 Millionen Euro an Kunden ausgereicht.

Damit steht die Sparkasse im Kreis Görlitz nicht allein im Land. Die Ostdeutsche Sparkassengruppen, die die Ergebnisse ihrer 43 Mitgliedsbanken zusammenfasst, sprach Ende des vergangenen Jahres von einem spürbaren Rückgang der Kreditvergabe und bezifferte sie bis Ende November 2023 für alle ihre Sparkassen auf mehr als 30 Prozent. So wenige Kredite wie im vergangenen Jahr vergaben die Sparkassen zuletzt 2015.

Neubau von Wohnungen ging drastisch zurück

Nicht nur Unternehmer und Selbstständige hielten sich mit Krediten angesichts der unsicheren wirtschaftlichen Aussichten in Rezessionszeiten zurück, auch die Immobilienbesitzer mussten ihre Vorhaben häufig neu durchrechnen. Hier kamen gleich verschiedene Dinge zusammen: höhere Baukosten, hohe Energiekosten, höhere Zinsen und auch bei den Käufern und Mietern eine auffällige Zurückhaltung. So brach der Neubau von Wohnungen im Landkreis Görlitz nach Einschätzung der Sparkasse ein, dafür wurden bestehende Gebäude weiterhin saniert. Zwar wuchs der Bestand an Wohnungsbaukrediten bei der Sparkasse nochmals um 26 Millionen Euro, doch ging die Nachfrage insgesamt zurück.

Die Sparkassen-Kunden sind zwar noch immer sehr vorsichtig bei der Geldanlage. 3,8 Milliarden Euro halten die Kunden bei der Sparkasse, ein Prozent mehr als 2022. In Wertpapieren legten sie 704 Millionen Euro an. Das sind immerhin 29 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor, doch die meisten halten weiterhin viel Geld auf dem Konto oder auf dem Sparbuch, wo es nichts bringt.

Sparkasse größter Förderer von Vereinen im Kreis

Von dem guten Ergebnis der Sparkasse profitierten auch Vereine und Institutionen wieder. Mit 1,66 Millionen Euro förderte die Sparkasse ihre Vorhaben, die Stiftung der Sparkasse unterstützte weitere 37 Projekte mit 195.500 Euro, außerdem stockte die Sparkasse den Kapitalstock ihrer eigenen Stiftung um eine Million Euro auf. Zuletzt übergab die Stiftung Schecks für die Sanierung von Glockenstühlen in Niesky und Reichenbach. Hier saß die Ostdeutsche Sparkassenstiftung als Partner im Boot. Zwar sagen beide nicht, wie hoch jeweils ihre Fördersummen im Einzelfall sind. Für 2023 bilanzierte die Ostdeutsche Sparkassenstiftung rund 5,5 Millionen Euro für 94 Projekte in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Und die Sparkasse Oberlausitz/Niederschlesien bleibt ein großer Arbeitgeber. 434 Mitarbeiter zählte das Institut am Ende vergangenen Jahres, vier weniger als zwölf Monate zuvor. Aber hinter diesen Zahlen steckt viel Bewegung: So schloss die Sparkasse 24 neue Arbeitsverträge ab, sechs neue Auszubildende und Studenten kamen hinzu. Trotzdem rechnet die Sparkasse damit, dass sich in den nächsten Jahren die Belegschaft "durch vermehrte Eintritte in den Ruhestand" reduzieren wird.

Sie versucht sich, durch eine effizientere Arbeit schon heute darauf vorzubereiten. Dabei hilft, dass mittlerweile 63 Prozent der Kunden ihre täglichen Bankgeschäfte online abwickeln. So können sich 212 Mitarbeiter auf die Beratung konzentrieren. Und überraschenderweise bündelt die Sparkasse ihre Verwaltungsmitarbeiter künftig in Görlitz. Überraschend deswegen, weil der Sitz der Sparkasse Zittau ist.