Wenn Martin Friedrich zu seinem selbst geschaffenen östlichsten Punkt an der Neiße unterwegs ist, sitzt er fast immer auf dem Fahrrad. "Mit dem Auto kommst du nicht mehr durch", sagt der Zentendorfer.
Dieser Tage hatte der 81-Jährige einen Zollstock und eine Messlatte dabei. "Komm, ich zeige dir das mal. Lass dein Auto aber vorher stehen", sagte er dem SZ-Reporter. So ging es zu Fuß über den Feldweg entlang der Neiße zu dem östlichsten Punkt Deutschlands. Aller paar Meter blieb Martin Friedrich stehen, entfaltete den Zollstock und ging mit ihm in die Knie. Zwischen 20 und 30 Zentimeter tief sind die Reifenspuren auf dem Feldweg. Teilweise liegen in den Fahrspuren schon Bretter, damit es nicht noch tiefer geht.
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Mit dem Fahrrad ein Abenteuer
"Da bekommt sogar ein Jeep Probleme, wenn es auch noch regnet und der Boden schlammig ist", sagt der Vater des östlichsten Punktes. "Selbst die Bundespolizei hat sich auf ihren Streifen hier schon mehrmals festgefahren und wir mussten sie mit dem Traktor herausziehen." Aber auch für Radfahrer ist dieser ausgefahrene Weg gefährlich. Sie kommen von Deschka unter der Bahnbrücke durch zu dem touristischen Punkt und wollen dann durch Zentendorf wieder auf den Oder-Neiße-Radweg. Bis Zentendorf wird die Radfahrt für sie zum Abenteuer.
Martin Friedrich schüttelt den Kopf. Einerseits will die Gemeinde Neißeaue den östlichsten Punkt touristisch vermarkten, andererseits fehlt es an Geld und Willen für einen ordentlichen Weg dorthin. Bisher hörte Friedrich immer: kein Geld und ungeklärte Eigentumsverhältnisse. "Aber darüber lässt sich reden und ein Einverständnis einholen", ist der Senior überzeugt. Eigentlich, so erzählt er, wollte er den östlichsten Punkt zu seinem 80. Geburtstag "wegmachen". Nun ist er 81 und seine Bauten stehen immer noch. Nächstes Jahr werden es 30 Jahre östlichster Punkt.
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Viel geplant, nichts geworden
Martin Friedrich fühlt sich alleingelassen von der Kommune, trotz mancher Versprechungen, die aber nie eingelöst wurden. Ein Stück des Weges sollte vor zehn Jahren sogar mal asphaltiert werden, erinnert sich Friedrich. Über die Planung und Weggestaltung wurde bereits 2004 und 2011 im Gemeinderat diskutiert, aber nichts davon umgesetzt. Bürgermeister Per Wiesner setzt auf den im vergangenen Jahr beschlossenen Gemeindeentwicklungsplan. Der östlichste Punkt ist beim Tourismus mit aufgenommen - mit einer naturnahen Weggestaltung und einer Ausschilderung als Alternative zum Oder-Neiße-Radweg. Zuständig sind Gemeinde und Privatpersonen. "Der Entwicklungsplan gibt uns die Möglichkeit, Fördermittel für die Umsetzung zu beantragen", sagt der Bürgermeister.
Mit einem Findling aus Lausitzer Granit und einer Blechtafel darauf markierte im Oktober 1994 Martin Friedrich den östlichsten Punkt von Deutschland zwischen Zentendorf und Deschka. Später kamen noch eine Sitzgelegenheit, eine Schutzhütte sowie ein Aufsteller samt Zipfelbuch dazu. "Inzwischen liegt das 14. Zipfelbuch zum Einschreiben aus. Die Seiten werden von Jahr zu Jahr schneller voll", sagt der Zentendorfer. Ein gutes Zeichen dafür, dass die Zahl der Touristen steigt, die hier Rast machen.