Görlitz
Merken

Lehrermangel an Oberschulen im Kreis Görlitz: Die Suche nach dem Königsweg

Zu wenige Studenten bewerben sich auf offene Lehrerstellen im Kreis Görlitz. Dagegen gibt es viele Initiativen. Doch auch Kultusminister Christian Piwarz ist sich unsicher, was am Ende Erfolg hat.

Von Sebastian Beutler
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
An den Oberschulen im Kreis Görlitz herrscht erheblicher Unterrichtsausfall.
An den Oberschulen im Kreis Görlitz herrscht erheblicher Unterrichtsausfall. © Symbolfoto: Dietmar Thomas

Als Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) jüngst in Niesky war, sprach ihn eine Lehrerin an und erzählte, wie es sie einst in die Kleinstadt verschlagen hatte. "Nach meinem Studium wurde ich Mitte der 1980er Jahre von Leipzig nach Niesky delegiert", gab Piwarz die Worte der Pädagogin wider. "Und sehen Sie, ich bin heute noch da".

Manch erfahrene Berufskollegen glauben, dass das auch heute noch ein oder sogar der Weg sei, um wieder verstärkt Lehrer in die Oberlausitz zu bekommen. Kreiselternrats-Vorsitzender Roland Lindecke aus Neugersdorf sprach am Mittwoch in Görlitz bei einer Diskussionsrunde von Wirtschafts- und Schulvertretern mit Piwarz von der Lenkungsaufgabe des Ministeriums. Eingeladen dazu hatten die Kreishandwerkerschaft und die Wirtschaftsvereinigung MIT.

Nur wenige Bewerber für offene Lehrerstellen im Kreis Görlitz

Doch die Zeiten sind eben andere geworden. Zwar stellt Sachsen alle sechs Monate Lehrer ein, zuletzt waren es 620 neue Lehrkräfte zu Beginn des zweiten Halbjahrs im Februar. Doch für offene Stellen an Schulen im Kreis Görlitz gibt es nur wenige Bewerber, die Hälfte der Nachwuchskräfte entscheidet sich für Stellen in den Großstädten Leipzig und Dresden. Trotzdem gebe man nicht auf, sagt Piwarz. Auf Lehrermessen in Leipzig würde massiv für die Oberlausitz geworben, er finde es auch gut, wenn Bürgermeister und Landräte direkt bei Lehramtsstudenten für Stellen werben.

Hinzu treten regionale Initiativen. Piwarz lobte beispielsweise das Modellprojekt von Oberschulen im Kreis Görlitz, gemeinsam mit der TU Dresden junge Lehramtsstudenten bereits während ihres Studiums als Hilfskräfte einzusetzen. Das Modellprojekt wird jetzt an Schulen in Zittau und Weißwasser getestet. Bei einem Erfolg könnte es auch auf weitere Oberschulen ausgedehnt werden. Die Hoffnung des Kreiselternrates: Wenn die Studenten frühzeitig Erfahrungen im Kreis Görlitz sammeln, dann entscheiden sie sich nach dem Studium vielleicht auch öfter für einen Berufsbeginn an der Neiße.

Allerdings warnte Piwarz auch vor zu großen Erwartungen. Er habe die Sorge, dass sich nicht genug Lehramtsstudenten von der TU Dresden für alle Oberschulen im Kreis Görlitz beteiligen werden. Ein Versuch ist es aber alle mal wert.

Erheblicher Unterrichtsausfall an Oberschulen im Kreis Görlitz

Denn Piwarz bestätigt, dass sich junge ausgebildete Lehrer zu selten auf Stellen an Oberschulen im Kreis Görlitz bewerben. Dort gibt es deswegen gegenwärtig auch die größten Probleme, den Unterricht abzudecken. Nach Angaben des Kreiselternrates würden 20 Prozent der Stunden ausfallen, das Landesamt für Schule und Bildung in Sachsen gab die Zahl im Februar mit rund elf Prozent an Oberschulen und mit rund 14 Prozent an Förderschulen im Kreis Görlitz an. Sachsenweit fehlen in diesem Schuljahr rund 1.000 Lehrer. Immerhin entscheiden sich derzeit rund 90 Prozent der Bewerber für eine Stelle an einer sächsischen Schule. Piwarz führt das auch auf die Einführung des Beamtenstatus 2019 zurück, wodurch eine Anstellung in Sachsen attraktiver wurde. Zuvor nahmen nur rund 60 Prozent der Bewerber ein Angebot Sachsens an.

  • Hier können Sie sich für unseren kostenlosen Görlitz-Niesky-Newsletter anmelden.

Zwar soll es ab Herbst 2025 möglich werden, in Kooperation mit der Uni Leipzig an der Hochschule in Görlitz Lehramt für Ober- und Förderschulen zu studieren. Auch richtet der Freistaat eine Ausbildungsstätte für Referendare für Ober- und Förderschulen in Löbau ein. Doch eine schnelle Lösung ist beides nicht.

Entspannen rückläufige Geburtenzahlen die Lage mittelfristig?

Am Ende, so deutete Piwarz an, können verschiedene Trends die Lage mittelfristig entspannen: Es werden mehr Lehrer ausgebildet und eingestellt - und es gibt weniger Schüler. Nach Angaben des Ministers deutet sich das bereits in einigen Gegenden Sachsens im frühkindlichen Bereich an. "Die Geburtenzahlen sind so dramatisch niedrig wie Mitte der 1990er Jahre", sagte der Minister. Doch ist das regional eben sehr unterschiedlich. Im Kreis Görlitz braucht es momentan einfach mehr Lehrer.